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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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seinem Fürsten offen ins Gesicht. »Ich danke dir für diese große Ehre, verehrter Abdul. Darf ich dennoch eine Bitte äußern?«
    »Sprich frei heraus!«, forderte ihn der Warlord freundlich auf.
    »Wirst du die Güte haben, Oberst Jamal selbst von dieser Entscheidung zu unterrichten? Ich kann mir vorstellen, dass sie ihm nicht gefallen wird.«
    Abdul Kalakani lachte leise. »Du drückst dich diplomatisch aus. Aber du hast recht.« Er nickte. »Ich werde es ihm persönlich mitteilen.«
    »Danke«, gab Hashmat zurück und wollte aufstehen.
    »Nein, bleib noch sitzen!«, befahl der Warlord. »Ich habe gleich einen Auftrag für dich: Du wirst in den nächsten Wochen sehr genau beobachten, welche Maßnahmen Jamal trifft, um unsere Ablenkungsmanöver in den Bergen zu organisieren. Ich erwarte von dir einen täglichen Bericht über alles, was er dort macht. Schau ganz genau hin! Ich werde das Gefühl nicht los, dass Jamal uns noch Schwierigkeiten machen wird. Hast du verstanden?«
    »Ja, verehrter Abdul. Du kannst dich auf mich verlassen.«
    »Ich weiß«, sagte der Warlord knapp.
    Sayed sah seinen Vater an und fragte: »Was meinst du damit, dass Jamal uns Schwierigkeiten machen könnte?«
    »Nun, er ist nicht der Klügste, aber von Ehrgeiz zerfressen. Lebt stur in einer vergangenen Welt – ein ewiger Mudschaheddin. Wir müssen aufpassen, dass er keine Fehler macht. Die Besatzungstruppen müssen dauerhaft vom Dorf, von unserer Fabrik abgelenkt werden.«
    »Ja«, schaltete sich Hashmat ein, »genau darüber sollten wir noch einmal sprechen. Sayed und ich haben da eine Idee, die wir gern vortragen würden.«
    »Sprich!«
    »Wir müssen damit rechnen, dass in Kürze nicht mehr die harmlosen Deutschen allein ihre Patrouillenfahrten durchführen. Sie werden das gemeinsam mit den Amerikanern tun. Ich fürchte, wir müssen uns sogar darauf einstellen, dass es spezielle Patrouillen nur durch Amerikaner geben wird. Eine ungleich größere Gefahr für uns!«
    Kalakani nickte nachdenklich.
    »Es könnte passieren, dass sie trotz unserer Angriffe aus den Bergen der Fabrik zu nahe kommen.« Hashmat blickte Sayed fragend an. Der nickte ihm zu, und der Bodyguard fuhr fort: »Während meiner Ausbildung in England habe ich gelernt, dass man immer auch noch einen Plan haben muss für den Fall, dass etwas schief geht, dass alles anders kommt als vorausgedacht.«
    Der Fürst betrachtete wohlwollend die eifrigen Mienen der beiden jungen Männer. Bei aller Sorge, die er um die Ernte und um die Fabrik, um den Erfolg seiner Geschäfte hatte, empfand er große Freude über sie. Um den Fortbestand des Einflusses, der Macht und des Reichtums seiner Familie brauchte er sich offenbar keine Sorgen zu machen. Mit diesem loyalen Berater an seiner Seite würde sein kluger Sohn Sayed ein würdiger Nachfolger für ihn sein, wenn es einmal so weit wäre.
    Gespannt fragte er: »Was habt ihr euch denn überlegt?«
    Sayed ergriff das Wort. »Wenn der schlimmste aller Fälle eintreten würde, also wenn die Patrouillen der Ungläubigen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auf die Fabrik aufmerksam würden, dann könnten wir nur noch zusehen, wie sie alles zerstören und die Ernte vernichten!«, rief er wütend aus.
    »Da hast du recht, mein Sohn. Aber komm zur Sache!«
    Hashmat sagte: »Wir brauchen Geiseln, verehrter Abdul.«
    »Geiseln? Was meinst du?«
    »Sie werden an Jalani-Kalay jegliches Interesse verlieren, wenn wir ein paar von ihren Leuten als Geiseln nehmen … «
    »Nicht wir, Hashmat«, unterbrach Sayed, »du meinst natürlich die ,Taliban’.«
    »Genau. Sie müssen glauben, dass Taliban ihre Soldaten einkassiert haben. Und die werden damit drohen, die Geiseln zu töten, die sie in ihrer Gewalt haben … «
    Kalakani schaute überrascht zu seinem Sohn hinüber.
    »Es wird also«, sagte der triumphierend, »einen Überfall auf eine ihrer Patrouillen geben. Bloß diesmal wird kein Selbstmordattentat stattfinden, sondern ein paar ihrer Soldaten werden als Geiseln genommen und verschleppt. Und die sind dann unser Druckmittel, um Zeit zu gewinnen. Wir können Lösegeldforderungen stellen. Wir können das Ganze so lange hinziehen, bis wir unsere Ernte verarbeitet haben … «
    » … und während die Besatzer sich mit allen Kräften um die Lösung dieses Problems bemühen, gehetzt von der Presse in ihren Heimatländern, hätten sie gar keine Zeit, sich um etwas anderes zu kümmern«, ergänzte Hashmat.
    Mit offener Bewunderung blickte der Warlord auf die

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