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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. Dieter Neumann
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Nachtsichtgeräte werden sie ja wohl nicht haben, sprach er sich Mut zu.
    Langsam ließ er seine Augen einmal achtern um die Yacht herumgehen. Nach vorn konnte er nur durch die Plastikscheibe der Sprayhood schauen. Einfach zu riskant, sich mit dem Oberkörper über das Süll hinauszulehnen, um an der breiten Sprayhood vorbei einen besseren Blick zu haben.
    Die Bucht lag in tiefer Dunkelheit, nichts rührte sich.
    Er versuchte, den Strand der Ziegeninsel auszumachen, auf der die Zikaden ihr nächtliches Lied sangen, sah aber nur Finsternis. Nicht einmal die Konturen der Bäume hoben sich gegen den Himmel ab.
    Wenn es Pistolenschüsse waren, die sie auf die Akgül abgefeuert hatten – und genau danach hatte es sich angehört –, dann konnten sie nicht weit entfernt sein! Für treffsichere Pistolenschüsse lag das kleine Eiland aber eigentlich zu weit entfernt. Andererseits konnte genau das der Grund für die scheinbar wahllosen Einschläge der Projektile auf der Akgül sein.
    Aber waren die Treffer denn wirklich wahllos? Wenn sie ihn mit ihrem Beschuss an Deck hatten locken wollen, hatten sie genau dies ja geschafft.
    Bedrohliche Geräuschlosigkeit.
    Sein Unbehagen wurde immer stärker. Sie mussten ganz in der Nähe sein!
    Die Angst hatte sich, den Pillen zum Trotz, nun auch eiskalt in seinem Bauch ausgebreitet. Er starrte in die Nacht hinaus, versuchte, die Umrisse des Motorseglers auszumachen.
    Vergeblich. Der Himmel war inzwischen vollständig mit Wolken bedeckt, so dass der Mond keine Chance hatte, ein bisschen Licht auf das Wasser zu werfen. Irgendetwas stimmte nicht, stimmte ganz und gar nicht, das fühlte er deutlich.
    Vielleicht war der stählerne Zweimaster gar nicht mehr da?
    Das konnte nicht sein – er hätte doch hören müssen, wenn das große Schiff den Anker lichtete und den Motor startete.
    Also lag es wahrscheinlich noch dort vor Anker, wo er es zuletzt gesehen hatte. Aber mit gelöschten Lichtern.
    Ein schlimmer Verdacht stieg in ihm auf: Nicht der Engländer hatte sein Schiff verdunkelt, sondern die Killer!
    Sie waren drüben auf dem Motorsegler!
    Johannes’ Gedanken überschlugen sich: Der Skipper hatte sie vielleicht sogar an Bord gelassen, gehörte zu ihnen, war ihr Komplize …
    Unsinn – der Mann hatte ihm vorhin mit seiner Signalpistole das Leben gerettet!
    Dann aber … Der eiskalte Ring um seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Es war allzu offensichtlich: Die Killer hatten den Engländer bereits überwältigt!
    Johannes schauderte bei der Vorstellung, was ihm geschehen sein mochte. So, wie er den Mann einschätzte, hatte der sein Schiff den Eindringlingen sicher nicht freiwillig überlassen.
    Rasch zog er seinen Kopf zurück und duckte sich vollständig unter die Sprayhood.
    Er war nun sicher, dass sie drüben auf dem Zweimaster waren. Es gab nur diese Erklärung. Und von dort hatten sie auch geschossen.
    Aber warum erst die wilde Schießerei und nun diese Ruhe?
    Die Antwort war so klar wie simpel: Auch sie konnten nichts mehr sehen! Es war zu dunkel geworden unter den aufgezogenen Wolken, um irgendein Ziel auffassen zu können.
    Er überlegte, was ihnen an Möglichkeiten blieb.
    Sie könnten versuchen, mit einem Beiboot zu ihm herüberzufahren und die Akgül zu entern. Sehen konnten sie die Yacht zwar nicht, aber sie brauchten bloß in die richtige Richtung zu fahren, dann konnten sie ihr Ziel kaum verfehlen.
    Je länger Johannes darüber nachdachte, desto sicherer wurde er sich: Genau das würden sie versuchen! Ein, zwei Stunden abwarten, bis sie davon ausgehen konnten, dass seine Aufmerksamkeit nachgelassen hätte, dann leise mit einem kleinen Boot herüberrudern und ihn überfallen.
    Er hatte keine Chance gegen sie, wenn sie erst einmal nah genug an die Yacht herangekommen waren, das wusste er.
    »In welchem Film bin ich hier eigentlich gelandet?«, murmelte er leise und schüttelte unwillig den Kopf.
    Kein Film, mein Freund. Blutiger Ernst. Alles ganz genau geplant und kaltblütig ausgeführt … Er zuckte zusammen.
    Das hieße aber doch … Konnte das wahr sein?
    Ein ungeheuerlicher Verdacht: Hatte dies alles etwas zu tun mit dem, was vor einem halben Jahr in Afghanistan geschehen war? Mit der Höhle am Hindukusch? Mit der Stunde, die sein Leben für immer verändert hatte?
    Verfolgten sie ihn deswegen – bis hierher?
    Verzweifelt presste er die Handflächen vor sein Gesicht und rieb sich mit den Fingerspitzen die Stirn.
    Wurde er jetzt endgültig verrückt? Das konnte doch

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