Die Naschkatzen
Montag im Buchladen übernachten.«
»Das ist der erste Schultag, also wäre es unvernünftig -«
Bange sah Dillie ihn an, sodass er beharrte: »Uns gefällt‘s, unvernünftig zu sein. Dillie und ich treiben es gern bunt.«
Dillie strahlte ihn an, die Freude sprühte aus jeder Faser ihres Körpers, und er dachte, Ich muss mehr Zeit mit diesem Kind verbringen. Sie ist das Beste, was ich habe.
Hinter Dillie öffnete Liz ihren Mund erneut, doch Phin fing ihren Blick auf. »Am Montag bleiben wir dort.«
»Auch gut«, sagte Liz und dachte offensichtlich das Gegenteil. »Aber nur diesen Montag. An den Schultagen müssen wir vernünftig sein. Komm jetzt, Dillie, ziehe dich für das Abendessen um.«
Dillie warf ihm einen flehentlichen Blick zu, der ihm das Herz zerrissen hätte, hätte er nicht gewusst, was für eine gute Schauspielerin sie war. »Okay«, sagte sie kläglich und ergriff die Hand ihrer Großmutter. Schlurfend stieg sie die Stufen hoch.
»Lieber Himmel, Dillie«, ermahnte Liz sie, und Phin musste lachen.
Abrupt hob Dillie ihren Kopf und grinste ihn an, nun wieder nur Kind, bevor sie mit ihrer Großmutter im Inneren des Hauses verschwand, zu einem Abendessen ohne Dessert, weil es mitten in der Woche war.
Diane hätte ihr ein Dessert zum Frühstück serviert , schoss es ihm durch den Kopf und hielt inne, verwundert, dass er überhaupt an Diane gedacht hatte. Sie waren nur so kurze Zeit zusammen gewesen; er war sich nicht sicher, ob er sich überhaupt noch daran erinnerte, wie sie ausgesehen hatte. Wohl geformt, fiel ihm ein, weil ihn das in erster Linie in Schwierigkeiten gebracht hatte. Und sie hatte ihm Wärme geschenkt. Wärme hatte bei den Tuckers stets Seltenheitswert gehabt, besonders damals, als er seiner Mutter dabei helfen wollte, mit dem zweiten Herzanfall seines Vaters fertig zu werden, und seinem Vater, die eigene Sterblichkeit zu akzeptieren.
Damals hatte er sich eines Nachts vor all diesem aufgesetzten Optimismus daheim in die Taverne geflüchtet, wo Diane sich neben ihn gesetzt hatte. »Du bist also Phin Tucker«, hatte sie gesagt. »Hab schon viel von dir gehört.« Er schloss die Augen und versuchte, sich ihr Gesicht ins Gedächtnis zu rufen. Ein Gefühl der Schuld übermannte ihn, weil sie ihm offenbar so wenig bedeutet hatte, dass er sich nicht einmal daran erinnern konnte. Warme braune Augen fielen ihm ein, und dunkles, wallendes Haar und dieses Lächeln mit ihrem klassisch schönen Mund, mit dem es Dillie stets gelang, ihn um den kleinen Finger zu wickeln. Angestrengt bemühte er sich, die Details zu einem Bild zusammenzufügen, aber anstelle von Diane erschien Sophie Dempsey vor seinem inneren Auge, die mit ihren wachsamen braunen Augen und ihren zu diesem festen Knoten aufgetürmten dunklen Locken Diane nicht im Entferntesten ähnelte. Zudem waren ihre Lippen voll und verlockend, nicht so geschwungen wie bei Diane Bei dem Gedanken an Sophies Mund wurde ihm ganz heiß, daher stand er schnell auf und fragte sich, was zum Teufel eigentlich los war mit ihm, wenn er die Frau vergessen konnte, die ihm eine Tochter geschenkt hatte, und scharf war auf eine Frau, die er weder kannte noch mochte.
»Dad, Abendessen.« Dillie stand mahnend hinter ihm.
Rasch begab er sich nach drinnen, und drückte ihr im Vorbeigehen noch einen Kuss auf die Stirn.
»Du bist meine absolute Nummer Eins auf der Welt«, sagte er zu ihr. »Ich weiß«, antwortete sie, bevor sie ihn in das makellose, klimatisierte und dessertfreie Speisezimmer seiner Mutter führte.
3
Am Donnerstagmorgen begab sich Rachel Garvey zur Whipple-Farm hinaus, eine Frau mit festen Absichten: Sie musste aus Temptation fort, bevor sie verrückt und wie ihre Mutter werden würde.
Ihr Plan war einfach: Sie würde Clea Whipple ihre Dienste für den Film anbieten und sich dann unentbehrlich machen, sodass Clea sie bei ihrer Abreise mitnehmen würde. Ihre Mutter erzählte ihr jeden Tag, was für ein Schatz sie sei, also würde sie von nun an Cleas Schatz sein. Rachel verspürte keinerlei Schuldgefühle, ihre Mutter zu verlassen. Ihre beiden älteren Schwestern lebten immer noch in der Stadt und konnten die Rolle der Schätze übernehmen, sobald sie fort war. Die Zwillinge waren sowieso längst an der Reihe.
Als sie sich der Veranda näherte, saß Clea auf der obersten Stufe im Sonnenlicht, attraktiv wie immer. Mehr als attraktiv. Umwerfend schön mit ihren himmelblauen Augen und der magnolienfarbenen Haut. Als Clea sie mit einer Stimme
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