Die neue Lustschule
therapeutische Potenzial guter Sexualität verloren geht.
So wird jeder Mensch entscheiden müssen, ob er aus Gründen seelischer Verletzungen und sozialer Belastungen den Willen zur Lust opfert oder ob er mit dem Willen zur Lust auch seinen seelischen Verletzungen und sozialen Belastungen hilfreich begegnen will. Der Wille zur Lust fördert die Verminderung innerseelischer und beziehungsdynamischer Konfliktspannung und verminderte Konfliktspannung befördert die Lustchancen. Der Wille zur Lust in einer befriedigenden Beziehung ist gerade kein Rückzug ins nur Private oder Unpolitische, sondern die beste Voraussetzung dafür, sich aktiv und realitätsgerecht, auch politisch und gesellschaftlich, engagieren zu können
Die sexuelle Not in Partnerschaften lässt sich lindern, wenn folgende Schritte bedacht werden:
• der Wille zur Lust als Voraussetzung;
• die Wahrnehmung, Reflexion und Kommunikation der eigenen sexuellen Bedürfnisse und ihrer Behinderungen;
• die Akzeptanz von Verschiedenheit und das Interesse an ihren Hintergründen;
• das Verhandeln und Abstimmen der vorliegenden Bedürfnisse;
• die Verantwortungsübernahme für vorhandene Behinderungen;
• die zu übende sexuelle Praxis, verbunden mit nachfolgender Reflexion und Kommunikation des Erlebten und des Geschehens.
Wer mit einem dieser Schritte unüberwindbare Schwierigkeiten hat, braucht Beratung und Psychotherapie.
Prostitution im Spiegel von Sex und Beziehung
Sexualität ist die Grundlage unseres Lebens. Bezogen auf die Fortpflanzungsfunktion wird wohl kaum jemand dieser Aussage widersprechen.
Verstehen wir Sexualität aber auch als eine wichtige Funktion der Salutogenese und der Beziehungskultur, gehen die Meinungen weit auseinander. Infolge repressiver Erziehung und moralischer Einschüchterung bis hin zur Ächtung sexuellen Lebens bestehen auch heute noch Tabus, Hemmungen, Heimlichkeiten, Schuld- und Schamkomplexe. Das ist immer ein guter Nährboden für vielfältige psychosoziale Konflikte und damit auch für körperliche Beschwerden und Symptome. Natürliches kann und muss kultiviert werden, wird es aber moralisierend unterdrückt und verzerrt, sucht es sich sein Recht auf Abwegen! Sexuelle Funktionsstörungen, Perversionen, kriminelles Handeln und eine große Zahl von Beziehungskonflikten haben ihre Ursache in einer jahrhundertealten sexualfeindlichen und bigotten kulturellen Fehlentwicklung, deren Folgen noch weiterwirken. Luststörungen sind mit Sicherheit eine wesentliche Quelle pathologischenVerhaltens. Sexualität ist immer mit dem Risiko verbunden, dass die dadurch hergestellte körperliche und seelische Nähe unerfüllte Sehnsüchte und Bedürfnisse nach liebevoller Zuwendung und Zärtlichkeit provoziert. Lust und Liebe werden dann zur Gefahr, schmerzliche und bedrohliche Erfahrungen zu reaktivieren. Um das zu verhindern, wird an einer lust- und sexualfeindlichen Erziehung und Moral festgehalten.
Bei aller Vielfalt und Aufgeklärtheit in sexuellen Angelegenheiten ist unser Verständnis für «orgastische Potenz» kaum entwickelt. Das lässt sich in vielen Einzelfällen immer wieder belegen. In aller Regel wird die eigene Behinderung oder Störung in Sachen lustvoller Entspannung mit rationalen, intellektuellen oder moralischen Gründen abgewehrt, um sich unangenehme Erkenntnisse und schmerzliche Einsichten zu ersparen. Wie wir gesehen haben, sind Hingabestörungen häufig Folge entwicklungspsychologisch früher Beziehungsdefizite und psychosozialer Verletzungen, die verborgen bleiben sollen.
Eine sexualfeindliche Einstellung kann aber genauso aus den zugrunde liegenden sexualökonomischen Verhältnissen resultieren, die Zugang, Raum, Zeit und Gelegenheit für sexuelle Kontakte ungerecht verteilen. Die dabei Benachteiligten werden das für sie Unerreichbare einerseits häufig diffamieren, andererseits sind sie aber auch anfällig für triebhafte «Durchbrüche», die leicht perverse oder kriminelle Formen annehmen. Bei einem Verzicht auf Sexualität oder der Behinderung des Zugangs zu sexuellen Aktivitäten wird in den allermeisten Fällen mit körperlich und seelisch pathogenen sowie sozial destruktiven Wirkungen zu rechnen sein. Auch die Prostitution hat im Mangel sexueller Kontaktmöglichkeiten ihre unversiegbare Quelle. So wird sich eine Gesellschaftimmer entscheiden müssen, ob sie Prostitution im Dienste sexualökonomischer Regulierung legalisiert, würdigt und sozial regelt oder nicht. Bleibt
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