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Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die neuen Großmächte: Wie Brasilien, China und Indien die Welt erobern - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Follath
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zum Haupttor hinaufsteigt und das Gebäude unter dem riesigen, alles überwachenden Staatswappen betritt, kann nicht anders als beeindruckt, fast ehrfürchtig sein – diese Haltung jedem Gast aufzuzwingen, dürfte die Absicht der Baumeister gewesen sein.
    Vor einigen Jahren war es mir vergönnt, einen Blick hinter diese Kulissen zu werfen. Ich war eingeladen, ein Interview mit dem chinesischen Außenminister Qian Qichen zu führen. Beeindruckender fast als das Gespräch mit dem Politiker waren das Procedere und das Ambiente.
    Schon am Eingang stand die stellvertretende Empfangschefin des Ministeriums, die mich dann nach einem Marsch durch endlose hohe Gänge in einen riesigen Raum leitete, wo weit hinten, sozusagen am Horizont einer großen Leere, schon die führende Protokolldame und ein Übersetzer warteten. Auf einer leicht erhobenen Bühne stand ein mit Blumenschmuck verzierter Tisch, aufgestellte Namenskarten ließen keinen Zweifel daran, wo man sich zu platzieren hatte. Überall waren, säuberlich abgezählt, Kekse und Teetassen platziert. Und über allem leuchtete ein roter Stern. Es war ein bisschen so, als hätte man das Olympiastadion für sich allein. Aber man konnte sicher sein, es gab irgendwo aufmerksame Zuschauer und Zuhörer. Qian Qichen, früherer Botschafter seines Landes in Moskau und sehr deutschfreundlich, erwies sich dann als ein äußerst liebenswürdiger Gesprächspartner, der sehr vorsichtig seine Punkte machte: Es gäbe gemeinsame Interessen mit dem Kreml, aber keine enge Freundschaft. Die Verschärfung der Weltlage sei im Wesentlichen eine Folge des atomaren Wettlaufs, nur China spreche sich für eine entscheidende Reduzierung der Nuklearwaffen aus. Wünschenswert wäre seiner Meinung nach eine wirklich multipolare Welt – ein Seitenhieb gegen die USA . Und in der Wirtschaft sei China bereit, »von gewissen nützlichen Elementen des Kapitalismus zu lernen«, er halte viel von einer »geplanten Marktwirtschaft, einer freien Ökonomie mit sozialistischen Charakteristika«. Und wie definiert sich dieser Zwitter? »Nach unserem Gutdünken.« Und was ist mit der Unzufriedenheit, den Dissidenten im Land? »Wir haben eine Bevölkerung von über einer Milliarde Menschen, da mag es eine kleine Minderheit geben, die anders denkt als die KP . Aber wir haben keine nennenswerte Opposition.«
    Nach dem einstündigen Gespräch gab es noch ein freundliches Händeschütteln, das auch von den zu diesem Zweck in den Saal geführten chinesischen Medien dokumentiert wurde. Eine adrette Protokolldame überreichte als symbolisches Geschenk der Volksrepublik eine nachgemachte Münze aus der Qing-Dynastie. Dann wurde ich wieder aus dem Saal hinauseskortiert, die Honoratioren zogen sich in die Kulissen zurück. Der freundliche, stets lächelnde Qian Qichen brachte es später dann sogar zum Vizepremier. Er lebt heute, hochbetagt und hochgeehrt, in einer der Kaderwohnungen in einem Kaderbezirk von Peking. Ein Mann als Kontinuum der chinesischen Politik. Die Zeiten aber änderten sich, das kommunistische Prestigegebäude mit ihnen – es verlor seine Exklusivität. Teile der heiligen Räume in der Großen Halle des Volkes wurden ganz profan für den Kapitalismus entweiht: Im Jahr 2009 durfte das amerikanische Country-Musik-Trio Lucy Angel hier einen Auftritt feiern, gegen fürstliches Honorar konnten sich auch der US -Autobauer Ford und die Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken mit ihren Festveranstaltungen einmieten.
    In einer Atmosphäre gepflegter, aber unspektakulärer Kompetenz sollte, nach der professionell durchgezogenen Jubelfeier um den neunzigsten Geburtstag der KP im Oktober 2011, dann Ende 2012 auch der Austausch der Persönlichkeiten an der Staatsspitze stattfinden. Einmal im Jahrzehnt fühlt sich die Partei zum Führungswechsel verpflichtet, da steht die Verjüngung an. Staats- und Parteichef Hu Jintao zog sich ebenso wie Premier Wen Jiabao aus der Führungsspitze zurück. Die beiden, damals schon fast siebzig, wollten Platz machen für Jüngere und dabei ihrem Volk, aber auch aller Welt zeigen: Die Volksrepublik ist ein Vorzeigestaat, in dem solch ein harmonischer Übergang reibungslos gelingt. Heute fällt das zusammen mit einer entscheidenden Weichenstellung, zentral nicht nur für China, sondern für die die gesamte Welt: Wie kommt das Riesenreich mit den sozialen Verwerfungen zurecht, dem skandalösen Arm-Reich-Gefälle, der grassierenden Korruption? Soll die Wirtschaft, die gerade erheblich an

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