Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Iwans zum ersten Zaren Russlands, ein Großbrand Moskau heimsuchte. Weil das Volk als Sündenböcke Verwandtschaft des Zaren mütterlicherseits ausmachte, wurde ein Onkel Iwans in einer Kremlkirche erschlagen. Trotzdem entschied sich Iwan erst 1564 , endgültig aus dem Kreml auszuziehen – womöglich plante er auch den völligen Rückzug aus dem Herrscherleben. Als wäre es aus Trotz über versagte Liebe, ließ Iwan kurz vor dem den Russen so wichtigen Nikolaustag eine Karawane von Schlitten anspannen und verließ mitsamt Zarenschatz und wichtigen Ikonen, mitsamt Familie und Hofstaat den königlichen Palast. Die verlautbarte Abdankung setzte er zwar nicht um, der Zeitpunkt aber markiert eine Wende in Iwans Herrschaft: vom erfolgreichen Feldherrn und Reformator zum innenpolitischen Tyrannen ohne erkennbares Regierungskonzept und ohne weitere außenpolitische Fortüne.
Anfang des 17 . Jahrhunderts übernahm die Familie Romanow den russischen Zarenthron und behauptete ihn, wenn auch nicht durchgehend in direkter Stammlinie, bis zur Oktoberrevolution dreihundert Jahre später. Zuvor gab es noch ein polnisch-litauisches Intermezzo, bedingt durch die zerrütteten innerrussischenZustände nach dem Tod Iwans IV . Das mächtige Polen-Litauen mischte, auch im Wettstreit mit Schweden, im Kampf um den Thron der erloschenen Dynastie mit, unterstützte nacheinander zwei angebliche Zarensöhne als Thronanwärter und besetzte schließlich 1610 mit Unterstützung russischer Fraktionen den Kreml. Jetzt verlangte der polnische König Sigismund III . Wasa gar selbst die Zarenkrone, wurde aber 1612 aus dem Kreml vertrieben. Mit seiner Forderung, in Personalunion Polen-Litauen und Russland zu regieren, hatte er selbst in den Augen seiner russischen Parteigänger den Bogen überspannt.
Unter den frühen Romanow-Zaren wurden zunächst die Kremltürme durch Anbauten ersetzt und erhöht, so dass seine Silhouette markanter wurde. Nachdem weitere Brände schließlich zur Einsicht geführt hatten, dass Steinbauten geratener seien, ließ Zar Michail I . Romanow zunächst das später Terem-Palast genannte Gebäude errichten, das nach und nach weitere Wohnbauten für die umfänglichen Zarenfamilien nebst jeweiligem Hofstaat zur Seite erhielt. Außerdem traten zahlreiche kleinere Gebetskapellen für einzelne Romanows hinzu, deren elf Zwiebeltürme noch heute zum Bild des Kreml gehören.
Ebenfalls aus Stein neu errichtet und im 17 . Jahrhundert noch mehrmals ergänzt und umgebaut wurde der Sitz der Metropoliten und Patriarchen, von dem seitlich der Zwölf-Apostel-Kirche nur noch der Hauptflügel erhalten ist. Den ersten Steinpalast hatte der Moskauer Metropolit bereits Mitte des 15 . Jahrhunderts erbauen lassen.
Als 1701 wieder einmal ein Großbrand Moskau heimsuchte und auch die Residenz schwer gezeichnet zurückließ, kündigte sich damit an, dass das 18 . Jahrhundert im Unterschied zum vorangegangenen kein glückliches Jahrhundert für den Kreml werden sollte. An der Regierung war mit Peter I . dem Großen keinFreund Moskaus und des »alten Russland«, sondern ein westwärts gewandter Modernisierer, der zunächst wenig Neigung erkennen ließ, sich um den Wiederaufbau zu kümmern.
Immerhin befahl er anstelle eines abgebrannten Kornmagazins und zweier Adelsresidenzen den Bau eines Zeughauses im klassizistischen Stil, in dem Kriegsbeute ausgestellt werden sollte. 1713 jedoch verlegte Peter die Hauptstadt nach Norden, ins neu gegründete Sankt Petersburg an der Ostsee, zu der Russland im Großen Nordischen Krieg wieder Zugang gewonnen hatte. Der Umzug des Hofes brachte den Moskauer Kreml nicht nur um den gewohnten Glanz, sondern auch um das Geld, das nunmehr in der neuen Zarenresidenz verbaut wurde. Der Bau des Arsenals kam daher nur langsam voran, außerdem ging das Gebäude schon gut ein Jahr nach seiner Fertigstellung in Flammen auf. Zwar blieb Moskau eine gewichtige Größe im Zarenreich, schon weil es Schauplatz der prächtigen Zarenkrönungen und anderer Staatsakte blieb. Und doch: Für zwei Jahrhunderte musste Moskau hinter Petersburg zurückstehen und in dieser Zeit weitere, zum Teil verheerende Brände erleben. Schließlich waren erhebliche Teile der Kremlgebäude baufällig, manches musste sogar abgerissen werden. Immerhin wurde Ende des 17 . Jahrhunderts das Senatsgebäude errichtet, das wundersamerweise weder von Feuersbrünsten noch von späteren Umbauten entstellt wurde. Und immerhin plante Zarin Katharina die Große, die
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