Die Naschkatzen
es bist. Ich hätte nicht noch einen Menschen ertragen, der mir erzählt, wie enttäuscht er von mir ist, was für eine Niete als Bürgermeister ich bin, weil ich so etwas zugelassen habe, oder mit welcher Genugtuung er im November nicht für mich stimmen wird. Sie haben mir richtig die Bude eingerannt.« Müde rieb er sich den Nacken. »Und kein Einziger hat ein Buch gekauft.«
Wes setzte sich auf seinen Stammplatz und legte die Füße auf das Geländer. »Das war‘s dann wohl, was?«
»Sieht so aus«, stimmte Phin zu. »Mir bleiben noch sechs Wochen bis zur Wahl, aber so eine Geschichte bleibt den Leuten im Gedächtnis haften.«
»Ja.« Wes nickte bekümmert. »Wie geht es Sophie?«
»Sie ist wütend«, antwortete Phin, bemüht, gleichgültig zu klingen. »Sie hat beschlossen, es sei meine Schuld.« Er zuckte mit den Schultern. »Es ist besser so. Wenn aus uns etwas geworden wäre, müsste ich für den Rest meines Lebens jeden Tag Dusty Springfield hören.«
»Ja, und du müsstest ständig Sex haben«, meinte Wes. »Wie furchtbar.«
»Halt lieber deine Klappe«, erwiderte Phin.
»Außerdem hat sie dich vernichtend im Pool geschlagen«, fügte Wes hinzu.
»Und Amy will immer noch nach L. A.?«
»Scheiße, hör auf damit.«
»Das haben wir wirklich toll hinbekommen, was?«, meinte Phin und gab seine gespielte Unbekümmertheit auf. »Lieber Gott, ein derartiger Hammerschlag hat mich nicht mehr getroffen, seitdem -« Hilfe suchend sah er zum Himmel. »So ein Hammerschlag hat mich noch nie getroffen. Wir hätten bestens zueinander gepasst.«
»Phantastisch, würde ich sagen.« Wes stand auf und ließ die Beine seines Stuhls mit einem dumpfem Knall auf dem Verandaboden aufschlagen. »Aber im Gegensatz zu dir ziehe ich nicht meinen Schwanz ein. Ich habe zwar noch keinen Plan, aber ich ziehe nicht meinen Schwanz ein.«
»Ich auch nicht«, widersprach Phin. »Ich habe nur keine Lust, dort hinauszufahren, mir von Sophie zu den Klängen von ›All Cried Out‹ die Tür vor der Nase zuschlagen zu lassen, um dann von Davy vermöbelt zu werden.«
»Er ist gar nicht mehr hier«, sagte Wes. »Er ist gestern Abend zum Flughafen gefahren und auf die Bahamas geflogen.«
Phin horchte auf. »Ach ja?«
»Jawohl.« Wes ging die Stufen hinunter. »Genau wie Clea.«
»Und du hast sie gehen lassen?«
»Wenn ich will, kriege ich sie immer noch. Ich glaube, sie haben beide verdammt viel Dreck am Stecken, aber mir ist immer noch nicht klar, was sie getan haben. Deshalb bin ich nicht sicher, ob ich hinter ihnen her bin.«
»Aber hinter Amy bist du her«, stellte Phin fest.
»Und die werde ich auch kriegen.« Wes trat auf die Straße, hielt jedoch plötzlich inne und kam noch einmal zurück zur Treppe. »Das hätte ich beinahe vergessen: Der Ballistikbericht ist gekommen. Zanes Kugel stammte nicht aus der Waffe deines Vaters.«
Erleichtert stieß Phin die Luft aus. »Gott sei Dank, endlich mal eine gute Nachricht.« Dann runzelte er die Stirn. »Meine Mutter soll also die Waffe gegen Sophie benutzt haben, ohne sich darüber Gedanken zu machen, dass der Ballistiktest das widerlegen würde? Das ergibt doch keinen Sinn. Sie mag verrückt sein, aber sie ist nicht dumm.«
»Ich denke, die echte Tatwaffe liegt im Fluss«, erklärte Wes. »Bisher deutet alles darauf hin, dass der Täter impulsiv handelt. Es würde ins Bild passen, wenn er, nachdem er Zane angeschossen hatte, die Waffe ins Wasser warf. Und angesichts der starken Strömung glaube ich nicht, dass wir sie finden werden. Wenn das stimmt und ihm erst später einfiel, Sophie den Garaus zu machen, musste er sich eine andere Waffe besorgen. Und wenn es seine einzige Absicht war, Gerüchte über Sophie in Umlauf zu bringen, wäre ihm der Ballistikbericht ziemlich egal gewesen.«
»Oder ihr.«
Wes zuckte mit den Schultern. »Weiß Gott, Frauen können genauso verrückt sein wie Männer. Dabei fällt mir ein, hast du dir in letzter Zeit mal den Wasserturm angesehen?«
»Den Wasserturm?« Phin kam die Stufen herunter und blickte über den Hügel. »Oh. Sehr schön.«
Der Regen hatte seine Aufgabe getan und die roten Streifen von Stephens billiger Farbe abgewaschen, dabei allerdings - wie die Coreys ihm prophezeit hatten - rötliche Flecken hinterlassen. Er sah wieder fleischfarben aus, schimmerte nun aber in rosiger Farbe voll und rund über den Baumkronen. Nur der Umlauf am oberen Ende war noch rot. »Ein Lippenstift mit Brustwarze «, hatte Sophie gesagt, nur dass er nun
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