Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)
sprang die Duchesse natürlich prompt darauf an.
„Ich denke, ich werde sie behalten. Sie ist willig und sehr ausdauernd.“ Beides war gelogen, obwohl Belian sich natürlich genau darüber klar war, dass es seine Schuld war. Sie war das Ventil für seine Wut gewesen.
Früher wäre das nie vorgekommen, aber die vergangenen Monate und insbesondere diese Woche hatten ihn zu einem anderen Menschen werden lassen. Zu jemandem, der hassen konnte. Zu einer Person, die lieber ein womöglich zuschanden gerittenes Pferd behielt als es seinem Kontrahenten zu gönnen.
Andererseits hatte Paul genau das natürlich vorausgeahnt und schickte zusätzlich zu seinem gehauchten „Schade…“ ein ganz kurzes boshaftes Grinsen.
Daraus wurde jedoch schnell eine Grimasse, als Louise, die dem kürzlich ernannten Erben wohl aus eben diesem Grund genau gegenübersaß, unter dem Tisch zutrat. Es war das Schienbein gewesen, wie Etienne Belian spontan schätzte.
‚Danke, Schwester!’
„Louise, muss das sein? Hör auf, so auf deinem Stuhl herumzurutschen! Das geziemt sich nicht für eine junge Dame, die in fünf Jahren einen Mann glücklich machen will!“
Dieser typisch gedankenlose Kommentar der Duchesse tat Belian weh und ließ die Wangen des Enterbten glühen. Er würde niemals heiraten, wenn er achtzehn war. Er war das fünfte Rad am Wagen.
Der Duc rettete die Situation und gebot in gewohnter Manier wie sonst auch immer: „Am Esstisch wird nicht gesprochen!“
Belian fiel pflichtschuldig in den fünfstimmigen Chor ein, der „Ja, Euer Ehren!“ murmelte.
Es war alles so heuchlerisch und schrecklich verlogen! Am liebsten wäre er von seiner heutigen Flucht gar nicht zurückgekommen, aber wohin sollte er schon reiten? Die Auvergne war und blieb eine Insel.
Der letzte Gang zog sich endlos hin, bis sie endlich aufstehen durften.
„Etienne, komm bitte auf ein Wort in die Bibliothek.“
Ganz im Gegensatz zu früher konnte ihn diese Anweisung seines Vormunds nicht mehr erschrecken. Was sollte schon noch kommen? Das Erschießungskommando, das die Terranische Navy kannte? Wohl kaum! Und alles andere hatte er schon hinter sich.
Von daher zogen seine kleinsten Geschwister sich völlig grundlos betreten zurück, und auch Louise sowie die manchmal so schrecklich taktlose und dumme Duchesse sorgten sich genauso ohne Anlass. Und Paul… nun, mit dem würde der große Bruder noch abrechnen. Irgendwann würde sich schon eine Gelegenheit dazu ergeben.
In der imposanten Bibliothek, die ihn früher einmal so eingeschüchtert hatte, blieb Belian entgegen der anderslautenden Aufforderung einfach stehen. Er leistete sich sogar ein Verschränken der Arme.
Der Familienvorstand nahm diese komplett ungewohnte stille Abwehr ohne Reaktion zur Kenntnis und setzte sich allein. Dann räusperte sich der Duc. „Mir ist klar, dass deine Lage nicht einfach für dich ist. Ich bin jedoch sehr beunruhigt über dein Verhalten.“
‚Mir ist so was von egal, was du über mein Verhalten denkst.’ Nur ganz kurz schreckte er vor diesem radikalen Gedanken zurück, aber dann kostete er ihn voll aus. Was hatte er schon noch zu verlieren?
Das kurze Verziehen des Gesichts fehlinterpretierend fügte der Duc an: „Ich kenne dich nicht mehr, mein Sohn. Heute stürmte Monsieur Jasko ins Haus und verlangte, mich sofort zu sprechen. Das musst du dir mal vorstellen! Er verlangte es! Und das auch noch in einem Ton…“ Ein Stocken der Stimme plus ein eindeutiges Schütteln des Kopfes. „Zu seiner Verteidigung muss ich vorbringen, dass er der festen Überzeugung war, du wolltest dich umbringen. Aus so etwas Dummem wie krankhafter Eifersucht und… wegen dem, was am Abschlusstag deiner Halbjahresprüfung gewesen ist.“ Nur ganz kurz trommelte der Gutsherr auf die teure Platte seines massiven Schreibtisches, der Belian niemals gehören würde. „Ist das wahr, Etienne? Hast du wirklich jemals daran gedacht, den Pfad in die sichere Hölle zu beschreiten?“
Die Anrede ‚mein Sohn’ hatte Belian die Lippen fast verächtlich kräuseln lassen. War er für den Duc wirklich noch ein Kind oder nur eine Altlast? Garantiert das Zweite!
„Ob das wahr ist, habe ich gefragt! Antworte mir und sag die Wahrheit, so wie es alle Belians d’Auvergne stets tun!“
„Alle außer Euch selbst, Euer Ehren!’ So etwas durfte natürlich nicht vorgebracht werden. Also formulierte Belian seine Antwort kühn diplomatisch: „Es ist nicht wahr. Das sage ich Euch so aufrichtig wie Ihr mit
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