Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
Abneigung befindlicher Blick in Richtung des Leutnants klärte die Dinge auf.
„Du bist Zivilist, Julien?“
„Monsieur Niven hat heute im Anschluss an die Gedenkveranstaltung auf eigenen Wunsch seine Uniform niedergelegt, nachdem Commodore Yon ihn vom Dienst entbunden hat. Dies war ihm aufgrund der in Grenne vorgefallenen Ereignisse und unserer Militärstatuten möglich, obwohl ihm auf einer der Föderationswelten so oder so eine voll funktionsfähige künstliche Armprothese angepasst wird. Er wird diese Flotte dennoch als Zivilist an Bord eines der Hilfsschiffe nach Orion oder Terra begleiten, je nachdem, wo Admiral Moores uns hinführt. Leider war das terranische Wehrgesetz noch nicht geändert, als wir Orion verließen. Oder vielleicht ist es das auch schon, aber da wir hier nichts davon wissen, gilt die alte Regelung.“ Stephen Garther sprach offen verachtend und brachte Niven damit auf die Palme.
„Jetzt hören Sie mir verdammt noch mal zu, Monsieur! Ich wollte mit achtzehn anfangen, Jura zu studieren und hatte sogar die Noten, um ein Stipendium einer renommierten Stiftung zu kriegen, als mein Gestellungsbefehl ins Haus flatterte! Ich habe keine Fahnenflucht begangen, wie so mancher andere, sondern ich habe die Akademie trotz meiner Schwächen in den Naturwissenschaften durchgezogen und mein Leutnantspatent erhalten wie jeder andere Offizier inklusive Ihres Bruders Francis und Ihrer Wenigkeit!“
Niven klang drohend.
„Ich habe für Terra meinen linken Arm in Grenne gelassen, als sie mir das Schiff, auf dem ich war, ohne Vorwarnung unter dem Hintern weggeschossen haben, bin nach drei Monaten Regeneration fast verhungert, während ich geschuftet habe wie ein Tier, um das Schiff mit in Richtung Nouvelle Espérance durchzubringen… habe mich monatelang einsperren und von einem Provinzgeheimdienst zusammenschlagen lassen, habe Zwangsarbeit geleistet und bin schlussendlich fast zu Tode gefoltert worden… bis man mich gefesselt und geknebelt zuerst in dieselbe Luftschleuse gestoßen hat, in der sie Jeffrey abgeschlachtet haben, und mich dann zur Krönung auch noch in eine Hinrichtungskapsel gelegt hat, in der ich um ein Haar tatsächlich verreckt wäre!“
Jetzt schrie der zum Zivilisten gewordene Offizier gar, während ihm Tränen in die Augen schossen. Seine leichte Erregbarkeit war zutage getreten wie eine Explosion.
„Mir reicht es scheißgottverdammt noch mal! Ich habe Depressionen, nehme Medikamente und kann keine Nacht mehr ruhig schlafen! Machen Sie das alles erstmal mit und stellen Sie sich anschließend hin, um zu sagen, dass Sie Ihren Dienst freiwillig und gerne neuerlich aufnehmen! Dann bin ich bereit, jemandem wie Ihnen zuzuhören! Erzählen Sie mir bis dahin aber bloß nicht, ich wäre ein Drückeberger, Commander! Würden Sie auch Kristian Jasko wieder in Dienst pressen? Ihn vielleicht zwingen, das alles noch einmal durchzumachen? Sie haben ja keine Ahnung, wovon Sie reden! Ich habe genug getan! Scheißgottverdammt noch mal genug!“
Jetzt schlug Niven die Hände wirklich vors Gesicht, aber als Belian ihn wie damals in der Zelle trösten wollte, riss der Mann sich los. „Lass mich! Lasst mich doch alle in Ruhe!“
Der dies begleitende Blick ließ Belian zurückstolpern und gegen den Schreibtisch des Commodores prallen.
„Wegen Leuten wie Ihnen wird der Feind vielleicht irgendwann gewinnen! Ja, was Sie erlebt haben, ist schlimm, aber Sie stehen damit nicht allein! Captain Heathen, Commander Maitland und auch mein Bruder Francis waren wie der unglückliche Leutnant Jasko mit Ihnen zusammen dabei, und selbst ein siebzehnjähriger Junge, der manches miterlebt hat, verfügt über mehr Mumm in den Knochen als Sie!“
Garther vergaß sich und Belian völlig, aber er herrschte den wenige Jahre jüngeren Widersacher auf Französisch an, damit der perplexe und von dem violenten Wortgefecht vollkommen überrollte Yon es nicht verstand.
„Was Sie tun, ist Fahnenflucht! Die Föderation braucht Offiziere! Beispielsweise im Stabsdienst, wohin auch mein kleiner Bruder zurückkehren wird! Ist das denn wirklich zu viel verlangt? Parasiten wie Sie und Ihresgleichen wollen doch immer nur nehmen, aber nie etwas geben! Das ist über alle Maßen schändlich! Und dann beklagt man sich, dass die Navy dies und das nicht kann! Ja wie denn auch, wenn keiner bereit ist, zum Wohl der Allgemeinheit zwanzig Jahre Militärdienst abzuleisten?“
„Nein!“ Niven sah aus, als wolle er im Büro des Flaggoffiziers
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