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Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition)

Titel: Die neue Lust am Essen: Vom Laster Nikotin und Fastlife zu Lebensgenuss und Slow Food (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermine Pfrogner
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vergaß vorübergehend sogar, dass ich ja nicht mehr rauchte und mich täglich mehr darüber freuen sollte. Im Moment interessierte mich aber nur eines: Wie werde ich den Barockengel los?
    Die ersten Tage des neuen Jahres verbrachte ich fast ausschließlich mit Recherchen und stieß bald auf den Zusammenhang zwischen Nikotinverzicht und Gewichtszunahme. Viele Experten bestätigten dieses Phänomen, waren aber beim Ausmaß der zu erwartenden Zunahme ziemlich uneins. Es gab auch welche, die die Sache einfach damit erklärten, dass Ex-Raucher in der Regel nur viel zu viel essen und sich das Mehr an Gewicht also selbst zuzuschreiben hätten. Mein Hausarzt lieferte mir schließlich eine durchaus logische Erklärung für das Phänomen. So erfuhr ich, woher das Fett kommt. Die Sache ist verblüffend einfach.
    Solange wir rauchen, führen wir unserem Körper Stoffe zu, die er nicht kennt, die er nicht mag, die ihn belasten und quälen und die er daher so schnell wie möglich loswerden will. Er tut dies, indem er den Stoffwechsel hochfährt, um das ungeliebte Gift im Rekordtempo auszuscheiden. Was immer wir in dieser Zeit essen, es hat keine Chance, lange in uns zu verweilen, und auch die üppigsten Speisen werden, noch bevor sie uns schaden können, gewissenhaft entsorgt. Nikotin als Abführmittel also, wer hätte das gedacht?
    Wenn allerdings das Gift wegfällt und kein Nikotin mehr nachkommt, schraubt unser Körper unverzüglich das Tempo zurück und weidet in aller Ruhe all die wunderbaren Stoffe aus, die ihm in den Magen kommen. Mit dem Ergebnis, dass jede Extrakalorie sorgfältig aufbereitet und sehr zu unserem Missfallen in Form von Fettpölsterchen als kostbare eiserne Reserve für schlechtere Zeiten an Bauch und Po, Schenkeln oder sonstwo deponiert wird.
    Dagegen hilft nur eines, meinte mein Arzt, und das ging ungefähr so: Raus aus der Trägheit, rein in einen Sportdress und dem Fett davonlaufen! Nichts leichter als das, möchte man meinen, ja, aber … Für jemand wie mich, der bisher so gut wie keinen Sport betrieben hat, zweifellos eine ziemliche Umstellung.
    Abgesehen von meinem täglichen Fußmarsch in die Schule, bescheidene fünf Minuten pro Weg, und kurzen Erfrischungsrunden im Meer, wenn es mir auf dem Urlaubsstrand zu heiß wurde, konnte ich absolut keine körperliche Betätigung vorweisen, die man Sport hätte nennen dürfen.
    In der Jugend und der Studienzeit war ich fallweise noch dazu bereit gewesen, einen Berg zu erklimmen oder in umgekehrter Richtung mit Schiern zu bewältigen, aber Berge und Schnee waren weit weg und meine kurze Begeisterung für Tennis scheiterte an meiner mangelnden Ausdauer in den Trainingsstunden und an einem lausigen Ballgefühl … Nein, ich war wirklich keine Sportskanone.
    Nun aber riet mir mein Arzt, neben einer ausgewogenen Mischkost mit viel Gemüse und wenig Fett, zu einem gezielten Ausdauertraining. Da genüge es vorerst schon, zu Fuß zu gehen, meinte er, und zwar möglichst flott und das drei bis vier Mal die Woche, zwanzig Minuten für den Anfang. Alternativ bot sich Schwimmen, Nordic Walking und natürlich Laufen an.
    Zwanzig Minuten flott zu Fuß gehen … Das musste ich doch hinbekommen. Dazu brauchte ich wirklich kein besonderes sportliches Talent und riskierte auch nicht, mich mangels Leistung bloßzustellen. Wenn als Belohnung die Vertreibung des Barockengels winkte, war es wohl einen Versuch wert.
    So kam es, dass ich eines Tages das Haus in der einzigen Absicht verließ, eine Runde zu gehen, egal wohin, und dass ich entdeckte, wie weit man flott gehen muss, bis zwanzig Minuten um sind.
    Siehe auch Anhang, im Kapitel „Die besten Strategien gegen den Barockengel“.

Couch-Potato addio!
    Mir war gar nicht bewusst gewesen, welch träges Leben ich eigentlich geführt hatte, als ich noch rauchte. Frische Luft war eher verpönt, außer in meinem Garten, wo überall bequeme Sitz-und Liegemöbel standen, die es mir jederzeit erlaubten, mich ganz entspannt der Lust hinzugeben. Auch die Rad-und Wanderwege der Umgebung waren nicht mein Revier, vertrugen sich doch die dort möglichen Aktivitäten kaum mit meiner Gewohnheit, mehr oder weniger ständig eine Zigarette in der Hand oder im Mund zu haben. Eher traf man mich da schon auf Caféterrassen oder in gemütlichen Gasthausgärten an.
    Während des Schuljahres war mein Alltag ziemlich klar strukturiert und sah ungefähr so aus: Früh aufstehen, für meinen Biorhythmus fast immer zu früh, ein schnelles

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