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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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dass nicht nur Schlechtes in uns steckt. Und wenn Albin mit derselben Weisheit regiert wie einst sein Vater, werden alle anderen Stämme unter seiner Führung uns die Gelegenheit geben, das zu beweisen.«
    Albin nahm einen der mit Quellwasser gefüllten Zinnbecher und trank einen Schluck. Er brauchte Zeit zum Uberlegen. Obwohl die benebelnde Wirkung des Mostes nachgelassen hatte, wirbelten die Gedanken in seinem Kopf durcheinander. Als elternloser Findling war er an diesem Tag zur Elbenburg gekommen und jetzt sprachen alle darüber, ihn zum Braunelbenkönig zu erheben. Und ausgerechnet die Rotelben, die ihm vor kurzem noch als unversöhnliche Feinde erschienen waren, wollten ihn unterstützen.
    »Ich hätte gern noch einiges geklärt«, sagte er zu Rohon.
    Der sah ihn offen an. »Frag alles, was du willst, Prinz Albin!«
    »Weshalb hast du Graf Chlodomer getötet, Gerswind verschleppt und ihren Vater sowie Nonus Graman, der wie ein Vater zu mir war, ermordet?«
    »Nicht alles, was du mir vorwirfst, habe ich verschuldet. Es stimmt, dass ich Chlodomer getötet und Gerswind in Sicherheit gebracht habe. Aber mit dem Tod ihres Vaters und des Mönches habe ich nichts zu tun. Der Verräter in der Abtei trägt die Schuld an dem nächtlichen Überfall. Uns Elben hat er als Sündenböcke missbraucht.«
    »Der Verräter?«, fragte Albin nach.
    »Wenrich, der Vogt. Er befürchtete wohl, Graf Guntram und der Mönch Graman könnten ihm auf die Schliche kommen. Also hat er sie bei dem vorgetäuschten Überfall beseitigt. Sundra war mit einem Trupp meiner Krieger in der Nähe und hat beobachtet, wie Wenrichs Männer Feuer an die Klostermauern gelegt haben.«
    »Mag sogar sein«, gestand Albin ein. Er tastete zu der Narbe auf seiner Wange. Nur zu genau wusste er, wozu der Vogt fähig war. »Aber was ist mit Chlodomers Ermordung und mit Gerswinds Verschleppung?«
    »Dafür trage ich die Verantwortung«, gestand Rohon ein. »Da Gerswind kaum freiwillig mit uns gekommen wäre, mussten wir sie gewaltsam holen. Aber es geschah nur zu ihrem Besten. Wenrich wollte sie in seine Gewalt bringen, um Druck auf Graf Guntram auszuüben. Wir sind ihm zuvorgekommen, um sie zu beschützen. Hättet ihr sie nicht zum Mondsee zurückgebracht, würde sie sich jetzt nicht in Lebensgefahr befinden.«
    Was Rohon erzählte, klang in Albins Ohren glaubwürdig. Guntram hatte nicht gewusst, wo seine Tochter war. Vielleicht hatte Wenrich ihm durch eine gefälschte Botschaft bedeutet, die Nebelkinder verlangten seinen
    Abzug im Austausch gegen Gerswind. Tatsächlich hatten die Rotelben der Verschleppten kein Haar gekrümmt. Und doch blieb der heimtückische Mord an dem westfränkischen Gesandten.
    »Du fragst dich, weshalb ich Chlodomer getötet habe? Er hatte ein Bündnis mit Wenrich geschlossen. Sie wollten die Gesandten Italiens, Hochburgunds und Arelats töten. Es sollte aussehen wie ein Anschlag der Ostfranken. Chlodomer selbst sollte so tun, als sei er dem Tod nur durch ein Wunder entronnen. Das sollte alle Reiche gegen das durch die Kämpfe gegen die Mähren ohnehin geschwächte Ostfrankenreich aufwiegeln. Der westfränkische König Odo hätte sich an die Spitze einer Koalition gegen König Arnulf gesetzt und wäre dadurch zum mächtigsten Herrscher im Menschenreich aufgestiegen. Ich sah nur einen einzigen Ausweg, das zu verhindern: Graf Chlodomer musste sterben. Ich habe nicht damit gerechnet, dass man meinen Elbenstrahl entdecken würde.«
    »Sehr heldenmütig von dir, Rohon«, sagte Findig und maß den Rotelben mit zweifelndem Blick. »Doch was liegt dir daran, einen Krieg zwischen den Ost- und den Westfranken zu verhindern? Und wie bist du überhaupt hinter das Komplott gekommen?«
    »Letzteres zuerst: Als ich von der Konferenz am Mondsee erfuhr, ließ ich das Kloster und die Gesandten von Sundra und ein paar Kriegern beobachten und belauschen - zu Recht, wie sich herausstellte. So erfuhr ich übrigens auch von Gerswinds Ausflug auf die Fischerinsel. Und warum ich einen Krieg verhindern will? Zum Schutz der Nebelkinder natürlich. Was wäre denn geschehen, hätten Chlodomer und Wenrich ihren Plan verwirklicht? Als Erstes wäre vermutlich ein Kriegstrupp aus dem nahen Italien zum Mondsee vorgedrungen, um hier mit den vermeintlichen Meuchlern aufzuräumen. Glaubst du, Findig, wir Nebelkinder wären ungeschoren davongekommen? Bestimmt nicht, zu viele Menschen wissen von uns und der Vogt hasst uns geradezu. Er hätte die Gelegenheit benutzt, um unser

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