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Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt

Titel: Die neue Historia des Dr. Faustus 01 - Der Engelspakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Scheitel bis zur Sohle, und doch stieß er wieder und wieder zu. Dann erst zog ihn einer der Gaukler von dem Leichnam zurück. Gisbrand selbst, der Magier und Heiler der Truppe, war nirgends zu sehen.
    Ich wußte nicht recht, an welchen der Gaukler ich mich wenden, wem ich danken sollte. Lara war die einzige gewesen, mit der wir gesprochen hatten, die übrigen kannte ich allein vom Sehen. Ein wenig unentschieden stand ich daher einige Schritte abseits und beobachtete das Ende des Kampfes.
    Die Gaukler hatten die restlichen Landsknechte zusammengetrieben. Vierzehn von Asendorfs Männern hatten den Angriff überlebt. Sie knieten jetzt entwaffnet am Boden, während die Sieger des Gefummels übermütig um sie herumsprangen, ihnen mit überzogener Gebärde drohten und das Ganze wie eine Aufführung ihrer Gaukelspiele erscheinen ließen. Die Männer und Frauen hüpften auf und ab, wedelten mit den Schwertern und schnitten Grimassen. So absurd dieser Anblick auf den Unbeteiligten auch wirken mußte, die Landsknechte stürzte er in heillose Angst und Verwirrung. Solche Gegner hatten sie zweifellos noch nie erlebt. Dabei schien ihnen vor allem die Unberechenbarkeit der Gaukler zu schaffen zu machen. Immer wieder surrten Klingen nur um Haaresbreite über ihre Köpfe hinweg. Die Soldaten waren keineswegs sicher, ob die Waffen ihre Schädel absichtlich oder ungewollt verfehlten. Tatsächlich aber schienen sich die merkwürdigen Gesellen mit ihren Opfern lediglich einen wilden Spaß zu erlauben. Und wer mochte ihnen das verübeln; sie hatten gerade ihr Leben aufs Spiel gesetzt, und zwei von ihnen hatten es verloren. Die beiden Gaukler lagen niedergestreckt zwischen den Leichen der erschlagenen Landsknechte. Auf Asendorfs Seite hatten neun Männer den Kampf nicht überlebt.
    Eine junge Gauklerin mit rotem Haar und einem Gesicht voller Sommersprossen hatte ihre Klinge fallengelassen und war neben einem ihrer toten Gefährten in die Knie gegangen. Während die übrigen ihre Anspannung in gemeinen Späßen mit den Gefangenen lösten, weinte die junge Frau bittere Tränen über dem Toten.
    Von schlechtem Gewissen getrieben trat ich zu ihr. Dieser Mann hatte sein Leben gelassen, um meines zu retten.
    Doch als ich nun nach besänftigenden Worten suchte, um die Frau zu trösten, fuhr sie plötzlich herum und sah mich mit versteinerter Miene an. »Er starb nicht für dich«, sagte sie schluckend. »Er ließ sein Leben für Gisbrand.«
    »Was ist mit Gisbrand?« fragte ich.
    Die junge Frau zerrte den Oberkörper des Toten in ihren Schoß und wiegte seinen blutüberströmten Kopf sanft hin und her wie ein Neugeborenes. Sie sah mich nicht an, als sie antwortete: »Der Hexenjäger ließ ihn foltern und töten. Asendorf hat Gisbrand ermordet.«
    »Wegen uns?« fragte ich betroffen und dachte wieder daran, mit welchem Haß der Junge den hilflosen Landsknecht erschlagen hatte.
    Ein Mann legte mir von hinten die Hand auf die Schulter. Er hatte dunkle Haut wie ein Muselmane, und an seinen Ohren waren goldene Ringe aufgereiht wie Jagdtrophäen. Auch ihn kannte ich aus dem Gauklerlager. Er führte mich einige Schritte von der Trauernden fort und sagte: »Gisbrand wußte, daß ihr zur Wartburg wolltet.«
    Ein Kloß in meinem Hals raubte mir den Atem. Es war also meine Schuld. Ich hatte in meiner Dummheit unser Ziel ausgeplaudert. Gisbrand und Lara hatten es beide gehört.
    Ich schloß für einen Moment die Augen und überließ mich einem qualvollen Schuldgefühl. Nur dumpf, wie durch eine Wand, hörte ich die weiteren Worte des Gauklers.
    »Asendorf und seine Männer kamen in unser Lager. Sie ahnten, daß wir Euch geholfen hatten. Sie drohten, uns alle zu töten. Gisbrand trat vor und nahm die ganze Schuld auf sich. Er behauptete, er hätte euch die Pferde ohne unser Wissen überlassen, da auch er ein Magier sei und deinen Meister bewunderte. Lara, die es besser wußte, mußte schweigen; sonst wären wir alle getötet worden. Asendorf ließ Gisbrand fesseln und zwang uns, dabei zuzusehen, wie er ihn langsam zu Tode folterte.«
    »Auch sein Sohn mußte zuschauen?« fragte ich entsetzt. Ich sah mich um und entdeckte den Jungen, wie er mit glasigen Augen in die lodernden Scheiterhaufen starrte.
    »Auch er«, erwiderte der Gaukler. »Es dauerte den ganzen Morgen, dann erst war Gisbrand tot, und Asendorf wußte, wo er euch zu suchen hatte. Wir sind ihm gefolgt, um Rache zu nehmen. Dies hier« – er deutete auf die haushohen Feuer – »war die beste

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