Die Narben der Hoelle
sich gerade an die Versorgung seiner Wunde machen, als ihm klar wurde, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Ein Geräusch irritierte ihn, dessen Bedeutung jetzt erst in sein Bewusstsein drang. Die automatische Bilgenpumpe hatte sich nicht wieder ausgeschaltet! Und was das hieß, war ihm augenblicklich klar:
Wasser im Schiff!
Hastig kniete er sich auf den Salonboden. Wie ein Messer schnitt ihm dabei der Schmerz in den Unterleib. Tränen traten ihm in die Augen.
Verbissen nahm er eines der länglichen Bodenbretter am Griffloch hoch und blickte in die Bilge.
»Verdammter Mist«, fluchte er laut.
Der komplette große Hohlraum zwischen den Kielbolzen und dem Salonboden war voller Wasser!
Noch zehn Zentimeter, dann würden die Bodenbretter von allein aufschwimmen.
Es wurde eng.
Jetzt musste er schnell handeln, egal, was ihm alles wehtat. So schön die Mandelbucht auch war – kein Grund, die Yacht hier zu versenken …
Zu allererst den Wassereinbruch stoppen!
Sofort wurde ihm klar, dass er das in seinem Zustand gar nicht schaffen konnte.
Zunächst musste er etwas für sich selbst tun.
Die Batterie!, durchfuhr es ihn unvermittelt siedend heiß. Hastig schaltete er bis auf eine Deckenleuchte und die Pumpe alle Verbraucher ab, um Strom zu sparen. Dann stellte er den Verbandskasten auf den Salontisch, holte eine sterile Binde heraus und versorgte die Wunde notdürftig. Er nahm zwei Schmerztabletten, lehnte sich zurück und wartete auf das Einsetzen der Wirkung. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, doch dann ließ der Wundschmerz im Arm etwas nach. Auch das dumpfe Pochen im Unterleib nahm ab.
Mit einem gequälten Stöhnen raffte er sich auf und machte sich ans Werk.
Die Backbleche waren von zwei Projektilen glatt durchschlagen worden. Immerhin aber hatte der Werkzeugkasten ein drittes aufgefangen. Plattgedrückt klebte es innen an einer massiven Zange.
Es war eine mühsame Arbeit, die Innenverkleidung aus furniertem Sperrholz hinter der Lehne des Salonsofas herauszubrechen, um an die Einschusslöcher im Rumpf heranzukommen. Verbissen arbeitete er fast eine Stunde lang.
Die Schmerzen kamen zurück. Das Stechen in seinem Arm und das Pochen im Unterleib trieben ihm Tränen in die Augen. Er versuchte, nicht darauf zu achten.
Schließlich hielt er es kaum noch aus. In immer kürzeren Abständen musste er Pausen einlegen. Dabei warf er stets einen verzweifelten Blick in die Bilge.
Verdammt, verdammt! Während er arbeitete, stieg der Pegel des eindringenden Seewassers langsam, aber stetig weiter.
Hoffnungslosigkeit überfiel ihn. Er fühlte, dass er dabei war, den Mut zu verlieren. Immer wieder schickte er Stoßgebete zum Himmel, die elektrische Pumpe möge durchhalten. Er hatte keine Ahnung, ob sie diesen Dauereinsatz durchstehen würde. Und wusste genau, dass er nicht mehr genug Kraft hatte, das Wasser mit der Handpumpe herauszuschaffen.
Endlich gelang es ihm, die Verkleidung zu entfernen.
Erschrocken fuhr er zusammen. Die zwei Geschosse, die durch Bleche und Sofalehne glatt hindurchgegangen waren, hatten Löcher im Laminat des Rumpfes hinterlassen. Stetig sprudelte daraus das Seewasser herein. Zwei Salzwasserfontänen, nur dreißig Zentimeter auseinander.
Aber immerhin sehr feine Fontänen. Kleine Löcher nur.
Das gab ihm wieder etwas Auftrieb. Er spülte noch einmal zwei Schmerztabletten mit einer ganzen Flasche Wasser herunter. Dann suchte er zwei Leckpfropfen der passenden Größe aus, bestrich sie mit Dichtungsmasse und verkeilte sie fest im Laminat.
Nachdem er die Reparaturstellen mit einem Handtuch trockengerieben hatte, leuchtete er mit der Taschenlampe darauf. Minutenlang starrte er gebannt auf den Lichtkegel, dann war er sich sicher:
Die Pfropfen hielten dicht!
Erschöpft sank er auf das Sofa zwischen die Holz- und Plastiktrümmer und beobachtete das Wasser in der Bilge. Es war mittlerweile schon über den Rand gestiegen und schwappte im Takt der Dünung auf dem Salonboden. Die Pumpe lief unermüdlich weiter. Wie viel Saft mochte wohl noch in der Batterie sein? Das Amperemeter auf der Instrumentenkonsole war ebenfalls zerstört. Er würde den Motor starten müssen, sobald das Pumpengeräusch schwächer wurde.
Schwer atmend blickte Johannes auf den Boden und beobachtete argwöhnisch den Pegelstand des Bilgenwassers.
Er musste sehr genau hinschauen. Die Oberfläche war mit dem Boot in ständiger Bewegung, schwappte hin und her.
Doch endlich war er sich sicher: Der Wasserspiegel sank!
Ein
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