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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Voraussicht bereitgelegt hatte.
    Jean seufzte. »Ghislaine, die Schwester des Herzogs, wurde vor fast zwanzig Jahren mit einem reichen, aber schwachsinnigen Freund der Familie verheiratet. Trotz seiner geistigen Mängel besitzt der Comte du Plessis-Fertoc eine wahre Rossnatur. Mit seinem baldigen Ableben ist nicht zu rechnen.«
    Marie konnte sich nicht erinnern, den Namen Ghislaine du Plessis-Fertoc schon einmal gehört zu haben. »Ist die Gräfin ebenfalls hier in Versailles?«
    »Nein. Sie muss sich an Stelle des Grafen um alle Belange kümmern, sie kann ihn nicht einmal wenige Tage alleine lassen.«
    Bedächtig wog Marie den Beutel in ihrer Hand. Alles in ihr weigerte sich, die Frage, die sich ihr aufdrängte, laut auszusprechen. »Soll ich das so verstehen, dass der Chevalier keine Beziehungen zu Männern unterhält?«
    »Zu niemandem aus Mariasses Gefolge. Und keiner von ihnen hat ihn je mit einem Mann gesehen. Einige waren darüber ausgesprochen betrübt.« Er nahm den Beutel mit einer kleinen Verbeugung entgegen und entfernte sich endgültig.
    Marie sank auf den Stuhl vor ihrem Frisiertischchen. Sie brauchte eine Weile, bis sie diese Mitteilung verdaut hatte, dann begann Wut heiß und unkontrolliert in ihr zu brodeln. Es war also kein Zufall gewesen, dass er in den salon des anges gekommen war. Er hatte keine Abwechslung gesucht. Er musste sie beobachtet und verfolgt haben, um ihr eine Lehre zu erteilen, weil sie ihn als Fötzchen des Herzogs bezeichnet und damit in seiner männlichen Ehre getroffen hatte. Deshalb ließ er auch die Veilchenpastille zurück, damit ihr klar war, wer sie bestiegen hatte.
    Marie blickte in den Spiegel. Ihre Züge glichen einer starren Maske. Das alles änderte nichts daran, dass er für sein Vergehen zahlen würde, sobald ihr eine brauchbare Idee gekommen war.
    Die gewünschte Idee kam ihr, während sie im Park spazierte. Sie wollte zur Menagerie und sich das seltsame Tier ansehen, das König Peter II. von Portugal als Geschenk an seine Majestät gesandt hatte. Es wurde Elefant genannt und kam aus einem fernen Land namens Afrika. Seine ungeheure Größe und die fürchterliche Fratze sorgten bereits für Angst und Schrecken in Versailles. Nadine und Sylvie hatten es gestern bestaunt und ihr voller Entsetzen davon berichtet.
    Marie blieb vor dem mit massiven Eisenstäben befestigten Gehege stehen und betrachtete das eigenartige graue Tier. Es schüttelte den massigen Kopf, bewegte die Ohren und ließ seinen Rüssel hin und her schwingen. Immer, wenn die beiden weißen Stoßzähne durch die Gitterstäbe glitten, wichen die Umstehenden mit einem kollektiven Aufschrei zurück.
    Marie blickte sekundenlang in die dunklen, traurigen Augen des Tiers, dann wandte sie sich ab, um den zahlreich herbeieilenden Neugierigen Platz zu machen, und beschäftigte sich weiter mit ihrem Problem. Sie würde dem Chevalier Gleiches mit Gleichem vergelten. Er sollte ebenfalls vor Lust schreien und erst, wenn es zu spät war, dahinter kommen, dass er benutzt worden war. In einer Weise, die sicherstellte, dass er niemals darüber sprechen würde. Sie wollte ihn ebenso demütigen, wie er sie gedemütigt hatte.
    Seine unverhohlene Aufforderung, sich an ihn zu wenden, wenn sie ihre Begegnung wiederholen wollte, kam ihr dabei sehr zugute. Die Idee war geboren, jetzt ging es darum, die Einzelheiten festzulegen und den endgültigen Fall des Chevalier de Rossac vorzubereiten.
    Zu dieser Vorbereitung gehörte, dass sie ihm zumindest freundlich gegenübertreten musste und ihn nicht völlig ignorieren konnte. Also zwang sie ein Lächeln auf ihre Lippen, wenn sie ihm in den Gängen begegnete, und flatterte kokett mit den Wimpern. Trotzdem achtete sie darauf, ihn nicht alleine anzutreffen und keine Gespräche zu provozieren, die sich um andere Themen drehten als das Wetter oder die Befindlichkeit des Elefanten.
    Bei den abendlichen Festen konnte sie nicht umhin, eine gelegentliche Aufforderung zum Tanz anzunehmen, gab ihm allerdings dabei keine Möglichkeit, sie in mehr als eine oberflächliche Konversation zu verwickeln. Sie schürte das Interesse des Chevaliers, hielt ihn aber gleichzeitig auf Distanz. Diese Tatsache bedeutete auch, dass sie bald handeln musste. Außerdem bemerkte sie, dass der Herzog den Chevalier immer öfter mit vermögenden Familien zusammenbrachte, in denen es heiratsfähige Töchter gab.
    Also trieb sie ihre Vorbereitungen rascher voran und war damit so beschäftigt, dass ihr nicht auffiel, dass

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