Die Naschkatzen
also nicht mehr zu reden«, sagte Dillie. »Grandma hat mir vor einiger Zeit was darüber erzählt, aber Jamie Barclay hat mir heute viel mehr erklärt.«
Phin bückte sich, um sie anzuschauen. »Ist Jamie Barclay ein Junge oder ein Mädchen?«
»Ein Mädchen.« Ihre Stimme war voll der Bewunderung. »Sie weiß sehr viel.«
»Wunderbar.« Phin richtete sich wieder auf. »Ich dachte, ich hätte dir gesagt, du sollst nicht mit Fremden sprechen. Außerdem hat sie wahrscheinlich etwas Falsches erzählt, also mach dir keine Sorgen darüber.«
»Okay. Ich habe eine Idee«, meinte Dillie, die Taktik wechselnd. »Eine gute Idee.«
»Aha«, meinte Phin vorsichtig. Auf der Veranda der Tuckers standen keine Stühle, weil der Hügel nicht die Art von Ort war, wo die Leute auf ihren Vorderveranden saßen und schwatzten, also setzte er sich auf die Stufen. Dillie ließ sich neben ihm nieder, ein Federgewicht in einem weißen T-Shirt und hellbraunen Shorts.
»Ich habe darüber nachgedacht«, fing Dillie an, »dass du und ich über dem Buchladen einziehen könnten. Wo du damals gewohnt hast.«
»Dill, es gibt dort nur ein Zimmer, das bewohnbar ist. Der Rest ist Lagerraum. Wir könnten dort gar nicht deine ganzen Sachen unterbringen, geschweige denn meine.«
»Ich könnte einige Sachen wegwerfen.« Großmütig schob Dillie ihr Kinn vor.
»Das wäre tragisch.«
Dillie verlagerte ihre Haltung ein wenig. »Wir zwei wären ganz allein. Wir könnten...« Auf der Suche nach dem passenden Wort starrte sie in die Luft, wobei sie ihre grauen Augen zusammenkniff und die klassische Linie ihres Mundes spitzte, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, sodass Phin der instinktive elterliche Schmerz durchfuhr, der ihn auch nach neun Jahren immer noch gelegentlich überkam: Womit habe ich Glücklicher ein solches Kind verdient, und wie kann ich ihm für immer und ewig genügend Schutz und Geborgenheit bieten ? Er hatte nicht heiraten wollen, er hatte keine Kinder gewollt, und ganz bestimmt hatte er kein allein erziehender Vater sein wollen. Und nun konnte er sich ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.
»Wir könnten ungestört sein«, sagte Dillie schließlich.
»Hier leben wir auch nicht gerade beengt«, gab Phin zu bedenken. »Wir haben vierzehn Zimmer. Ein Wunder, dass wir uns nicht verlaufen.«
»Aber wir müssen immer mit Grandma zusammen sein«, wandte Dillie ein. »Ich hab Grandma Liz wirklich lieb, aber es wäre so schön, wenn wir allein die Familie wären. Nur wir zwei. Wir könnten uns Hot Dogs machen. Und Papierservietten benutzen. Und nicht nur am Wochenende Nachtisch essen.« Sie legte ihre Hand auf seinen Arm. »Bitte!«, sagte sie und sah mit ihren eindringlichen grauen Augen zu ihm auf. Er schaute hinunter und entdeckte einen violetten Fleck auf seinem Hemdsärmel.
»Brombeere?«, erkundigte er sich.
Dillie zog ihre Hand zurück. »Blaue Trauben. Ich hab einen Toast gegessen, weil du ewig nicht gekommen bist.« Sie verdrehte die Hand, um deren marmeladeverschmierte Seite zu betrachten. »Ich hab gekleckert.«
»Offensichtlich.« Phin gab ihr sein Taschentuch. »Du willst also Papierservietten?« Sie gehörten in Phins Augen nicht zum Wichtigsten im Leben, aber wenn sie für seine Tochter derart wichtig waren, musste er sich damit auseinander setzen.
»Das ist nur ein Beispiel.« Dillie leckte an ihrer Hand, um ein wenig von der Marmelade zu lösen, und wischte sie dann mit Phins Taschentuch ab.
Phin stützte sich mit den Händen hinter dem Rücken ab und überdachte die Situation. Es war vernünftig gewesen, zu seiner Mutter zu ziehen, als Dillie geboren wurde, weil jemand auf das Baby hatte aufpassen müssen. Aber Dillie war kein Baby mehr. Und es musste seine außergewöhnlich höfliche Tochter eine Menge Überwindung gekostet haben zu sagen: »Ich will ausziehen.«
Sie könnten ein Haus mieten, dachte er, aber da ihm bereits das Haus am Fluss, in dem seine Schwiegermutter lebte, und das Haus mit dem Buchladen gehörte und Liz diese Villa auf dem Hügel besaß, erschien ihm das als Geldverschwendung. Und wenn er und Dillie tatsächlich ausziehen würden, wer sollte sich dann tagsüber um sie kümmern, während er im Buchladen arbeitete? Sie würde ohnehin wieder hier auf dem Hügel bei Liz enden, genauso, wie seine Mutter es wollte. »Sie wird eine Tucker werden«, hatte sie zu Phin gesagt, als er mit dem Säugling aus dem Krankenhaus nach Hause kam.
»Überlass das nur mir.«
Wenn er nun so darüber
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