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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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warum der Baron sich zurückzog.“
    „Weil er nicht sterben wollte“, erklärte sie. „Solange er den Raum noch nicht vollständig verlassen hatte, war er auf den Astralkörper dieser Frau hier angewiesen, deren Namen ich nicht über die Lippen bringe. Erst in dem Moment, in dem er vollkommen auf dieser Seite angekommen wäre, hätte er sich davon lösen können. Wenn sie vorher gestorben wäre, wäre auch er vernichtet worden. Offenbar ist seine Gefangenschaft nicht das Schlimmste, was er sich vorstellen kann. Er zog es vor, sich zurückziehen, solange er das noch konnte.“
    „Sie wussten Bescheid über den Baron?“, fragte Salvatore.
    Die alte Dame zog die Mundwinkel herab. „Was, glauben Sie, wird Ihnen ein Geograf antworten, wenn Sie ihn fragen, ob er weiß, wo Afrika liegt?“
    Salvatore musste über diese Antwort schmunzeln.
    Margarete aber blieb ernst. „Hätten Sie ihn auch vernichten können, wenn er erst einmal auf dieser Seite der Tür angekommen wäre?“
    „Kind“, erwiderte die Alte. „Was antwortet der Geograf auf die Frage, ob er die Sahara zum Blühen bringen kann?“
    Margarete rann eine Gänsehaut über den Rücken.

5
    Als Madame Spectre erwacht war, erfuhren sie, was sie bereits vermutet hatten: Sie war tatsächlich nach Falkengrund gekommen, um Lorenz von Adlerbrunn zu begegnen und zu befreien. Offenbar hatte sie es sich in den Kopf gesetzt, die Retterin und Partnerin dieses Spuks zu werden, seit sie durch Zufall von seiner Existenz erfahren hatte. Ein Gedanke, über den sie alle nur den Kopf schütteln konnten. Es war sinnlos, mit ihr tiefschürfende Diskussionen über ihre Beweggründe zu führen – sie tat, was sie für prickelnd und aufregend hielt. Sie war die Sorte Mensch, die weder zwischen Gut und Böse unterscheiden konnte noch eine gefährliche Situation als solche erkannte, ehe sie einen Tritt mitten ins Gesicht bekommen hatte.
    Diesen Tritt hatte sie heute bekommen, und die Dozentenschaft war ziemlich sicher, dass sie in Zukunft die Finger von Lorenz von Adlerbrunn lassen würde.
    Auch Kevin verabschiedete sich von Falkengrund. Der Anblick eines echten Spuks war ihm etwas auf den Magen geschlagen, und so verzichtete er auch auf das Abendessen, das ihm angeboten wurde.
    Nachdem Madame Spectre und Kevin C. Anders gegangen waren, saßen sie in der Halle an den Esstischen bei lecker duftenden Spaghetti Carbonara – die Dozenten, die Studenten … und eine streitbare alte Dame, die von der Köchin Ekaterini eine Portion auf den Teller bekommen hatte, die man mit der Lupe suchen musste.
    „Jetzt werden Sie mich bestimmt gleich fragen, ob ich mir vorstellen könnte, auf Falkengrund zu bleiben“, sagte Traude Gunkel. Beim Aufklingen ihrer Stimme versank der Raum in tiefem Schweigen. „Als Mittelpunkt von Forschung und Lehre … und als Firewall zwischen Lorenz von Adlerbrunn und dem Rest dem Welt. Bin ich bereit, Verantwortung für eine Institution zu übernehmen, die mir eigentlich vollkommen gleichgültig sein könnte und die – lassen Sie mich es so formulieren – in jeder Hinsicht weit hinter den Zielen zurückbleibt, die sie sich setzt? Nein, nein, sagen Sie nichts! Ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen. Ja! Ja, ich nehme die Herausforderung an.“
    Das Schweigen blieb bestehen. Niemand wagte es, sich zu bewegen. Alle hatten aufgehört zu kauen und ihr Besteck abgelegt.
    „Danke, dass Sie mich nicht durch Applaus beschämt haben. Ach, und was ich noch sagen muss …“ Alle Anwesenden hingen an ihren Lippen und warteten voller dunkler Vorahnungen ihre Worte. „Ich kann mich nicht daran erinnern, in meinem Leben köstlichere Spaghetti Carbonara gegessen zu haben. Ich will hoffen, dass es noch einen Nachschlag gibt.“
    Eine verdatterte Ekaterini kam mit dem Servierwagen angefahren.

    ENDE DER EPISODE

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Nr. 25 -

Das Herz des Gladiators

1
    Es war die kälteste Nacht in diesem Jahr – ein echtes, aufrichtiges Stück Hölle auf Erden.
    Gorgon hatte eine gefrorene Ratte gesehen, mitten auf dem Parkplatz. Sie hatte nicht ausgesehen, als ob sie verletzt oder krank gewesen wäre. Vielmehr schien sie einfach am Asphalt festgefroren zu sein, weil sie sich zu langsam bewegte. Gorgon nahm sich eines für diese Nacht vor: Er würde nicht den gleichen Fehler machen wie die Ratte. Das Beste war, schneller als die Kälte zu sein. Kälte kroch – sie brauchte Zeit, und man konnte ihr entkommen, wenn man flink genug war. Doch wenn sie erst einmal tief

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