Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
von Belian erleichtert war, rann ihm dennoch eine Träne die Wange hinunter. Das Letzte war nicht gelogen gewesen, wie er deutlich erkannt hatte, aber ein nachgeborener Sohn heiratete stets nach dem ersten. Acht Jahre, vermutlich aber neun oder zehn, wenn nicht gar noch mehr. Und wer würde ihn dann noch wollen? Er würde irgendein Mädchen vor den Altar führen müssen, das einen oder gar mehrere Makel hatte und daher keinen besseren Bewerber hatte finden können. Jemanden, der genauso froh sein konnte wie er, überhaupt noch ein Familienbündnis schließen zu dürfen. Vielleicht würde es aber auch eine Gefährtin sein, die unfruchtbar war. Davon würde er natürlich niemals erfahren, oder höchstens nach der Hochzeit. Eine einmal in der Kirche geschlossene Ehe konnte nur Gott scheiden, indem er einen selbst oder den Ehepartner in den Himmel abberief.
Die Presse würde ihrerseits schon bald Spekulationen anstellen, warum der Erstgeborene des Duc d’Auvergne nicht wie alle anderen männlichen Angehörigen seines Standes mit achtzehn Jahren heiratete. Dann würden es alle wissen. Die ganze Welt.
Die Schande ließ Belian um Fassung ringen, während sein Vormund schwieg. Natürlich war hier der Versuch gemacht worden, es ihm so schonend wie möglich beizubringen und nur in Andeutungen zu sprechen, damit eine eher langsame Gewöhnung erfolgte, aber die Sache war trotzdem nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Die Fakten standen im Raum, oder vielmehr in der Fahrgastzelle des fliegenden Hybridgefährts. Enterbung.
‚Ob Paul es schon weiß?’ Am liebsten hätte Belian ihn umgebracht, als er sich das Gesicht vorstellte, das spätestens gleich leuchten würde. Natürlich würde der zum künftigen Duc gemachte Zweitgeborene dem vernichteten älteren Konkurrenten alles gleichfalls schon vom Gesicht ablesen können.
‚Und ich werde mein ganzes Leben lang zunächst von meinem Vormund und dann von meinem acht Jahre jüngeren Bruder abhängig sein. Ich werde Paul bei wichtigen Dingen um Erlaubnis fragen müssen, mein Verwaltergehalt von ihm bekommen und ihm folgen müssen, wenn er nach mir ruft. Er wird das Familienoberhaupt sein. An meiner Stelle!’
„Gottes Wege sind unergründlich.“ Im Ganzen hätte der Duc noch sagen müssen: ‚Er hat durch den Unfall und seine Folgen entschieden, dass du nicht der Herrscher der Auvergne wirst. Stell dich nicht gegen Seinen Willen!‘
Während des ganzen restlichen zweistündigen Fluges fiel kein weiteres Wort mehr.
Belian wartete nach der Landung äußerlich gefasst darauf, dass sein Vormund das Gefährt verließ, während in ihm der Sturm tobte. Ein Tornado, der jede Rationalität hinwegwirbelte und nur Chaos zurückließ. Das und völlige Zerstörung. Die Trümmer seines Lebens.
Nun wusste er, was Kristian Jasko und alle anderen Terraner gefühlt haben mussten, als König Alexander ihnen die Wahl zwischen ihrer Hinrichtung oder ihrer Unterwerfung plus lebenslanger Gefangenschaft auf Nouvelle Espérance gelassen hatte. Jaskos damaliger bester Freund, gleichfalls Leutnant wie er, war auf Terra verlobt gewesen. Zwei ältere Offiziere waren sogar verheiratet, während der ranghöchste Terraner wiederum zusätzlich auch noch eine siebenjährige Tochter hatte. Auf wie viele weitere Männer jener ausländischen Schiffsbesatzung das noch zutreffen mochte, ahnte Belian nicht einmal. Alle von ihnen galten zu Hause längst als tot und würden nie mehr eine Chance haben, das Gegenteil zu beweisen.
Dies aus dem Mund seines Freundes zu hören hatte ihn erstmals an der Richtigkeit der Entscheidung des Königs und somit am ganzen gesellschaftlichen System zweifeln lassen. Ein Kristian Jasko war nicht schuld an dem, was vor langen Jahrhunderten auf Terra geschehen war. Er hatte niemals einen Untertan des Königs verletzt, und doch behandelte man ihn und alle anderen terranischen Anführer wie Schwerverbrecher. Die Zerstörung eines schrottreifen Raumschiffes, auf dem ohnehin nichts Wertvolles mehr zu holen gewesen war, konnte doch kein Vergehen sein! Es war ihr Besitz gewesen, und doch hatte jene Kleinigkeit den offiziellen Hauptanklagepunkt dargestellt. Zuwiderhandlung gegen den Willen des Königs, obwohl nur ein in Diensten des Außenhandelsministeriums stehender Schiffsführer den Monarchen in jenem Augenblick in Holberg repräsentiert hatte.
„Grüße, Etienne. Wie waren deine Prüfungen?“
„Ich bin mir sicher, sie sind hervorragend“, verkündete der Duc betont freundlich an
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