Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
Denkweise und ihr Leben nicht. Kurzum das, was er heute hautnah mitbekommen hatte, als er an Kristian Jaskos Stelle ganz vorn beim Rest der ehemaligen terranischen Schiffscrew gestanden hatte. Die drei gesellschaftlichen Klassen waren dennoch eins gewesen. Wie ein Mann hatten sie sich bewegt und wohl auch so gefühlt, als Moores aus Orion als kommandierender Admiral und Captain Heathen als Anführer der tot geglaubten Terraner aus Grenne ihre offiziellen Worte ausgetauscht hatten.
Das würde ein Zivilist wie Belian niemals verstehen können. Es hatte auch den Außenstehenden irgendwie bewegt, weil die Feierlichkeit neben der allgegenwärtigen Trauer um den toten Captain und hoffentlich auch um die anderen rangniedrigeren Militärangehörigen ergreifend gewesen war. Die Föderierten hatten ihre noch am Leben befindlichen Leute wieder in ihren Reihen begrüßt und später jene Ermordeten verabschiedet, die nicht mehr wiederkommen würden.
Ein Nachhall jener tiefen Empfindungen und vor allem der Trauer um Abraham bestimmte immer noch Belians Emotionen. Auch Stunden danach noch.
Er nahm sie sogar mit in Commodore Yons Kabine, nachdem ein pummliger Leutnant Mitte dreißig die Besucher zunächst gemeldet und dann eingelassen hatte. Obwohl es das Privatquartier des Commodores war, stand darin ein zusätzlicher Schreibtisch, dessen Computer jetzt von dem Leutnant heruntergefahren wurde. In einem anderen Leben hatten Francis Garther, Julien Niven oder Jeffrey Abraham vielleicht unter ähnlich beengten Bedingungen für den toten Commodore Leal gearbeitet. Der Vergleich ließ Belians Trauer wieder an die Oberfläche steigen.
Erst nachdem der Stabsoffizier fort war, erhob Yon sich von seinem eigenen Stuhl. Anscheinend gab er Stephen Garther ein Zeichen, denn der Commander rührte sich endlich wieder und dolmetschte umgehend für seinen Vorgesetzten.
„Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Monsieur Belian. Wir haben Sie gestern Abend beim Dinner auf der Orion’s Fame vermisst, obwohl Sie natürlich jedes Recht hatten, sich diese Förmlichkeiten zu schenken. Wie Sie jedoch durch Ihre familiäre Herkunft auch sicher wissen, kann man sich solche Gelegenheiten leider nicht immer ersparen. Manchmal ist wichtig, Flagge zu zeigen und zu repräsentieren, was man ist.“
„Ich befürchte, ich verstehe nicht, worauf Sie hinaus wollen, Monsieur.“
„Natürlich tun Sie das!“, tadelte sein Übersetzer kaum hörbar auf Französisch, woraufhin der Commodore ihn auf Englisch zurechtzuweisen schien und dann in distanziertem Ton die Erlaubnis zum Platznehmen erteilte. Belian war dafür dankbar, denn sein einst gebrochenes Bein schmerzte immer noch vom langen Stehen im Hangar. Hoffentlich war dies nur durch das Ungewohnte verursacht und kein Rückschlag. Ansonsten würde Belian künftig womöglich erneut einen Bewegungstherapeuten für die richtige Gymnastik brauchen.
Hier, in der ureigensten Domäne der Terranischen Navy, herrschte wohl auch eine sehr strenge Etikette. Nicht nur der Feind bediente sich eines unbequemen Tones und deutlicher Zurechtweisungen. Das war schade, aber keineswegs überraschend.
‚Vielleicht werden meine Beobachtungen und Einschätzungen tatsächlich noch einmal jemandem nützen können.’ Unter Umständen würde er sich damit die Gnade seines Vormunds erkaufen können, so sehr es Belian auch widerstrebte. Ein potenzieller Informant besaß schließlich einen gewissen Wert, wie die Terraner durch ihr Interesse an ihm eindeutig bewiesen. Das musste doch auch umgekehrt möglich sein! Zumindest falls Terra ihn vorher gehen ließ, aber das konnte wiederum ganz einfach herausgefunden werden. Ob es dann auch stimmte, nun ja. Man würde sehen. Stephen Garther würde sich hoffentlich dafür verwenden, wie er angekündigt hatte. Der Commander aus guter Familie besaß zweifellos Einfluss, da er so jung schon ein eigenes Schiff kommandierte. Garther wollte sicherlich keinen ‚feigen Pazifisten’ in seiner Navy haben!
„Dürfte ich eine Frage stellen?“ Am besten war wohl, nicht zu unterwürfig zu erscheinen.
Jetzt musste der Commander für den Vorgesetzten übersetzen, obwohl doch eigentlich der Schiffskommandant selber von Belian gemeint worden war.
„… Mister Belian“, war Yons Entgegnung, die prompt übertragen und ergänzt wurde:
„Natürlich, Monsieur Belian. Fragen Sie.“
‚Er dolmetscht nicht richtig!’ Auf diese Möglichkeit war Belian noch gar nicht gekommen. Er hatte plötzlich jäh das
Weitere Kostenlose Bücher