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Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1)

Titel: Die neue Hoffnung der Föderation (Der Dezennienkrieg 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Finius
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elementarsten Biologielektionen wusste. Das und kleinste daran hängende Gewebereste waren geblieben. Großflächig und überall. Keine Schuhe, keine orangefarbene Häftlingskleidung, nur das zerfetzte menschliche Gewebe an den Wänden.
    Das war der Tod. Etwas für Belian bislang Unbegreifbares, das jetzt greifbar und real geworden war. Der Tod war die restlose Auslöschung des Lebens. Die unwiederbringliche Tilgung eines Menschen aus der Wirklichkeit.
    Verbrechen hin oder her, angesichts dieses Bildes war der junge Rekrut Chirac nicht der einzige anwesende Uniformierte, der sich nicht mehr beherrschen konnte. Vielen anderen ging es genauso. Sogar in den hinteren Reihen der zurückweichenden Masse hatte dieses grausige Spektakel auf gestandene Männer mit einem schwachen Magen denselben Effekt. Dutzende, nein Hunderte andere litten unter leichter bis mittelschwerer Übelkeit. Manche von ihnen kannten den Anblick eines durch das Vakuum Getöteten, aber er war immer gleich schlimm. Auch beim zweiten oder dritten Mal. Egal, wer der Tote früher einmal gewesen war.
    In diese zweite Kategorie der deutlich Affektierten, aber nicht Brechenden gehörten auch viele Offiziere. Für sie wäre undenkbar gewesen, sich zu übergeben, obwohl Ginnes Rosil sogar schwankte und von seinem gleichfalls etwas blasser gewordenen Commander gestützt wurde. Sie hatten zu den Militärangehörigen gehört, die aus Erfahrung gewusst hatten, wie es aussehen würde und deshalb nicht die erste Reihe gewählt. Nur das Bewusstsein, in Grenne gestorbenen Kameraden die letzte Ehre erweisen zu müssen und von Vorgesetzten beobachtet zu werden, ließ so manchen Offizier aus Sirius und sogar solche aus Alpha Centauri den eigenen Mageninhalt runterschlucken. Die wenigsten Anwesenden waren gänzlich unbeeindruckt. Insbesondere für Neulinge, die das zum ersten Mal sahen, war es grauenvoll.
    Auch in Belians Mund breitete sich ein saurer Geschmack aus und stieß auf den mit Spucke vollgesogenen Stoff des Knebels.
    Das war auch der Moment, in dem er voller Angst begriff, dass er ersticken würde, wenn er brechen musste.
    Er schloss die Augen, wandte sich ab und atmete hastig durch die Nase.
    Naples fuhr fort. Exekution Nummer zwei stand an.
    Der noch nicht an der Reihe befindliche Garther wurde hysterisch. Auch andere terranische Offiziere hatten ihre mühsam gewahrte Balance längst verloren. Jedes rationale Vorhaben hörte auf zu existieren. Todesangst und Grauen besiegten die selbst eingeredete Stärke. Beinahe alle Terraner waren am Ende, weinten, schrien oder bettelten. Nichts davon wurde klar hörbar. Sogar William Heathen war außer sich. Gerade er.
    Als die panischen Laute des zur wieder geöffneten Schleuse geschleiften, hilflosen Leutnants Belians Ohren erreichten, flossen auch bei ihm die Tränen. Er wollte es nicht hören, aber er konnte seine Hände nicht bewegen! Genauso wenig wie weglaufen.
    Der sonst so aufrechte Heathen bettelte, und jemand riss einen englischen Witz darüber. Einer der Feinde, denen der Anblick der Schleuse nichts ausmachte.
    Auch der Vice Admiral war noch zu Hohn fähig. Er tadelte auf Französisch: „Sie sind eine Schande für Terra und Ihre Navy, Leutnant. Ein Führungsoffizier pinkelt sich nicht vor Untergebenen in die Hose!“
    Es gab Leute, die darüber lachten. Zunächst wenige, dann mehr. Viele davon wohl pflichtschuldig.
    Belian konnte nicht mehr. Er konzentrierte sich nur auf seinen Magen und lavierte zwischen dem inneren Wunsch, zu fliehen, und demjenigen, möglichst schnell an der Reihe zu sein.
    Das Trommeln der Füße und das Wimmern des ältesten terranischen Leutnants verklangen. Nur das Weinen derjenigen, die nach ihm kommen würden, blieb, als die innere Schleuse zugefahren war.
    Etwas schlug gegen die Metalltür. Der in die beschmierte Kammer gelegte Heathen schlug oder trat von innen dagegen. Es war ein wortloser Schrei nach Hilfe, der natürlich ungehört verhallte.
    Niemand verdiente einen solchen Tod. Wo war Gott? Warum ließ er das zu?
    Naples gab einen bekannten Befehl. Belian atmete keuchend und hatte die Augen fest zugekniffen. Auch er würde es nicht durchstehen. Spätestens wenn Maitland gleich an der Reihe war und sich auch so wehrte wie der immer noch in der Kammer durch seine Tritte gegen die Schleuse um Gnade flehende Leutnant Heathen, würde auch Belian nicht mehr er selbst sein. Es ging einfach nicht.
    Als der Vice Admiral höhnische Worte von sich gab und das immer noch anhaltende Bollern

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