Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise
bedeckten die Wände und warfen ihr Spiegelbild zigfach von allen Seiten zurück.
»Danke, es ist alles zu unserer Zufriedenheit.« Sie nickte dem Lakaien zu, der sich mit einer Verbeugung entfernte.
Der Chevalier stand auf dem Podest und lehnte an einem Bettpfosten. Er hatte seine Jacke ausgezogen und die Maske abgenommen. »Ihr überrascht mich immer wieder, schöne Meisterin. Feuer, Ketten und ...« - er nahm einen Gegenstand vom Bett und kam damit auf sie zu - »... eine Gerte.«
Er ließ den dünnen Lederriemen durch die Luft sirren. »Dabei habe ich Euch für ein süßes Geschöpf gehalten, das die sanfte Seite der Liebe bevorzugt. Ein Küsschen hier, ein Küsschen da, ein wenig atemloses Stöhnen ...«
Sie nahm ihm die Gerte aus der Hand. Darauf hatte sie nicht geachtet. Es hatte nichts mit ihrem Plan zu tun. Spielerisch drehte sie den Stil der kleinen Peitsche in den Fingern.
»Der erste Eindruck täuscht oft«, sagte sie.
»Und niemand weiß das besser als Ihr«, entgegnete er glatt. »Also, werdet Ihr mich fesseln und meinen Körper mit Striemen überziehen?«
Sie sollte diese Diskussion abbrechen. Sofort. »Würde es Euch gefallen?«, fragte sie stattdessen.
Er blickte auf die Gerte. »Ich habe es noch nie ausprobiert. Aber wer weiß, wenn ich auf eine Meisterin dieser Disziplin treffe, bin ich geneigt, es zu versuchen. Schmerz, der die Lust erhöht, ein interessanter Gedanke, findet Ihr nicht?«
Er hob den Kopf. Die Intensität seines Blickes raubte ihr den Atem, und als er anfing, sein Hemd aufzuknöpfen, krampften sich ihre Finger um die Gerte. Sie hatte sich das Gehirn zermartert, wie sie ihn dazu treiben konnte, sich zu entkleiden, während sie selbst angezogen blieb. Das Schicksal meinte es gut mit ihr.
»Ein interessanter Gedanke, in der Tat«, murmelte sie und folgte dem achtlos beiseite geworfenen Hemd samt Halsbinde mit den Augen. »Ihr habt tatsächlich den Schneid, es durchzustehen?«
»Habt Ihr denn den Schneid, es durchzustehen?«, fragte er zurück.
»Mein Part ist zweifellos der angenehmere.«
Er neigte nachdenklich den Kopf. »Seid Ihr sicher? Ich stelle es mir wesentlich einfacher vor, meine Lust durch Schmerzen zu verstärken als dadurch, einem anderen Schmerzen zuzufügen.«
»Das heißt, Ihr würdet mich nicht mit der Gerte züchtigen?«
Mittlerweile hatte er alle seine Kleidungsstücke abgelegt. Er kam näher, völlig unbekümmert von seiner Nacktheit, und ließ seine Augen über ihre bloßen Schultern wandern. »Nein. Eure exquisite Haut durch rote Striemen zu entstellen, wäre eine Sünde, für die es keine Absolution gibt.«
Die Aufrichtigkeit in seiner Stimme brachte sie wieder einmal aus dem Konzept. Er nützte ihre Verwirrung und zog sie in seine Arme. »Eure Haut fleht danach, geküsst zu werden, Zentimeter für Zentimeter. In Samt und Seide gehüllt und mit edelsten Juwelen geschmückt zu werden.« Seine Lippen glitten über ihre nackte Schulter und erreichten ihr Ohr. »Nicht nur Ihr konntet unsere Begegnung nicht vergessen. Mir erging es nicht anders. Noch nie hat mir eine Frau solche Lust bereitet, Ihr seid für die Liebe geschaffen, Marie Callière. Venus beneidet Euch um Euren Altar.«
Sein Mund lag auf ihrem, bevor sie etwas erwidern konnte. Flüssiges Feuer lief durch ihre Adern, als seine Zunge die Innenseite ihrer Unterlippe liebkoste und tiefer tauchte. Die Gerte entglitt ihren Fingern, die über seine Arme wanderten und sich um seinen Hals schlangen. Sie konnte an nichts mehr denken, nicht an ihren Plan, nicht an Rache, nicht an den König, alles verschwamm zu einem flirrenden Kaleidoskop leuchtender Farben. Ihr verräterischer Körper presste sich bereitwillig an den seinen, rieb sich ebenso gierig wie schamlos an seiner Erektion. Er stöhnte in ihren Mund, und jeder Nerv in ihr erzitterte.
»Ich muss dich haben, ich kann nicht mehr warten.« Seine Stimme kam rau und abgehackt und brachte sie endlich doch zur Besinnung.
»Du wirst mich haben«, erwiderte sie atemlos und wand sich aus seinen Armen, um sich einen Schritt von ihm zu entfernen. »Es wird besser sein, als du dir in deinen kühnsten Träumen ausmalen kannst.«
»Ach, Marie.« Er sah sie mit einem Blick an, in dem sich Verlangen und Frustration mischten.
»Komm.« Sie ging zu der Stelle, wo die Ketten von der Decke hingen, und wartete mit klopfendem Herzen. Er folgte ihr und legte ohne ein Wort seine Hände in die Ledermanschetten. »Ist es das, was du willst, Marie? Mich fesseln und
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