Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
verbrachte Wahiri hier auch lange Jahre seines Lebens, aber dennoch. Ein Angriff, und alles hier war in Gefahr.
Remonel Delaigne hatte auf seinem Schiff Winterblossom einst womöglich auch so gewohnt. Sein Zuhause war nicht mehr. Andererseits hatte ein Commodore Yon selbst gesagt, die Berlin sei quasi eine Ausnahme. Ein Flottenschiff, das nicht kämpfte. Wahiri hatte sich vielleicht aufgrund dieser Versicherung so kostbar eingerichtet. Ein unbestreitbarer Vorteil eines ‚Frachtschiffers’. Genauso wie der größere Platz. Commodore Yons Kabine auf dem leichten Träger Vietnam war viel kleiner.
‚Nun weiß ich jedenfalls, wo die kostbaren Möbel des Kommandantenbüros der Raumstation hingekommen sind!’ Irgendwer hatte sich damit teilweise neu einrichten wollen. Jedoch definitiv nicht dieser Mann. Achmed Wahiri hatte es nicht nötig, denn er war hier zu Hause. Die Ausstattung war nicht unbedingt riesig teuer, aber auch nicht billig. Irgendwo dazwischen. Es war ein privater Ort zum Wohlfühlen. Das Reich des Commanders, in das er Belian bewusst bestellt hatte.
Vielleicht um ihn zu beeindrucken oder den neuen Statusunterschied zwischen ihnen herauszustellen.
Jeder der beiden vor drei Stunden wieder abgeflogenen Ducs und auch Jean Prévôts Vormund als Comte de Lille hätte vermutlich mit seinem Vermögen eines oder womöglich mehrere dieser Schiffe bauen können. Genauso wie Belians ehemaliger Familienvorstand. Und doch war der Duc d’Auvergne nicht mehr sein Vormund. Er selbst besaß nichts mehr außer dem, was die Terraner ihm gegeben hatten, und dem Medaillon seiner Schwester. Seine von Louise für ihn gepackte Tasche existierte längst nicht mehr. Seit der damaligen Ankunft auf der Raumstation hatte er die von ihr für ihn herausgesuchten Dinge nicht mehr gesehen.
Ein solcher Versuch, kleinlich auf dem Schicksal seines Besuchers herumzureiten, schien Wahiri jedoch fernzuliegen, obwohl er nicht aufstand, um Belian zu begrüßen. Der Commander saß auf der Couch und blieb auch dort.
Genauso wie ein beinahe noch älterer, bronzehäutiger und vor allem breiter Leutnant, der den cremefarbenen Sessel geradezu komplett ausfüllte. Auch jener Mann stand nicht auf. Seine ganze Aufmachung verriet die Ungezwungenheit dieses Beisammenseins bei einem Glas Alkohol. Der Leutnant war ebenso hier zu Gast, aber er hatte die Schuhe ausgezogen, als wäre er hier zu Hause. Ebenso die braune Jacke, unter welcher ein einfaches helles Shirt zutage getreten war. In der Hand des Mannes war ein Gegenstand, den Belian nicht kannte. Als der Kerl das Ende in den Mund steckte und daran sog, stieß er anschließend merkwürdig riechenden Rauch durch Mund und Nase aus. Das Zeug kratzte Belian im Hals und füllte längst beinahe den ganzen Raum. Wieso sprangen hier nur keine Feueralarmsysteme an? Das Ding brannte doch!
Starren war unhöflich, wie er merkte, als der Mann die Lippen verzog, weil Belian so gaffte.
Hastig riss der Siebzehnjährige sich zusammen und begann auf Englisch, so gut er konnte: „Hallo, Commander Wahiri…“ Er machte die notwendigen drei Schritte auf dem dunkelgrünen Teppich, der große Farbähnlichkeit mit einer Uniform aus Sirius aufwies. Wusste Wahiri das eigentlich? Diesen Gedanken galt es schnell zu verdrängen und den Übersetzungscomputer herzugeben. Irgendwie musste Belian sich verständlich machen und da er ohne diese Hilfe nicht klarkam, musste die Technik ihn unterstützen.
Jetzt stand der Besitzer dieser Kabine doch auf. Langsam und lediglich, um das Gerät anzunehmen.
Jenes, auf dessen Display stand:
Sehr geehrter Commander Wahiri, ich grüße Sie und wende mich hiermit in höflichster Form in einem für mich sehr dringlichen Anliegen an Ihre Person. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich empfangen und anhören würden.
Nun, zumindest seinen Empfang hatte er. ‚Anhören’ war vielleicht etwas unpassend ausgedrückt gewesen, aber der Terraner sah sicherlich, wie es gemeint war.
Bevor der Commander jedoch einen Blick auf das Display warf, sagte er äußerst langsam und deutlich auf Englisch:
„Guten Abend, Mister Belian. Der Herr ist Walther Steinhoff, mein Erster Leutnant. Bitte setzen Sie sich.“
Schön, der Jugendliche hatte die Silben gehört und würde sich die Worte womöglich sogar merken können. Das Erste war irgendein Gruß gewesen, das nachfolgende Zeichen war zu dem Leutnant gegangen, der namentlich genannt und hervorgehoben worden war. Die Geste mit dem Daumen
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