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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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verlorenen Kampf gegen eine brutale Bande erbarmungsloser Emotionen. »Nein, nie mehr! Nicht mehr, nachdem … Hexi!«
    Es wäre eine perfekte B-Movie-Szene gewesen, wenn jetzt eine rauschende, sich überstürzende Akkordfolge erklungen wäre. Sie erklang nicht.
    »Hexi?« stotterte Hogshead ungläubig und aufs höchste verwirrt. Es war totenstill.
    »Dieses verdammte Kaninchen … Ich bin nur mit knapper Not davongekommen!« Intranco schluchzte jämmerlich. Plötzlich hörte er zu weinen auf. »Bist du deswegen hier? Hat er dich geschickt?« Die Klammer um Hogsheads Hals wurde enger.
    »Was? Nein! Wer? Loslassen!« krächzte er.
    »Kommst du von Strappado?«
    »Von wem?« Hogshead schluckte verstört.
    »Ich wußte, daß ich mich nicht ein Leben lang verstecken kann«, stotterte Der Große Mützenträger. Er zitterte vor Angst und lockerte den Griff um Hogsheads Hals. »Ich habe immer gewußt, daß er mich früher oder später kriegt. Also gut: Mach schnell! Ist dein Schwert auch scharf? Laß mich nicht mehr länger leiden. Bitte!«
    Hogshead kratzte sich den Kopf. Er war heillos verwirrt.
    »Ich hab genug gelitten in all den Jahren, die hinter mir liegen.« Der Schatten fiel auf die Knie, er flehte und bettelte: »Immer habe ich in der Furcht gelebt, daß jeder Kunde mein letzter Kunde sein könnte; daß diese harmlose Geburtstagsparty möglicherweise eine Falle war. Seit Monaten fürchte ich mich vor diesem Augenblick, vor der Stunde der Rache. Und dann diese Alpträume! Nacht für Nacht sehe ich es vor mir, immer und immer wieder: Ich sehe mich lachen, scheußlich lachen, als das Geburtstagskind seinen kleinen Liebling im Schrein des Schreckens festschnallt – ermuntert von den Partygästen, von denen keiner daran glaubt, daß das arme Tier vor ihren Augen in Stücke gehackt werden und diese Prozedur unbeschadet überstehen kann. Und dann dieses sadistische Lachen … Es gehört dazu, ist unverzichtbarer Bestandteil der Show. Warum hab ich den Schnappverschluß nicht kontrolliert? Es hätte alles ganz anders sein können. Warum ausgerechnet an diesem Abend? Warum mußte mir ausgerechnet das niedliche Kuschelhäschen von Strappados Nichte unter das Beil geraten?«
    Hogshead zuckte die Achseln. Was bei den schlechten Lichtverhältnissen nicht weiter auffiel.
    »Es war nicht meine Schuld«, jammerte Der Große Intranco, der jetzt kurz vor einem hysterischen Anfall stand. »Es war der Falltürauslöser. Wenn sich dieses blöde Karnickel nicht den Schwanz in der Auslösevorrichtung eingeklemmt hätte, wäre es nie unter das Beil … Das ganze Blut! Die Därme! Das Geschrei!«
    Und damit brach Der Große Intranco zusammen und schluchzte erbärmlich.
    »Ich denk, du gehst jetzt besser«, knurrte Ygor drohend.
    »Und was ist mit meiner Magie?« quengelte Hogshead.
    »Das, was du willst, gibt’s hier nicht«, behauptete Ygor, packte Hogshead am Arm und beförderte ihn zur Tür.
    Der Vormals Große Intranco schluchzte zum Steinerweichen. »Er hätte der Beste sein können«, knurrte Ygor. »Aber die Nummer mit dem Schrein des Schreckens wird er nie mehr vorführen. Aber von diesem Ausrutscher mal abgesehen – er hätte der Star werden können. War alles schon geplant, nächste Woche wär’s soweit gewesen. Nur eine Woche noch, und er hätte Geschichte gemacht. Drüben in Cranachan: Er hätte diesen Turm verschwinden lassen, diesen Lüginsland. Hätte keiner sonst geschafft!«
    »Ja gut. Ist ja bestimmt alles sehr traurig. Aber was ist mit mir? Wo soll ich jetzt echte Magie herkriegen?« jammerte Hogshead, als er durch die mottenzerfressene Pforte hinausgeworfen wurde.
    »Du kannst ihn dir ja heut abend im Silbernen Spucknapf ansehn«, meinte Ygor entgegenkommend. »Völlig neues Programm! Sind ein paar ganz phantastische Verwandlungsnummern dabei …«
    Hogshead trottete deprimiert und seiner Illusionen beraubt davon. Die vielen anderen Messestände würdigte er kaum eines Blicks.
     
    Tief drunten in den labyrinthischen Gängen von Losa Llamas öffnete sich knarrend eine mächtige Eichentür. Ernstl, der das Amt des Wachmanns wie das des Dienstmanns in Personalunion ausübte, zog einen großen Wagen hinter sich her, der mit allerlei merkwürdigen, hochinteressanten Päckchen und Paketen beladen war.
    »Bin wieder da«, grunzte er. Der Schweiß lief ihm in Strömen über die Stirn.
    Apathos, der über einem Haufen thaumatronischer Gerätschaften saß, sprang auf wie eine Meerkatze, die eine Hyäne entdeckt hat. Er

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