Die Naschkatzen
finde ich sehr, sehr kindisch von dir. Du weißt doch, dass ich hinter dir stehe, egal, worum es geht. Was hast du vor?«
»Ich mache eine Dokumentation«, beharrte Amy.
Sophie lehnte sich zurück. »Du machst eine Dokumentation über Cleas Heimkehr nach Temptation?«
»Nein, darüber drehe ich einen Film. Ich mache eine Dokumentation über die Entstehung des Films.« Amy beugte sich vor. »Das ist eine Wahnsinnsidee, Soph. Ich wollte dir nichts davon sagen, weil ich wollte, dass du dich für die Dauer des Films völlig natürlich benimmst -«
Dauer des Films? »Einen Augenblick mal.«
»- aber du wirst einfach nicht glauben, wie großartig das alles schon ist. Diese Geschichten über das erste Mal, die wir gestern ausgetauscht haben, kommen wirklich Klasse - nun ja, vielleicht ein bisschen dunkel, aber sehr stimmungsvoll mit Clea, die im Kerzenlicht sitzt, und ich kann das, was sie erzählte, als Vertonung im Hintergrund benutzen -«
»Amy!«
Amy brach ab, und Sophie bemühte sich, sich im Zaum zu halten. »Du hast mich gestern Abend auf der Veranda gefilmt?«
»Uns alle«, erklärte Amy. »Ich habe die Kamera in den Büschen deponiert. Das ist wirklich ein toller Stoff, Soph. Heute habe ich dann Frank interviewt und ihn in die Kamera sprechen lassen. Er kommt wirklich als der Trottel rüber, der er ist.«
»Ist das fair? Hat er gemerkt, dass -«
»Er wusste, dass die Kamera lief. Er hat eine Freigabeerklärung unterschrieben. Wir werden so viel Stoff zum Zusammenschneiden zusammenkriegen, das wird großartig.«
Sophie beugte sich vor. »Amy, du legst diese Leute herein. Sie unterschreiben Freigabeerklärungen, weil sie denken, dass sie in ein positives Licht gesetzt werden, und du -«
»Ich lege sie nicht herein«, widersprach Amy entrüstet. »Und selbst wenn, nehme ich von niemandem Geld. Ich filme nur, was sie sagen. Ich ändere ihre Worte nicht. Ich kriege nur, was ich will.«
»Du musst auch an andere Leute denken«, mahnte Sophie sie, und Amy erwiderte: »Nein, das waren Mom und du, die sich ewig um andere Sorgen machten. Davy, Daddy und ich wussten, dass es zwecklos ist, sich um andere zu sorgen, und man sich deshalb ebenso gut nur um sich kümmern kann.
Außerdem tue ich niemandem weh. Sie reißen sich doch alle darum, in dem Film mitzuspielen.«
Sie war ihrem Vater so ähnlich - diese geballte Unschuld eines Rotschopfs, dieses Umgarnen von Menschen mit dem typischen Dempsey-Lächeln der bis zuletzt seine Überzeugung kundgetan hatte, dass es nicht seine Schuld sei, wenn sie ihm Vertrauen schenkten, und dass er nie, wirklich niemals gelogen habe.
Aber jeder, der seinen Weg gekreuzt hatte, war auf irgendeine Weise auf der Strecke geblieben.
»Sophie, das ist wahre Filmkunst«, sagte Amy und beugte sich im Brustton der Überzeugung näher. »Diese Hochzeitsfilme zu drehen war eine tolle Sache, aber wir machen das nun schon seit sieben Jahren, und ich habe alles daraus gelernt, was es zu lernen gibt. Jetzt will ich etwas anderes machen. Das ist meine Chance, ganz groß rauszukommen. Vielleicht die einzige Chance, die ich bekommen werde.«
Amys Herz sprach aus ihren Augen, und Sophie atmete tief durch und dachte, Ich wusste, dass sie eines Tages dieser dämlichen Hochzeiten überdrüssig werden würde . Der Gedanke, dass Amy weggehen würde, war schmerzlich, ein Leben ohne sie nahezu unvorstellbar, aber die Vorstellung, dass sie blieb, obwohl sie lieber gehen wollte, war noch schlimmer.
»Ich will die Dokumentation schneiden und nach L. A. gehen, um damit den Einstieg ins Geschäft zu schaffen«, fuhr Amy fort. Sie schien die Luft anzuhalten, während sie darauf wartete, dass Sophie etwas sagte.
Hast du den Verstand verloren? wäre nicht gerade ermutigend. »L. A. ist ein hartes Pflaster.«
»Ich weiß.« Amy nickte eifrig mit dem Kopf, um ihre Zustimmung kundzutun. »Aber Davy ist dort. Er kann mir helfen. Das wäre sowieso an der Zeit.« Ihr Lächeln schwand. »Aber was wird aus dir, wenn ich fortgehe?«
Sophie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Wahrscheinlich muss ich zur Abwechslung mal an mich denken.« Nachdem ich aufgehört habe, mir deinetwegen Sorgen zu machen.
»Hast du denn gar keine Träume?«, fragte Amy. »Gibt es denn gar nichts, was -«
»Nein«, unterbrach Sophie sie. Wenn sie recht darüber nachdachte, war das traurig. Zweiunddreißig Jahre alt, und keinen blassen Schimmer, was sie vom Leben erwartete. Sie dachte an Phin auf der Hinterveranda. Vielleicht war
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