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Die Netzhaut

Die Netzhaut

Titel: Die Netzhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torkil Damhaug
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Tür.
    »Unfall oder Selbstmord«, stellte Roar fest.
    »Oder jemand hat nachgeholfen«, bemerkte Viken.
    »Løkkemo sagt, dass Berger den ganzen Nachmittag über Besuch hatte. Er hat mir eine SMS gezeigt, die das bestätigen könnte. Er hat sie ein paar Stunden vor seiner Heimkehr bekommen.«
    Vom Auto aus hatte Roar im Fernsehstudio in Nydalen angerufen.
    »Anderthalb Stunden, bevor er gefunden wurde, hat Berger seinem Produzenten eine Mail geschickt«, sagte er. »Darin bat er ihn, eine Erklärung im Fernsehen zu verlesen.«
    Er zückte sein Notizbuch und zitierte: »›Ich habe mich auf eine Reise ohne Wiederkehr begeben. Reue ist nutzlos, Vergebung sinnlos. Wenn Schluss ist, ist Schluss. Danach kommt – das Nichts.‹«
    »Ist das alles?« Viken wirkte weniger interessiert, als Roar gehofft hatte.
    »Die Mail wurde auch an
VG
,
Dagbladet
,
Aftenposten
und das norwegische Fernsehen verschickt. Das könnte als eine Art Geständnis verstanden werden. Er hatte ja so etwas wie eine Enthüllung vor laufender Kamera angekündigt.«
    »Und du glaubst, er hat dabei an diese Mail gedacht?«, brummte Viken. »Der Mann hat das Rampenlicht geliebt. Da bringt man sich doch nicht einfach um, beendet damit sang- und klanglos seine Talkshow und lässt die Nachricht von jemand anders im Fernsehen vorlesen.« Er schüttelte den Kopf. »Die Fernsehredaktion kann uns bestimmt etwas zum Inhalt der Sendung sagen.«
    »Viel wussten sie nicht«, entgegnete Roar. »Sie hatten zwar ein paar Gäste eingeladen, alles andere aber Bergers Improvisationsgabe überlassen. Berger hat vor der Kamera immer viel improvisiert, wollte sich im Voraus nicht allzu sehr festlegen. Der Produzent behauptet jedenfalls, dass Berger über seinen eigenen Tod sprechen wollte.«
    Viken stand auf.
    »Wer mich davon überzeugen will, dass wir es hier mit dem Selbstmord eines reuigen Mörders zu tun haben, der hat einen verdammt harten Job«, stellte er fest. »Rede du mal mit allen Nachbarn. Vielleicht kann uns ja irgendjemand bestätigen, dass Berger Besuch hatte.«
    Viken war schon im Begriff hinauszugehen, als er sich noch einmal umdrehte und die Tür hinter sich zuzog. »Und noch eins«, sagte er und schaute Roar durchdringend an. »Mir ist völlig egal, was du in deiner Freizeit treibst.«
    Roar zog unmerklich den Kopf ein.
    »Das ist deine Privatsache, da mische ich mich nicht ein. Aber solange wir ein Team sind, müssen wir uns aufeinander verlassen können, das ist dir doch wohl klar?«
    Roar hätte so tun können, als wisse er nicht, worauf Viken anspielte. Doch plötzlich spürte er eine ungeheure Wut wie schon lange nicht mehr. Wenn er jetzt den Mund öffnete, würde er dem Kommissar direkt ins Gesicht brüllen. Also entschloss er sich, den Mund zu halten.
    »Wenn du mir mitteilst, mit wem du gesprochen und wer dich mit Informationen versorgt hat, dann muss das der Wahrheit entsprechen. Sonst hat es keinen Zweck.«
    Mit diesen Worten ging Viken hinaus und zog die Tür hinter sich zu. Roar blieb nachdenklich sitzen und fragte sich,
was
keinen Zweck hatte.
     
    Die Nachbarn waren keine große Hilfe. Die ältere Dame, die eine Etage höher wohnte, hatte gegen halb acht Uhr abends ihre Katze hinausgelassen und meinte, ein Geräusch an der Haustür gehört zu haben. Wahrscheinlich war es Odd Løkkemo gewesen, der um diese Zeit angeblich nach Hause gekommen war. Die anderen Mitbewohner des Hauses hatten erwartungsgemäß viel auf dem Herzen, was Berger betraf. Ihre Aussagen wären unter Umständen für einen Zeitungsredakteur, zuständig für Leserbriefe, interessant gewesen, für die Ermittlungen waren sie vollkommen unerheblich.
    Gegen halb elf hatte Roar die Befragungen beendet. Er ging nicht noch einmal in Bergers Wohnung zurück, wollte Jennifer heute nicht mehr begegnen. Auf dem Weg zu seinem Auto erblickte er ein paar Techniker, die sich an einem schwarzen BMW zu schaffen machten, der Berger gehören musste.
    Er überquerte die Straße.
    »Habt ihr schon angefangen?«
    »Wir verschaffen uns nur einen ersten Überblick.«
    »Und, schon was Spannendes entdeckt?«
    Einer der Kriminaltechniker lächelte matt.
    »Was soll’s denn sein? Ein geladener Revolver? Ein blutverschmiertes Messer?«
    Roar lächelte zurück, während er im Regen stand. Vikens klare Worte gingen ihm immer noch nach.
    Der Techniker öffnete den Kofferraum. »Wir haben tatsächlich was gefunden. Ich weiß allerdings nicht, ob das von Interesse ist.«
    Er zog die Decke weg, die im

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