Die Narben der Hoelle
gewählt hatten!
Ein Geschenk Allahs!
Jamal war sofort aufgefallen, welch einmalige Chance er dadurch bekam. Unverzüglich hatte er befohlen, dass ihre Operation hier und heute stattfinden musste. Persönlich überwachte er, dass die eingeteilten Kämpfer auch wirklich aussahen wie Taliban, ausgerüstet mit Kalaschnikows und anderen Beutewaffen vornehmlich russischer Herkunft. Sogar lange künstliche Gesichtsbärte hatten sich die Männer ankleben müssen. Als Angehörige der Privatarmee des Provinzfürsten verzichteten sie schon lange auf diesen unpraktischen Gesichtsschmuck.
Das Feuergefecht im Tal verfolgte Jamal von seinem Logenplatz hinter dem Fernrohr aus. Mit Genugtuung stellte er fest, dass schließlich auch die Lastwagen pünktlich erschienen, und beobachtete, wie die beiden Geiseln darauf verladen wurden.
Niemand würde im Hauptquartier der Ungläubigen auch nur den geringsten Zweifel daran hegen, dass Taliban die Geiselnehmer waren!
Ein wirklich spannender Vormittag, dachte er befriedigt und nahm noch einen tiefen Zug vom Rauch seiner Spezialmischung. Alles hatte genau nach seinem Plan geklappt, dem genialen Plan eines großen Strategen.
Mochte Abdul Kalakani ihn ruhig demütigen. Der Tag der Rache nahte! Der treulose Hund würde sich sehr bald wieder daran erinnern, welche Fähigkeiten Jamal entwickeln konnte, wenn er das Kommando führte.
,Alte Geschichten’. Bald kam eine ganz neue hinzu.
Und der Elende würde merken, welchen tödlichen Fehler er gemacht hatte …
*
Noch etwa sechzig Kilometer vom Camp entfernt, entdeckte Johannes die beiden Fahrzeuge, die ihnen entgegen kamen.
Mit Höchstfahrt donnerten sie aus der Ferne heran. Mächtige gelbbraune Staubwolken am Horizont. Ein Panzerwagen vorweg, gefolgt vom BAT, dem ,Beweglichen Arzttrupp’, im dafür ausgerüsteten Transportpanzer FUCHS. Das Rote Kreuz im weißen Kreis war klar zu erkennen.
Vor drei Stunden hatte er seine Meldung über Funk abgesetzt.
Der Sani hatte sich während der Fahrt um den Verwundeten bemüht. Dem ging es zunehmend schlechter. Das elende Stampfen, Rütteln und Schaukeln des Spähwagens setzte ihm zu. Johannes’ Sorge wurde von Minute zu Minute größer.
Wenig später luden sie den Verwundeten in den Sanitätspanzer um. Die Stabsärztin untersuchte ihn sofort, legte eine Infusion an und bereitete ihn für die Fahrt zum Feldlazarett im Lager vor.
Im Camp angekommen, blieb Johannes gerade noch die Zeit, kurz zu duschen und frische Wäsche anzuziehen, da erreichte ihn auch schon der Befehl, sich sofort im Gefechtsstand zu melden.
Er hatte nichts anderes erwartet.
Der Kommandierende brauchte seinen Bericht. Und dann würde man Maßnahmen ergreifen.
Nur, welche?
Wie ging man mit dieser Katastrophe um? Was konnte getan werden, um das Leben der Verschleppten zu retten?
Er würde eine Menge Fragen zu beantworten haben, das wusste Johannes. Auf der gesamten Fahrt ins Lager hatte er darüber gegrübelt, ob er sich etwas vorzuwerfen hatte.
Trug er die Schuld am katastrophalen Ausgang dieses Einsatzes?
Ein Kamerad schwer verwundet, zwei gefangen genommen und verschleppt – weiß Gott, wohin.
Was hatten die Taliban mit ihnen vor? Welches Schicksal drohte ihnen?
Hatte man überhaupt je davon gehört, dass diese Terroristen Soldaten kidnappten? Johannes konnte sich an solch einen Fall nicht erinnern.
Warum, zum Teufel, hatte er die Falle nicht erkannt?
Jäh wurde er aus seinen trüben Grübeleien gerissen, als ein Geländewagen mit quietschenden Reifen direkt vor den Stufen zu seinem Wohncontainer bremste. Im Camp kontrollierte man mit deutscher Konsequenz die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit. Dieses rasende Auto war ein Indiz für die Aufregung, die die Nachricht von der Geiselnahme ausgelöst hatte.
Johannes sprang auf den Beifahrersitz, und ohne ein weiteres Wort raste der Unteroffizier mit ihm durch das Lager.
Die Operationszentrale, sonst ein Ort professioneller Unaufgeregtheit, glich einem Tollhaus. Viel zu viele Leute liefen hin und her. Aufgeregtes Stimmengewirr schallte durch den großen Raum.
Johannes schob sich mühsam durch die Herumstehenden bis zum Arbeitsplatz des diensthabenden Einsatzoffiziers vor. Ständig wurde er dabei mit aufgeregten Fragen überschüttet.
Plötzlich knallte der Einsatzoffizier die beiden Telefonhörer, die er sich an die Ohren gehalten hatte, mit einem lauten Fluch auf den Tisch, sprang auf und brüllte: »Ruhe!«
Schlagartig herrschte Stille im
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