Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
verriet, dass es der ranghöchste Leutnant der Berlin sein musste. Der Mann schien auch sehr erfahren und vielleicht sogar älter als sein Vorgesetzter Wahiri. Und zum Schluss sollte der Siebzehnjährige sich auf die Couch setzen, was er auch angespannt und vorsichtig tat.
Der Leutnant unterzog ihn einer wortlosen Einschätzung, über deren Ausgang Belian nur spekulieren konnte. Er kam sich vor, als säße er auf glühenden Kohlen, während Wahiri endlich las, was für ihn bestimmt war und worüber Belian sich lange den Kopf zerbrochen hatte. Ihm war klar, dass Maitland sehr danach trachtete, dem Urheber der erlittenen Schlappe die Blamage und vor allem das brutale Entreißen der Lügnermaske heimzuzahlen. Belian hatte dem ehemaligen Leidensgefährten schließlich vor Dritten Dinge an den Kopf geworfen, die dieser garantiert nicht hatte hören wollen.
Diese beiden Männer hier empfingen ihn gleichfalls nicht freundlich. Der Offizier namens Steinhoff hatte ihn noch nicht einmal begrüßt. Er stand Wahiri jedoch sehr nahe. Er war hier, blieb auch hier, obwohl mehr Privatsphäre Belian lieber gewesen wäre, und bekam sogar zu allem Überfluss von seinem Kommandanten die englischen Worte vorgelesen.
Belian würde also nicht nur einen Terraner überzeugen müssen, sondern zwei. Umso schwieriger! Hätte er das doch nur gewusst, als er stundenlang auf Wahiris Einverständnis gewartet und sich vorzubereiten versucht hatte!
Steinhoff hatte er bis gerade noch nie gesehen. Vielleicht hatte der Untergebene des Commanders Dienst gehabt, als Commodore Yon mit den drei eigene Ziele verfolgenden Persönlichkeiten von Nouvelle Espérance vermeintlich ‚spontan’ auf die Verabschiedungsfeier gekommen war.
Die Erscheinung des Leutnants war jedenfalls nicht besonders positiv. Steinhoff war beinahe hässlich zu nennen, wenn man das denn so hätte beurteilen dürfen. Die Proportionen stimmten nicht, und dazu kam auch die massige Erscheinung. Unter Bürgern hieß das wohl salopper ‚fett’. Natürlich sollte man Menschen aber nicht nur nach ihrem Äußeren beurteilen, und Achmed Wahiri stieß sich auch nicht daran.
Nachdem er seinen Vertrauten über Belians Anliegen eingeweiht hatte, begann der Commander mit seiner Erwiderung. Den Übersetzungscomputer konnte er zwar bis zur Eingabe bedienen, aber den richtigen Knopf für die Übertragung ins Französische musste Belian selbst drücken. Darin hatte der Jugendliche längst Übung.
Wir wissen, weshalb Sie gekommen sind. Sie können froh sein, dass mein Sechster Lt. dabei war und kein Fan von Vitamin B ist. Ansonsten hätte er wohl kaum zu Ihren Gunsten ausgesagt, als zwei dienstältere und teils sogar ranghöhere Offiziere aus Commodore Yons Stab eine andere Version verbreitet haben. Cmdr. Maitland und Lt. Garther waren der Meinung, Sie hätten den Cmdr. zuerst und ohne jede Vorwarnung grundlos angegriffen sowie verletzt.
Nur einmal hatte der Commander von der Berlin dabei vielsagend auf Belians schillernde Wange geblickt, wo Andreas Maitlands erster Schlag getroffen hatte.
Der junge Gast war jedoch aus dem Konzept gebracht. Er hatte den Computer und wusste nichts mehr zu schreiben. Ob Wahiri wirklich ahnte, was Belian von ihm wollte? Das stand fast zu bezweifeln.
Vor allem aber ließ sich die Endgültigkeit, mit der sich der Bruch zwischen ihm und seinen ehemaligen Leidensgefährten soeben offenbart hatte, nicht mehr leugnen. Maitland hatte ihn fertigmachen wollen, und der leicht zu beeinflussende Garther hatte dabei mitgespielt. Auch er war von Belians Vorwürfen schwer getroffen worden. In Grenne hatte auch der Stabsleutnant damals nach eigener Ansicht Schuld auf sich geladen. Sie wog anscheinend viel schwerer als etwaige Dankbarkeiten gegenüber dem jungen Retter, der ihm in der Rettungskapsel beim Erstickungsanfall unter großer Mühe den Knebel entfernt und ihn auf diese Weise vor dem Tod bewahrt hatte.
Belian versuchte, sich wieder zu fassen. Er wollte seine Enttäuschung über Andreas Maitland und vor allem Francis Garther nicht zu offenkundig werden lassen. Er war nicht deshalb hier. Einen einmal eingeschlagenen Weg sollte man auch weitergehen. Allerdings musste er sich auf die neue Situation einstellen. Von seinem vorherigen Plan abweichen.
Ich danke Ihnen, dass Sie mich anhören, und auch Leutnant Auberg für seine Ehrlichkeit. Ich weiß zwar nicht, was ‚Vitamin B’ ist, aber wenn es darum geht, dass er es sich um einiger Kriegsgefangener willen
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