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Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise

Titel: Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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hatten.«
    Tris, der begriff, dass sie jedes Wort bitterernst meinte, fühlte sich, als hätte sie ihm den Boden unter den Füßen weggezogen.
    »Kannst du mir in die Augen sehen und mir sagen, dass es nicht so ist? Dass alle meine Behauptungen einer eifersüchtigen, überspannten Fantasie entspringen?«, fragte Ghislaine trocken.
    Tris betrachtete die Spitzen seiner Stiefel. Er wünschte, er könnte es. Er wünschte, er könnte sie in die Arme nehmen und sie beruhigen. Ihr sagen, dass sie sich irrte, dass es keine Frau gab, nach der ihn verlangte, außer ihr selbst. Aber er konnte es nicht. Und diese Einsicht bewies ihm einmal mehr, wie gut sie ihn kannte. Besser als er sich selbst.
    Er hob den Kopf und sah sie an. »Nein, ich kann es nicht.«
    »Gut. Dann ist alles gesagt.« Sie wandte sich an ihren Mann, der selbstvergessen im Stroh saß und das Fohlen streichelte. »Komm, Jacques, wir fahren nach Hause.«
    Widerstrebend stand er auf. »Ich will auch ein Pferdchen, ein kleines, liebes Pferdchen. Das soll ganz alleine mir gehören.«
    »Wir werden sehen. Komm jetzt.«
    Sie gingen zur Stalltür und warteten auf Jacques. »Ghislaine, es tut mir leid. Wenn jemand dankbar ist, dann bin ich es. Du bist eine wunderbare Frau, ich werde unsere gemeinsame Zeit nie vergessen. Und wenn du deine Meinung änderst ...«
    Ghislaine strich mit der Hand über seine Wange. »Wir sind Nachbarn und bleiben auch in Zukunft Freunde. Ich trage dir nichts nach. Im Grunde wussten wir immer, dass es nicht für die Ewigkeit ist.«
    Er küsste die Innenfläche ihrer Hand. »Ich wünsche dir, dass du irgendwann frei sein wirst und dein Glück findest.«
    Ghislaine sah ihn mit einem melancholischen Blick an. »Dazu müsste ich anfangen, es zu suchen.«
    Sie gingen auf den Hof und ließen die Kutsche vorfahren. Tris blickte dem Gefährt nach und machte sich dann auf den Weg zu seinen Gästen.
    Marie wurde von ihnen umringt. Sie war zweifellos in ihrem Element. Die Sympathien flogen ihr zu. Er nahm ein Glas von einem Tablett und beobachtete sie. Ein glitzernder Edelstein in einem Haufen grauer Kieselsteine. Sie bevorzugte niemanden und gab jedem das Gefühl, ihm mit Interesse zu lauschen. Ihr perlendes Lachen schwebte im Zimmer, und ihre nackten Schultern schimmerten wie Perlmutt.
    Die Blicke der Männer ruhten voller Wohlgefallen auf ihr, die der Frauen voller Faszination, zu der sich bereits ein Hauch von Neid gesellte. Er bemerkte Troy, der abseits stand und jede Bewegung Maries mit brennenden Augen verfolgte. In seinem Gesicht vermischte sich Schmerz mit Verzweiflung zu einer Maske bitterer Traurigkeit.
    Tris wandte sich ab. Das Letzte, was ihm an diesem Abend noch fehlte, war die Erkenntnis, dass sich sein Bruder in seine Frau verliebt hatte.

19
    Marie befürchtete eine unerfreuliche Auseinandersetzung mit Tris, sobald sich die letzten Gäste verabschiedet hatten. Doch zu ihrer Überraschung passierte nichts. Er blieb so unbeteiligt, wie er schon den ganzen Abend hindurch gewesen war, und wünschte ihr mit knappen Worten eine angenehme Nachtruhe, von der sie sicher war, dass sie sie nicht haben würde.
    Die Comtesse du Plessis-Fertoc zu sehen, hatte eine Reaktion in ihr hervorgerufen, deren Ursprung sie lieber ignorieren wollte. Trotzdem kreisten ihre Gedanken um nichts anderes.
    Die Frau sah nicht aus, wie sie es von einer ehebrechenden Schlampe erwartet hatte. In ihrem Blick lag nichts Berechnendes, sie besaß Stil und Eleganz in einer dezenten, unaufdringlichen Art. Unter anderen Vorzeichen hätte Marie sie sympathisch und ihr Schicksal tragisch gefunden. Und die Tatsache, dass sie sich einen Geliebten hielt, vollkommen verständlich. Doch die Vorstellung, dass Tris in ihren Armen lag und ihren Namen rief, wenn er sich in ihr verströmte, brachte jegliches Mitgefühl in ihr zum Ersterben.
    Müde wälzte sie sich auf die andere Seite. Es sollte ihr gleichgültig sein. Ihr Ehemann hasste sie für das, was sie ihm in Versailles angetan hatte, und vermutlich auch dafür, wie sie vor nicht so langer Zeit sein Verlangen ausgenutzt hatte, um ihr Ziel zu erreichen. Anders war es nicht zu erklären, dass er ihr aus dem Weg ging, wann immer er konnte, und nicht einmal die Andeutung eines Versuchs unternahm, in ihr Bett zu schlüpfen.
    Aber es war ihr nicht gleichgültig. Sie wünschte sich, er würde ihr nur einen Bruchteil von Troys Aufmerksamkeit schenken. Sie wünschte sich, er würde ihre Träume nicht als kindisch abtun, sondern sie ernst

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