Die Naschkatzen
»Mein Vater ist gerade wegen einer Betrugsklage auf der Flucht.«
Wieder beugte sie sich in einer absolut perfekten Haltung vor, und Phin unterdrückte mit Mühe ein Stöhnen. »Er ist ein Wiederholungstäter. Ein ziemlich hartnäckiger sogar.« Sie versenkte die Zwei mit einem Anschlussstoß, der sie genau in die richtige Spielposition brachte, und richtete sich wieder auf, um nachzukreiden. »Und dann ist da noch mein Bruder.«
»Davy.« Phin beobachtete, wie sie sich erneut vorbeugte.
»Er lebt davon, Leute zu betrügen, die andere Leute betrogen haben.« Sophie versenkte die Drei. »Da sie in einer schlechten Position sind, ihn dafür zu belangen, kommt er immer davon, obwohl es eine Menge Leute gibt, die ihn nicht besonders mögen.«
»Kann mir gar nicht vorstellen, warum«, meinte Phin trocken, während Sophie ihren Queue wieder einrieb.
»Amy hat ein paar kleine Probleme mit dem Gesetz, aber eigentlich ist sie mittlerweile ehrlich geworden.«
»Das ist auch gut so.«
»Und dann gibt es noch mich«, sagte Sophie.
Mit einem beeindruckend gefühlvollen Stoß versenkte sie die Vier, und Phin fragte: »Dich?«
»Exakt.« Sophie nickte und griff wieder nach der Kreide. »Ich wollte immer meinem Schicksal aus dem Weg gehen und habe ständig versucht, ehrlich und gut zu anderen zu sein. Aber du weißt ja -«
Sie beugte sich zu ihrem Stoß vor, zielte gewissenhaft und vollführte einen derart perfekten Spielzug, dass Phin kurzzeitig ganz schwindelig wurde.
»- dass das nicht mein wahres Ich ist«, beendete sie ihren Satz und richtete sich auf. »Ich wurde geboren, um egoistisch zu sein.« Sie lächelte ihn an. »Das habe ich von dir gelernt. Vielen Dank dafür.«
Phin schluckte. »War mir ein Vergnügen.«
Ohne großes Aufhebens versenkte Sophie die Sechs, und er dachte, Lieber Himmel, sie ist in der Lage, mich zu schlagen. Dies war ein recht ernüchternder Gedanke.
Dem musste er Einhalt gebieten.
»Wenn ich ehrlich bin, wusste ich das von deiner Familie schon«, sagte er. »Zane hat mir alles erzählt.«
Sie hatte bereits wieder ihren Queue mit Kreide eingerieben und sich zu ihrem nächsten Stoß vorgebeugt, zögerte nun jedoch. »So, hat er das?«
Phin nickte. »Es schien ihn ein wenig zu ärgern, dass es mich nicht interessierte.«
»Oh«, sagte Sophie und blickte am Queue entlang, um die Acht anzuvisieren. Als sie einen Fehlstoß landete, weil sie die Kugel wegen einer minimalen Fehleinschätzung ein klein wenig zu hart traf, tat ihm das beinahe Leid.
Aber nicht Leid genug, um nicht die Acht und die Neun in einem Zug zu versenken. Hier ging es schließlich um Pool. Er rieb seinen Queue mit Kreide ein und fixierte die Acht. Sie hatte ihm das Spielfeld für einen nicht ganz leichten Cut Shot hinterlassen, aber den konnte er schaffen. Er beugte sich gerade für seinen Stoß vor, als sie meinte: »Da ist noch etwas, was du wissen solltest.«
»Was denn?«, fragte er, ohne den Kopf zu heben.
»Ich trage keinen Slip.« Sie setzte sich außerhalb seines Blickfelds hin, und als er sich zu ihr umdrehte, lächelte sie ihn unschuldig an, die Beine übereinander geschlagen, wobei sich die schlanke, kurvenreiche Linie ihres Schenkels in ihrem eng anliegenden roten Minikleid verlor. »So ähnlich wie in deiner Phantasie.«
Sein Queue schwankte ein wenig, und er richtete sich auf. »Glaubst du wirklich, dass ich mich dadurch irritieren lasse?«
Sophie zuckte mit den Schultern. »Fühl mal in deine Gesäßtasche.«
Wider besseres Wissen tat er dies und ertastete ein Stück glatten Stoffs aus Nylon und Spitze. Er zog es heraus und hielt es vor sich. Es handelte sich eindeutig um Sophies roten Spitzenslip. Phin zuckte mit den Schultern. »Sehr schön.« Er stopfte ihn in seine Gesäßtasche zurück und beugte sich wieder vor, um seinen Stoß zu platzieren. Doch dann musste er plötzlich daran denken, wie sie über den Tisch gebeugt gestanden und derart geschickte Spielzüge mit solcher Eleganz vollführt hatte, insbesondere jenen Stopp Shot, der so wunderbar anzusehen gewesen war, dass ihm bei ihrem bloßen Anblick beinahe schwindelig geworden war. Und das alles ohne Slip.
Nur die Ruhe , beschwichtigte er sich selbst.
Doch im gleichen Augenblick musste er an all die unglaublichen Dinge denken, die sie soeben mit ihm im Bett angestellt hatte, und zum ersten Mal in seinem Leben zog er Sex auf seinem Pooltisch ernsthaft in Betracht. Zur Hölle mit dem Filz. Urgroßvater hätte sicherlich Verständnis
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