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Die Naschkatzen

Die Naschkatzen

Titel: Die Naschkatzen Kostenlos Bücher Online Lesen
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nachdachte, konnte er Dillie verstehen. Eine Tucker zu sein, war manchmal ziemlich beschissen.
    »Okay, ein Kompromiss«, sagte er, und Dillie seufzte. »Was hältst du davon, wenn wir einmal in der Woche im Buchladen schlafen? So eine Art Auswärtsübernachtung mit Hot Dogs, Nachtisch und ohne Servietten. Wir könnten versuchen, die Büchervorräte in zwei anstatt in drei Räumen unterzubringen, damit du ein eigenes Zimmer hättest.«
    Dillie legte den Kopf schräg und überdachte seinen Vorschlag mit nachdenklicher Miene. Das Abendlicht ließ sie zerbrechlich wirken. Phin wusste, dass sie ein zähes kleines Mädchen war, er hatte sie auf dem Softballfeld gesehen, aber dennoch erschütterte ihn ihre magere Gestalt. »Du hast in ihrem Alter genauso ausgesehen«, hatte Liz ihm erklärt. »Du warst mit vierzehn bereits einen Meter achtzig groß und warst noch nicht ausgewachsen. Mit der Zeit wird sie schon zulegen.«
    »Wie wäre es denn«, meinte Dillie in dem für sie typischen geduldigen und gemessenen Tonfall, »wenn wir das eine Weile ausprobieren und dann, wenn ich brav bin, ganz dorthin ziehen?«
    »Wie wäre es, wenn du dich mit dem zufrieden gibst, was du haben kannst?«
    Dillie stieß die Luft aus. »Wir müssen einfach alleine wohnen.«
    »Warum?«
    »Weil ich eine Mom brauche.«
    Phin wurde sehr still. »Eine Mom.«
    »Jamie Barclay hat eine Mom. Jamie Barclay sagt, dass ihre Mom gesagt hat, dass ich auch eine Mom brauche.«
    »Jamie Barclays Mom hat Unrecht«, meinte Phin grimmig.
    »Finde ich nicht.« Dillies Stimme klang nachdenklich. »Ich glaube, ich brauche eine. Ich glaube, das würde mir gefallen. Aber ich glaube nicht, dass ich Rachel als Mom will.«
    »Rachel?«, brauste Phin auf. »Wer -«
    »Grandma Liz sagt, dass Rachel genau wie eine Mom ist, wenn sie auf mich aufpasst«, erklärte Dillie. »Und Rachels Mom sagt immer, dass sie eines Tages vielleicht meine Grandma ist und wie schön das wäre. Aber ich glaube, dass Rachel nicht erfahren genug ist, um meine Mom zu sein. Und erst recht habe ich keine Lust, dass ihre Mom meine Grandma wird, weil ihre Mom immer ganz gemein zu Grandma Junie ist.« Sie verfiel in den gedehnten Südohio-Tonfall ihrer Großmutter mütterlicherseits, als sie hinzufügte: »Sie ist böööse.«
    »Rachel wird nicht deine Mom«, beschwichtigte Phin sie. »Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen.«
    »Na ja, ich weiß nicht.« Dillie seufzte und setzte sich gerade. »Grandma Liz will das aber, und wenn wir hier bleiben, wird‘s auch so kommen, weil wir immer das tun, was sie will.«
    »Vertrau mir, Dill«, sagte Phin. »Es besteht nicht die geringste Chance, dass Rachel deine Mom wird.« Er hörte seine Mutter rufen: »Dillie?«, und er hob seine Stimme und rief zurück: »Wir sind hier draußen.«
    Mit einigen dunkelvioletten Rosen in der behandschuhten Faust kam Liz aus dem Garten um das Haus herum. Nicht ein Härchen auf ihrem Kopf rührte sich in der Sommerbrise. Die Tuckers ließen sich nicht von Naturgewalten bedrängen. »Warum sitzt ihr hier draußen?«
    »Weil es schön ist«, antwortete Phin. »Worüber wolltest du mit mir sprechen?«
    Liz blieb am Fuße der Treppe stehen. »Ich will, dass du mehr Zeit mit Stephen Garvey verbringst, anstatt ihn derart vor den Kopf zu stoßen und dich über ihn hinwegzusetzen. Du wirst niemals sein Wohlwollen gewinnen, wenn du ihm die kalte Schulter zeigst.«
    »Ich möchte nicht sein Wohlwollen gewinnen, ich will einen Buchladen führen«, sagte Phin. Dillie knuffte ihn in die Seite, und er fügte hinzu: »Und Hot Dogs mit meiner Tochter essen: Dillie und ich werden morgen im Laden übernachten.«
    »Was?« Missbilligend sah Liz die beiden an, wie zwei alberne Kinder. »Das geht nicht. Um sechs Uhr hat sie Klavierunterricht, und um halb neun muss sie ins Bett. Es macht keinerlei Sinn, dass sie dort schläft.«
    »Dann eben am Freitag«, sagte Phin.
    »Ballett«, erwiderte Liz. »Ich verstehe nicht, was das soll.«
    »An welchem Abend hast du keinen Unterricht?«, wollte Phin von Dillie wissen.
    »Montags«, sagte Dillie verdrießlich.
    »Das ist der einzige Abend?« Phin wandte sich wieder an Liz. »Seit wann geht das so?«
    »Du bist an den meisten Abenden bis nach sechs im Buchladen«, betonte Liz. »Sie verpasst also keine wertvolle Zeit mit dir. Und wir wollen doch, dass sie eine formvollendete Ausbildung erhält.«
    Phin schaute auf seine knochige kleine Tochter hinunter. »Sie ist formvollendet genug. Wir werden am

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