Die Nebelkinder
bist der Diener, der das Kind gerettet hat, nicht wahr?«
»Ja, mein Prinz, ich beschützte dich vor den Mördern und schaffte dich in Sicherheit. Du warst erst wenige Wochen auf der Welt, warst so klein und hilflos, hattest noch nicht mal einen Namen erhalten.«
»Egin brachte dich damals zu mir«, fuhr Findig fort.
»Er und andere Getreue des getöteten Königs hatten beschlossen, den letzten Spross aus Alwis' Geschlecht vor dem Thronräuber zu retten. Sie betrauten mich, der ich in keiner unmittelbaren Verbindung zu Alwis stand und daher keinem Verdacht seitens Durins ausgesetzt war, mit dieser Aufgabe. Ich sollte über dich wachen und als Einziger wissen, wo du untergebracht bist. Erst als Mann solltest du ins Braunelbenreich zurückkehren und deinen Thron einfordern.«
Endlich begriff Albin, warum Findig so häufig die Abtei am Mondsee aufgesucht hatte. Und er verstand, weshalb Findig sich ihm gegenüber mal wie ein liebender Onkel und mal wie ein prüfender Lehrmeister aufgeführt hatte. Doch viele Fragen waren noch nicht geklärt und eine davon hieß: »Warum wusstest du als Einziger über mich Bescheid, Findig?«
»Weil Durin nach dem verschwundenen Kind suchen ließ. Hätte er es gefunden, hätte eres getötet. Er hat sogar einige von Alwis' Bediensteten gefoltert, um den Verbleib des kleinen Prinzen in Erfahrung zu bringen. Einige hätten vielleicht geredet, hätten sie die Wahrheit gekannt.«
»Und warum vertrauten Alwis' Anhänger den Prinzen ... mich gerade dir an?«
Egin übernahm die Antwort: »Schon damals war Findig ein Wanderer zwischen den Welten, mal in den Tälern der Nebelkinder, mal bei den Großwüchsigen anzutreffen. Er hatte den Ruf eines Abenteurers, aber ich kannte ihn ein wenig besser und wusste, dass er König Alwis für dessen Weisheit bewunderte. Ihm konnten wir dich bedenkenlos anvertrauen, Prinz.«
»Und selbst du warst nicht über meinen Verbleib eingeweiht, Egin?«
»Nein, Prinz, ich wollte es nicht, und es war gut so. Denn auch mich ließ Durin in seine Folterkammer bringen.« Egin schwieg für einen Moment und ein Schleier legte sich über seine Augen. Dunkle Erinnerungen an durchlittene Qualen suchten ihn heim. Dann fasste er sich wieder und fuhr fort: »Du kannst dir vorstellen, wie groß mein Erstaunen war, als ich dich im Thronsaal erblickte. Du hast die Augen deines Vaters geerbt, Alwis' Augen - und hoffentlich auch seine Kraft und seine Weisheit. Ich hatte Findig bereits gesehen und suchte ihn auf, um ihn nach dir zu fragen. Dann warst du plötzlich verschwunden, aber zum Glück hatten unsere Freunde gesehen, wie du diesem Mädchen gefolgt bist. Wer ist es?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Albin. »Gehört sie nicht wie du zur Dienerschaft?«
Egin schüttelte entschieden den Kopf. »Ich habe einen guten Blick für Gesichter, du hast es selbst bemerkt, Prinz. Diese Elbin sehe ich heute zum ersten Mal.«
Die vermeintliche Dienerin war aufgestanden und versuchte, sich an Findig und Egin vorbei zum Ausgang der Höhle zu schleichen. Als Findig sie festhalten wollte, wich sie ihm mit einem schnellen Sprung aus. Dabei verlor sie das Gleichgewicht und stürzte rücklings in den Teich. Sie tauchte ganz unter. Als sie sich wieder erhob, hatte ihr Haar die helle Färbung verloren und leuchtete feuerrot.
»Schöne Grüße von den Rotelben«, knurrte Findig. »Sie haben es wahrhaftig gewagt, eine Spionin in Durins Burg einzuschmuggeln. Fragt sich nur, zu welchem Zweck.«
»Um Prinz Albin auf den Thron zu verhelfen«, antwortete die rothaarige Elbin, als sie aus dem Teich stieg. Mit einer energischen Geste strich sie das nasse Haar aus ihrem Gesicht. »Ich habe Albin gezeigt, wo er herkommt. Dein Zögern hat uns zu lange gedauert, Findig.«
»Wieso wusstet ihr von Albin? Und wie kannst du wissen, was bei Alwis' Ermordung vor sich ging? Du bist viel zu jung!«
»Ich weiß es von meinem Vater, dem es vor einiger Zeit einer aus Durins Garde berichtet hat, gegen ein gutes Entgelt, versteht sich. Mein Vater war es auch, der bei der Fischerinsel Albins unglaubliche Kraft spürte und sofort wusste, wen er vor sich hatte. Er schickte mich her, als du und Albin zu König Durin kamt.«
»Schön, und wer seid ihr, du und dein Vater?«
»Ich heiße Sundra. Mein Vater ist Rohon, König der Rotelben.«
»König der Rotelben?« Findig lachte laut. »Es gibt schon seit Generationen keinen Stamm der Rotelben und keinen Rotelbenkönig mehr. Erko war der Letzte, der diesen Titel
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