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Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte

Titel: Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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Kunsthandwerk. Wertvoll war es ihnen aber durchaus: Es galt, recht einleuchtend, als Schweiß der Sonne, also der obersten Gottheit, und war für den Herrscher und seine Kulthandlungen reserviert.

    Ihr Reich nannten die Inka Tahuantinsuyo: die vier Teile. Diese reichten mit anderthalb Millionen Quadratkilometern zur Zeit der größten Ausdehnung des Inka-Reiches vom Río Ancasmayo in Südkolumbien über Peru bis nach Chile. In Richtung Osten drangen die Inka über den Rand der Anden nicht vor. Das Inka-Reich war mit erstaunlichen vierzigtausend Kilometern Straßennetz inklusive geknoteter Seilbrücken über schwindelerregende Schluchten und steiler, in den Fels gehauener Treppen, mit regelmäßigen Rasthäusern und einem Kuriersystem bestens erschlossen, so dass auch das abgelegene Machu Picchu in den Anden zu Fuß oder mit dem Lama problemlos erreichbar war. Gut trainierte Kuriere, die einander ablösten, schafften in fünf Tagen und Nächten schon angesichts der Höhenunterschiede beachtliche tausendachthundert Kilometer Strecke. Der Amerikaforscher Alexander von Humboldt rühmte insbesondere die Straßen der Inka als ein Weltwunder für sich.
    Als die Spanier 1524 von Norden her das Reich der Inka eroberten, lebten neun Millionen Menschen im Andenstaat der Inka, die Angehörigen von über zweihundertfünfzig Völkerschaften. Allein die Hauptstadt Cuzco war eine quirlige Metropole von geschätzten hundertfünfzig- bis zweihunderttausend Einwohnern.
    Schon vor der Ankunft der Spanier aber war der unaufhaltsame Aufstieg des Inka-Imperiums ins Stocken geraten. Von König Pachacútec ist eine Vision überliefert, die er 1471 – kurz vor seinem Tod nach 33 Jahren Regierung und Expansion – gehabt haben soll: die Vision einer nahenden Zeitenwende, mit der große, weiße, bärtige Männer die Epoche der Inka beenden würden. Pachacútecs Sohn musste sich in Chile mit der ungewohnten Erfahrung einer schweren Niederlage gegen das Volk der Arauken (Mapuche) abfinden, das sich partout nicht unterwerfen lassen wollte. Pachacútecs Enkel schließlich erfuhr von den weißen, großen, bärtigen Fremden, die in Ecuador an Land gegangen waren, und musste erleben, wie ein Großteil seines Volkes von durch die Europäer eingeschleppten und ihnen bereits vorauseilenden Krankheiten, vermutlich den Pocken, dahingerafft wurde. Als es auch den König traf, schwächtennachfolgende Thronwirren und Bürgerkrieg den Inka-Staat, weil der verstorbene König die Nachfolge nicht mehr hatte regeln können. Fortan stritten seine Söhne Huáscar und Atahualpa erbittert um den Thron und entfesselten einen Bürgerkrieg, bis hin zur Spaltung des Landes. Beides erleichterte den spanischen Konquistadoren die Arbeit erheblich.
    Und doch ist es erstaunlich, dass der Konquistador Francisco Pizarro, der 1526 zum ersten Mal Peru erreichte und von den Inka freundlich empfangen wurde, den wohlorganisierten Staat der Inka in wenigen Jahren in die Knie zwingen konnte. Lange war der bei seinen Männern geachtete, aber keineswegs beliebte Pizarro, nunmehr um die fünfzig Jahre alt, in seinen Bemühungen bei der Eroberung der Neuen Welt erfolglos geblieben, nun aber sollte er sein Ziel erreichen: Ruhm und Glanz als Konquistador im Auftrag des spanischen Königs. Christlicher Missionseifer war dem Analphabeten Pizarro völlig fremd – dazu waren ihm die Völker Amerikas zu gleichgültig –, nicht aber die Goldgier, denn längst war vom sagenhaften Reichtum der Inka die Rede.

    Atahualpa ließ noch seinen Inka-Bruder und Thronrivalen ermorden, bevor er bei einem grausamen Gemetzel der Spanier am arglosen Gefolge des Königs gefangen genommen wurde. So etwas wie ein Eroberungskrieg hatte noch gar nicht begonnen – angesichts der Inka-Soldaten waren die wenigen Spanier stattdessen auf List und Tücke verfallen. Während sie gleichzeitig Beutezüge in die großen Inka-Städte schickten, pressten die Eroberer ihrer königlichen Geisel ein unermessliches Lösegeld ab: Mehrere große Räume sollten bis unter die Decke mit Gold und Silber gefüllt werden. Als das erfolgt war, wurde der Inka-König trotz aller Bemühungen, Verhandlungen und Zusicherungen in einem Scheinprozess zum Tode verurteilt – was schonZeitgenossen und Gefolgsleute Pizarros entsetzte. Selbst der spanische König äußerte im Nachhinein sein Missvergnügen. Doch gaben sich die Spanier mit dem erbeuteten Gold nicht zufrieden, zumal der immense Zuwachs an Edelmetall durch die Eroberungen der

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