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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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wiesen wie anklagende Zeigefinger aus scharfem Stahl in unsere Richtung. Im Dämmerlicht des verblassenden Tages schimmerten ihre weißen Gesichter über der schwarzen Kleidung wie blanke Totenschädel. Eine Flucht war unmöglich, ebenso jeglicher Widerstand. Wir waren zu dritt, sie zu sechst; wir waren erschöpft, sie ausgeruht, besser bewaffnet und kampfgeschult.
    DeAriel trieb sein Pferd an und ritt langsam auf uns zu. Er sah noch immer aus, als hätte man ihn kopfüber in ein Faß voller Blut getaucht. Ein roter Schleier lag über seinen Zügen, seiner Kleidung, selbst seinen Händen. Das Zwielicht vertiefte die Schatten um seine Augen. DeAriel war Kardinal, einer der höchsten christlichen Würdenträger, doch in diesem Augenblick erschien er uns allen wie ein grinsender Dämon, aufgestiegen aus den Schlünden der Hölle, gebadet im Blut seiner Opfer.
    »Eure Überheblichkeit ist unerträglich«, sagte er leise, während er sich näherte. »Was glaubt ihr, gegen wen ihr kämpft? Gegen mich? Gegen ein paar Landsknechte?«
    Er zügelte sein Pferd jetzt außerhalb des Kreises seiner Engelkrieger. »Ihr habt euch gegen Gottes Willen aufgelehnt. Der Herr selbst ist es, gegen den ihr euch erhoben habt. Seine Macht ist es, die euch zerschmettern wird.«
    Als wollte der Himmel seiner Zustimmung Ausdruck verleihen, grollte in weiter Ferne ein Donner. Ein Gewitter war im Anzug.
    »Ihr lügt!« rief ich zu meinem eigenen Erstaunen. Ich deutete auf die Schwerter der Engelkrieger. »Sind es nicht diese Klingen, die uns töten werden? Und seid nicht Ihr derjenige, der den Befehl dazu gibt?«
    DeAriel verzog keine Miene. »Ich bin der verlängerte Arm des Herrn. Ich führe seine Befehle aus.«
    »Die Befehle des Papstes!«
    »Glaubst du das wirklich, kleiner Ketzer? Glaubst du, Papst Leo hätte mich hierhergesandt? Es gibt andere Mächte im Vatikan, die sich weit über jene des Heiligen Stuhls erheben. Mächte, die nicht schwach werden, wenn man sie mit einem Sack voll Gold besticht.«
    »Alexander hat das gewußt, nicht wahr?« Ich versuchte den Augenblick unseres Todes so lange wie möglich hinauszuzögern. Auch wenn ich dabei vorgeben mußte, von Dingen zu wissen, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Die Erwähnung des Borgia-Papstes schien mir so gut wie jede andere.
    Zu meiner Überraschung brachte Alexanders Name DeAriel gänzlich aus der Fassung. »Was weißt du davon?« fuhr er mich an. »Und was wissen andere?«
    Ich überlegte fieberhaft, was ich darauf erwidern könnte, doch der Kardinal schien meine Ratlosigkeit als Weigerung mißzuverstehen. Er starrte mich einen Augenblick lang mit versteinerten Zügen an, dann warf er plötzlich den Kopf zurück und stieß ein schallendes Lachen aus. »Du bist ein Spieler, Zauberlehrling. Ein Spieler und ein Narr. Du hast mit dem fetten Priester gesprochen, nicht wahr? Gregorius hat dir gesagt, was er während seiner lächerlichen Nachforschungen herausgefunden hat. Das ist alles. Du hast keinen Schimmer von der ganzen Wahrheit!«
    »Seid Ihr da sicher?« fragte ich mit schwankender Stimme. Meine Unsicherheit mußte ihm längst verraten haben, daß er recht hatte. In der Tat wußte ich nichts, was über Gregorius schmale Erkenntnisse hinausging.
    Sovieles blieb offen: Warum hatte der Borgia-Papst die Kinder vor dreizehn Jahren zu einem Trupp falscher Engel heranziehen lassen? Und welche Rolle spielte das Geheimnis, das die Ereignisse von damals umgab, bis zum heutigen Tag? Weshalb hatte DeAriel – oder wer immer hinter ihm stehen mochte – erst soviele Jahre später damit begonnen, alle Mitwisser des Auszugs der Erleuchteten zu beseitigen?
    Da stieß der Kardinal mit einem Mal einen markerschütternden Schrei aus. Ganz langsam senkte er seinen Kopf und blickte mit weit aufgerissenen Augen auf den Dolch, der aus seiner Brust stak. Zitternd hob er beide Hände, legte sie um den Griff und zog ihn mit letzter Kraft heraus. Eine Blutfontäne schoß wie eine Springflut bis über das weiße Haar eines der Engel. Dann stürzte DeAriel ohne ein weiteres Wort vom Pferd und schlug mit dem Rücken auf den Waldboden. Noch im Liegen preßte er seine Brust weit heraus, sein Kopf schob sich nach hinten, sein ganzer Oberkörper bildete einen Bogen. Und genau so ließ der Tod ihn erstarren, verzerrt, verkrampft, grauenvoller denn je.
    Noch während der Kardinal seinen letzten Atemzug verhauchte, wirbelten die Engel des Borgia herum. Suchend fächerten ihre Blicke durch die

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