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Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten

Titel: Die Neuen - Herz des Gladiators - Nachbars Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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Jaqueline ließ den Wasserhahn los und wirbelte herum.
    Auf den ersten Blick konnte sie nichts erkennen. Es kam ihr vor, als wären ein paar kleine Pflanzen in der hintersten Reihe grüner geworden, aber das konnte nicht sein. Wenn sie die Augen zusammenkniff, konnte sie dort hinten winzige Bewegungen ausmachen, aber sie war nicht sicher, was sich da bewegte. Ihr erster Gedanke: Tierische Schädlinge hatten sich im Gewächshaus breitgemacht und krochen nun, aufgescheucht von der plötzlichen Nässe, über die Pflanzen, auf der Suche nach Trockenheit.
    Das musste es sein. Es gelang ihr, ihren Puls etwas zu beruhigen und sich langsam dem Beet zu nähern. Es war wichtig, dass Angelika ihre Unsicherheit nicht sah.
    Sie beugte sich über die Pflanzung, wobei sie darauf achtete, keine verdorrten Kräuter zu berühren. Jetzt, wo die toten Pflanzen mit Wasser benetzt waren, rochen sie intensiver nach Zerfall. Außerdem war draußen die Sonne herausgekommen, und hinter dem Glas wurde es allmählich heiß, was den Gestank nur verstärkte.
    Das Kraut, von dem die Geräusche kamen, war kaum zehn Zentimeter hoch, hatte kleine spitze Blätter und seltsam ovale weiße Blüten mit einem blauen Fleck in der Mitte, der sie wie Augen aussehen ließ. Hunderte blauer Blumenaugen, und es schien, als musterten sie alle Jaqueline – sicher hatte es etwas mit der Richtung des Lichteinfalls zu tun.
    Wo waren die Schädlinge, deren Bewegungen sie zu erkennen geglaubt hatte? Es gab keine Insekten auf den Pflanzen.
    Jaqueline vermochte diese Sorte Blume nicht einzuordnen, zumal sie nicht wie ein Heilkraut aussah. Sie schien die Trockenheit gut überstanden zu haben, am besten von allen. Ihre Exemplare standen in zwei sauberen Reihen hinter einem Wall aus dichten, feingliedrigen Kräutern, vermutlich Dill. Der Dill war längst gefallen und würde auch von Angelikas Fürsorge nicht mehr aufgerichtet werden, doch vor einigen Wochen musste er beinahe einen halben Meter gemessen haben. Zweifellos hatte er die niedrigen Pflanzen dahinter vollständig verdeckt.
    Das bedeutete, auch ein fremder Besucher – wie Werner – wäre an den Blumenaugen vorübergegangen, ohne etwas von ihrer Existenz zu ahnen.
    Das Rascheln wurde lauter. Jaqueline hatte den Eindruck, die Blätter der seltsamen Pflanzen würden sich entfalten. Mit winzigen ruckartigen Bewegungen klappten sie weiter auseinander, bis sie beinahe herzförmig waren.
    Die Pflanzen selbst waren es, die das Geräusch verursachten. Sie reckten sich aufgrund des Wassers, das sie gierig aufnahmen.
    Die Sonne brannte durch die Scheiben, und Jaqueline brach der Schweiß aus. Ohne den Blick von den seltsamen Blumen abzuwenden, ging sie rückwärts zur Wasserleitung zurück, eine Hand nach hinten ausgestreckt, damit sie nirgends anstieß. Sie öffnete den Hahn und stellte dann erst die Kanne darunter. Wasser spritze kalt und erfrischend auf ihre Hände, und das Rauschen überdeckte das leise Knacken der Pflanzen.
    Würden die Blumen eine Reaktion zeigen, wenn sie sich ihnen mit der gefüllten Kanne näherte? Sie drehte den Hahn zu und ließ es darauf ankommen. Täuschte sie sich, oder wirkten die Pflanzen interessiert? Bewegten sie nicht ihre augenartigen Blüten?
    Es war schwer zu sagen. Jaqueline stieß einen Schrei aus, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Angelika!
    „Au!“, machte Angelika. „Entschuldige bitte, wenn ich dich erschreckt habe. Ich wusste nicht …“
    „Schon gut.“
    „Was hast du denn da Schönes? – Hey, denen kann man ja beim Wachsen zusehen!“
    Das war jetzt übertrieben. Die Blumen wuchsen nicht. Sie streckten sich nur. Das war etwas anderes. Etwas Mechanisches.
    „Angelika“, flüsterte Jaqueline. „Wir gehen. Jetzt!“
    „Was? Aber warum denn? Es ist noch lange hell. Wir sind doch noch keine zehn Minuten hier …“
    Angelikas laute Stimme machte Jaqueline nervös. Was sie sagte und wie sie es sagte, gefiel ihr nicht. „Hier bitte!“ Sie reichte Angelika die volle Kanne. „ Ich gehe.“ Sie lief los, auf den Ausgang zu. Auch diese Tür hatte sich von alleine geschlossen – offenbar waren alle Türen hier so konstruiert. „Ich habe gesehen, was ich sehen wollte“, fügte sie schwammig hinzu. Der einzige Sinn ihrer Aktion war es, Angelika dazu zu bewegen, ihr zu folgen. War es das nicht, was Mädchen taten? Hinterherrennen, wenn eine von ihnen loslief?
    Jaqueline erreichte die Tür, drückte die Klinke und zog.
    Die Tür ließ sich nicht öffnen.
    Im ersten

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