Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten
genoss die Wärme, die für einige Sekunden aus dem Inneren des Wagens dampfte, obwohl sie ihn noch mehr schwitzen ließ. Das Fenster fuhr wieder nach oben, doch Gorgon, der an der Karosserie lehnte, hatte nicht die Kraft, sich davon zu lösen. Unter der Motorhaube kam ebenfalls Wärme hervor. Er stellte sich vor, wie es wäre, darunter zu kriechen, sich in den Motorraum zu kuscheln wie in ein Bett und sich von der Hitze verbrennen zu lassen.
Er war weit von dem Zentrum des Spektakels entfernt, und der Ruf des Indianers drang kaum bis zu seinen gedämpften Sinnen durch. Eine hohle Stimme, die etwas rief, kein Wort, das in irgendeiner Sprache der Welt eine Bedeutung ergeben hätte – nur ein langgezogenes „Ooooo!“. Es war also soweit. Die Vorführung der Gladiatoren war beendet, die Kämpfe begannen. Für ihn würde es eine Farce werden: Wie konnte jemand, der sich kaum auf den Beinen zu halten vermochte, einen Kampf gewinnen? Eine rüstige Hundertjährige hätte ihn niederschlagen können, solange dieser Virus ihn von innen zerfraß.
Die Besucher stiegen jetzt aus ihren Fahrzeugen, dicht in Fellmäntel gehüllt, mit dunklen Russenmützen, Handschuhen und Schals vermummt. Ihre Chauffeure blieben in den Autos zurück, und die Motoren liefen weiter. Die Kämpfer brachen ihre Präsentation ab und versammelten sich am Ring.
Der Ring war nicht mehr als ein Kreis, den man mit Kreide mitten auf den Parkplatz gemalt hatte. Durchmesser: zehn Meter. Das reichte nicht nur für die Gladiatoren, um sich ungehindert zu bewegen, das reichte auch, um allen Zuschauern einen Platz in der ersten Reihe zur Verfügung zu stellen. Sie würden direkt außerhalb des Kreises stehen. Einige der Wagen waren so geparkt, dass ihre Scheinwerfer den Ring erleuchteten.
Gorgon war nicht einmal sicher, ob er es bis dorthin schaffen würde. Während er taumelnd ging, fuhr der weiße Mercedes im Schritttempo neben ihm her. Natürlich konnte er nicht einfach an die Scheibe klopfen und darum bitten, mitgenommen zu werden. Egal. Es war alles egal. Wahrscheinlich würde der Virus ihn in dieser Nacht umbringen, und selbst, wenn das nicht geschah, würde er zumindest mit der Strafe Bekanntschaft machen, die auf Regelbruch stand.
Als er am Ring ankam, standen die anderen fünfzehn Kämpfer bereit. Er sah nur ihre Füße, hob den Blick nicht bis zu ihren Gesichtern, wollte nicht sehen, ob Mitleid oder Schadenfreude in ihren Augen lag. Er stellte sich vor, dass alle einfach nur ihren Job erledigten, dass nichts Persönliches eine Rolle spielte. Das machte es leichter.
Sie nahmen ihn zwischen sich auf, und da sie eng Schulter an Schulter standen, fand er etwas Halt zwischen seinen beiden Nachbarn. Der Indianer hielt eine kurze Ansprache, deren Sinn Gorgon nicht verstand. Seine Gedanken schweiften immer wieder ab, und er fragte sich, was schlimmer sein würde: die Strafe für die sieben Niederlagen in Folge oder der Tod.
Die Auslosung folgte. Ein Wettbewerb bestand aus sechzehn Kämpfen, jeder von ihnen trat zweimal an. Das brachte ein strategisches Element ins Spiel und machte die Sache reizvoll. Wenn man seine Kraft im ersten Kampf vollkommen verausgabte, verlor man im zweiten schnell auch gegen einen schwächeren Gegner, der in der ersten Runde mit seiner Energie geschickt gehaushaltet hatte.
Der Indianer nahm seinen Hut vom Schädel und füllte ihn mit kleinen, mit Ziffern beschriebenen Kugeln. Jede Zahl war zweimal vorhanden, und auf diese Weise fanden sich die Gegner der ersten Runde. Das gleiche wurde noch einmal mit neuen Kugeln wiederholt, die Buchstaben zeigten. Damit standen die Paarungen fest, und der Indianer nahm die Wetten entgegen. Dabei kam es zu einem kleinen Zwischenfall: Ein mitgebrachtes Notebook berechnete normalerweise auf Knopfdruck die Quoten, doch wegen der Kälte funktionierte es heute nicht, ließ sich nicht einmal hochfahren. Einige der Besucher befürchteten schon, das Turnier müsse deswegen abgesagt werden, und Gorgon dachte einen Augenblick lang, irgendeine Macht im Himmel habe ihn gerettet. Doch der Indianer verblüffte alle, indem er die Berechnungen kurzerhand auf der Rückseite eines Flugblatts anstellte, das jemand aus der Tasche zog. Unter dem spontanen Applaus der Anwesenden sammelte er die Wetteinsätze und Unterlagen in einem Metallkoffer, den er schließlich einem der beiden Leibwächter übergab.
Die Gladiatoren wussten nicht, wie ihre Quoten standen. Sie erfuhren nur die Gesamthöhe der Einsätze – an
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