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Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Titel: Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Finius
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in schädliche Grübeleien und die nachfolgende dumpfe Verzweiflung zu verfallen. Einmal hatte er am Anfang jenen Fehler begangen, kurz nachdem er sich nach einem probeweisen Rütteln an der abgeschlossenen Tür völlig aufgelöst auf die harte Matratze des viel zu schmalen Bettes geworfen hatte.
    Sein mögliches künftiges Schicksal hatte ihm düster vor Augen gestanden: auf ewig die gleiche Behandlung wie die Terraner sie auf Nouvelle Espérance erfahren hatten. Gefangen, isoliert, einsam und als unterstes Glied der terranischen Gesellschaft völlig rechtlos. Er würde nicht einmal nach der Volljährigkeit seines kleinen Bruders heiraten können, sondern schlicht und ergreifend nie.
    Schon wenige Stunden nach dem Beginn seiner Einschließung in diesen kleinen Raum kämpfte er außerdem gegen die Platzangst, obwohl er noch nie Klaustrophobie gehabt hatte. Zu Hause auf Gut Auvergne hatte er manches Mal Zimmerarrest gehabt, aber da gab es wenigstens ein Fenster zum Hinausschauen und ein Leben außerhalb. Auf der anderen Seite des Metalls gab es nur das feindliche kalte Nichts. Hatte Belian wirklich früher mal Nouvelle Espérance aus dem All sehen wollen, wie einer seiner Onkel es getan hatte? Ja, es mochte vielleicht ein schöner Anblick sein und hatte ihn von Sternenreisen träumen lassen, aber die Idee war eben nur eine hypothetische Wunschvorstellung gewesen. Ein Titelerbe verließ seine Heimatwelt nie, aber ein solcher war er nicht mehr.
    Stattdessen war er ein verachtenswerter Krüppel und eine im Grunde wertlose Geisel, die außer seiner in dieser Hinsicht leider nicht sehr einflussreichen Schwester Louise niemand vermisste. Was auch immer die Terraner vielleicht künftig vom Duc d’Auvergne erwarteten, sie würden es garantiert nicht von ihm bekommen. Und dann würde Belian sterben, ohne dass sein ehemaliger Vormund auch nur im Geringsten am Wohlergehen seines ältesten Kindes interessiert war.
    Wenn er über diese Dinge nachdachte, sich seiner grenzenlosen Verlorenheit und Hilflosigkeit bewusst wurde, drehte er durch. Er war kein Terraner, und irgendwann würde er im Gegensatz zu den sechs Offizieren die Wände hochgehen. Sich womöglich umbringen wollen wie ein Kristian Jasko oder ein schreckhaftes Nervenbündel werden wie manche der anderen. Zwei Jahre würde er die Haft im Gegensatz zu Jeffrey Abraham und seinen Leutnants nicht überstehen, und bis Terra waren es ja allein mehr als zwei Jahre. Und was sollte dann schon kommen? Nur ein anderes Gefängnis.
    Um sich davon abzulenken, beschäftigte er sich lieber. Er dachte über seine Beobachtungen nach und versuchte, dazuzulernen. Seine persönlichen Erinnerungen oder die Gedanken an seine Zukunft versuchte er abzuschalten.
    Er würde dringend Englisch lernen müssen. Verstehen und verstanden werden. Außerdem war das etwas, worauf er sich geistig einlassen konnte. Vielleicht traf er ja Ginnes Rosil noch einmal wieder oder jemanden wie ihn. Einen Terraner, der zuhörte oder präziser formuliert ‚nett’ und ‚zugänglich’ war. Kristian Jasko hatte damals nach eigenen Angaben mit einem Computer Französisch gelernt. Das musste doch auch umgekehrt gehen! Belian würde also nach einem solchen Gerät fragen oder vielmehr darum bitten müssen. Sein Stolz war nämlich das Erste, was sie ihm genommen hatten. Direkt nach seinem Gepäck und unmittelbar vor seiner letzten persönlichen Kleidung.
    Das herrische französische ‚Ausziehen!’ des Übersetzers klang ihm jetzt noch in den Ohren. ‚Wir schauen dir schon nichts weg! Nur wenn du dich nicht beeilst, machen wir dir Beine!’
    Wieder schauderte ihn, und er zitterte vor Kälte, Zorn und Ohnmacht.
    Nein! Er würde nicht aufgeben! Es gab auch nettere Feinde. Mit ihnen würde er sich arrangieren. Vielleicht würde sich daraus eine Chance ergeben. Gott strafte die Hochmütigen, aber womöglich konnte Demut eine Wende hervorrufen. Könnte den Allmächtigen irgendwie dazu bringen, all das zurückzunehmen und ungeschehen zu machen.
    Die Tür ging nach sehr kurzer Vorwarnzeit auf.
    „Raus!“ Der Übersetzer mit dem Dreieck am violetten Ärmel und ein zweiter Mann, der gar kein Schwarz daran hatte. Dafür lag die Hand an der offen im Gürtel getragenen Waffe.
    „Eine falsche Bewegung, und du bist dran.“
    Er war schon längst Geschichte, aber das wusste außer ihm selbst und denjenigen, die ihm das Ganze angetan hatten, keiner. Verschüchtert wickelte er sich aus der fast nutzlosen dünnen Decke und nestelte

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