Die Naschkatzen
gar nicht mehr nach Lippenstift aussah.
»Mir gefällt er so noch besser«, meinte Wes. »Sieht freundlicher aus. Und ein wenig Freundlichkeit kann ich derzeit wirklich gut gebrauchen.«
»Stephen wird außer sich sein«, sagte Phin.
»Mit Sicherheit«, stimmte Wes ihm zu und schickte sich an zu gehen. »Darüber werdet ihr wohl noch in einigen Ratssitzungen diskutieren. Bis dann.«
Phin dachte an die Sitzung, was ihm die Kehle nur noch mehr zuschnürte. Stephen würde ihm die Hölle heiß machen, seine Mutter angesichts des befleckten Erbes der Tuckers weitere Mordgelüste hegen, die gesamte Einwohnerschaft würde ihn wie auf dem Grill schmoren sehen wollen, weil er der Kriminalität unter ihren minderjährigen Kindern Vorschub geleistet habe, und Hildy würde dies alles ignorieren, um ihren rosigen Wasserturm zu schützen.
Und noch dazu würde ihm Sophie nicht einmal mehr die Uhrzeit sagen, weil er ein sturköpfiges Bürgersöhnchen war.
Verdammt noch mal, vergiss sie, sie ist eine zu harte Nuss, ermahnte er sich und konzentrierte sich auf die wirklich wichtigen Dinge in seinem Leben.
In sechs Wochen würde er die Wahl gegen Stephen, dieses Rindvieh, verlieren: Dem hieß es nun ins Auge zu sehen. Sein Vater war zumindest an etwas so Zivilem wie der Neuen Brücke gescheitert. Sein Verderben hingegen würde ein billiger Pornofilm sein. Hätte er von vornherein seine sieben Sinne beieinander gehalten, säße er nun nicht in dieser Klemme. Teuflisch süß, und er hatte angebissen. Er schloss die Augen, um die Erinnerung auszublenden. »›Hätt ich mich nur dagegen gewehrt«, sprach er laut aus, an niemand Bestimmten gerichtet, und stieg mutlos die Treppe zum Buchladen hinauf.
»Einen Augenblick«, rief seine Mutter von der Straße aus. Er drehte sich um und erblickte sie, als sie im Begriff war, die Stufen zu erklimmen. »Ich bin gerade auf dem Weg zu Hildy, aber erst will ich mit dir sprechen.«
»Oh, wie schön«, entgegnete Phin und setzte sich.
»Ich weiß, dass wir einige Probleme miteinander haben«, sagte Liz. »Aber das ist nun vorbei, da du diese Frau nicht wieder sehen wirst. Die Dinge stehen zwar schlecht, aber uns bleiben noch sechs Wochen, und wenn du dich von ihr fern hältst -«
»Mom, wir werden verlieren.«
»Wir werden nicht verlieren«, unterbrach ihn Liz. »Die Tuckers verlieren nicht, wir werden nicht verlieren, ich werde dich nicht verlieren, wir werden -«
»Was redest du da?«, wollte Phin wissen. »Du -« Er brach ab, als ihre Worte zu ihm durchsickerten. »Ach du Scheiße, darum geht es dir also?«
»Beherrsche dich in deiner Wortwahl«, ermahnte ihn Liz. »Alles ist -«
»Mom, du wirst mich nicht verlieren«, sagte Phin. »Ich werde nicht sterben, falls ich nicht gewinnen sollte. Mein Herz funktioniert einwandfrei, und es bedeutet mir gar nichts, Bürgermeister zu sein. Ich mag mich zwar immer durchsetzen wollen, aber das betrifft nicht das Amt des Bürgermeisters. Ich werde an einer Niederlage nicht zu Grunde gehen.« Traurig sah er sie an. Das würde erklären, warum sie Sophie angegriffen hatte. In ihrer Vorstellung stand nicht nur die bevorstehende Wahl auf dem Spiel, sondern sein Leben.
»Selbstverständlich wirst du daran nicht sterben«, antwortete Liz, aber ihre Stimme zitterte leicht. »Natürlich nicht. Ab nun werden wir alles wieder in die gewohnten Bahnen lenken. Dillie wird das Ganze vergessen, du wirst wieder gewählt, und alles wird so sein wie immer. Vermutlich tust du gut daran, nicht mehr heiraten zu wollen. Ich werde es nicht mehr zur Sprache bringen, wir machen einfach so weiter wie bisher.« In gezwungener Heiterkeit lächelte sie ihn an. »Nur wir drei.«
Nur sie drei. Gefangen und erstarrt in dem Haus auf dem Hügel.
»Nein«, sagte Phin fest, sodass sich Liz‘ Lächeln schlagartig in Luft auflöste und die Kobra wieder zum Vorschein kam.
»Jetzt hör mir bitte mal zu. Ich weiß, dass deine Hormone dir bei dieser Geschichte den Verstand vernebeln, aber willst du denn gar nicht wahrhaben, mit welchem Trümmerhaufen diese Frau dich zurückgelassen hat?«
Phin nickte. »Mit nichts. Sie hat mein Leben zerstört.«
»Ganz genau.« Liz spie die Worte förmlich aus. »Aber das lässt sich regeln. Wir -«
»Warum zum Teufel sollte ich das tun wollen?« Angesichts ihres verblüfften Gesichtsausdrucks schüttelte er den Kopf. »Mein Leben vorher war ein verdammt ödes Dasein, und alles, was Sophie getan hat, war, dem ein Ende zu bereiten.«
»Was soll das
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