Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise
bereits Gerüchte über den prunkvollen Hof des Herzogs und seine legendären Feste gehört. Doch mittlerweile stand sie diesen Dingen abgeklärt gegenüber. Feste, Kleider, das alles reizte sie nicht mehr. Sie war mit ihrem Leben zufrieden. Im Großen und Ganzen zumindest. Tris weigerte sich noch immer, zuzugeben, dass er sie liebte. Oder zu akzeptieren, dass sie ihn liebte. Allerdings hielt er sein Wort, und sie schlief Nacht für Nacht in seinem Bett. Auch kam es durchaus vor, dass sie wesentlich mehr taten, als nur zu schlafen. Aber es änderte nichts zwischen ihnen. Er blieb reserviert, wenngleich nicht mehr so kalt und abweisend wie in den Wochen davor. Gelegentlich machte er ihr Komplimente, vor allem, was ihren Kontakt mit den Gästen betraf.
Es war nicht das, wonach sie sich sehnte, aber es war besser als nichts. Marie flüchtete sich in trockenen Fatalismus und lebte nur mehr für den nächsten Tag. Alle weiter reichenden Pläne hatte sie aufgegeben.
Das Schloss Belletoile samt seiner Ländereien gehörte zu den größten Besitzungen in der Provence, wenn nicht in ganz Frankreich. Die Feste dort waren ebenso legendär wie der riesige Park mit Teichen, Wasserspielen und einer Menagerie.
Der Wassergraben war zwar längst ausgetrocknet und die Zugbrücke durch einen gemauerten Zufahrtsweg ersetzt worden, aber die Größe des Bauwerks beeindruckte Marie dennoch.
Auch die Innenräume, die exquisite Möblierung und die unglaubliche Anzahl an Dienstboten, die herumwuselten wie Ameisen, erfüllten sie mit Erstaunen. Fanette erwartete sie in einer aus fünf Zimmern bestehenden Suite. Vom Schlafzimmer aus gelangte man auf einen Balkon, von dem aus man den Park überblickte.
Fasziniert betrachtete Marie zahllose bunte Arabesken aus Blumen, mit denen die Rasenflächen geschmückt waren; Fontänen, die sich aus Springbrunnen verschiedener Größen erhoben, und Statuen, die die mit Kies bestreuten Wege säumten. Die Sonne stand bereits tief, und zahlreiche livrierte Diener stellten Feuerbecken, Laternen und Fackeln auf.
»Gefällt es dir?« Tris war hinter sie getreten.
»Natürlich, wem würde das nicht gefallen?« Sie lehnte sich zurück und genoss die Stärke seines Körpers ebenso wie die Tatsache, dass er seinen Arm um ihre Taille legte und den empfindlichen Punkt hinter ihrem Ohr küsste.
Seit er von der Rückkehr des Herzogs und der Einladung erfahren hatte, kam Tris ihr viel entspannter vor. Sie hoffte, dass sich die Tage hier auch auf ihre Beziehung günstig auswirken würden.
Aneinander geschmiegt betrachteten sie die malerische Szenerie eine Weile, bis Tris sich schließlich von ihr löste. »Um acht wird das Dine serviert, wir sollten nicht zu spät kommen.«
Marie nickte. »Gut, ich werde mich beeilen. Du holst mich ab?«
»Ja, sonst verläufst du dich noch.«
»Diese Möglichkeit besteht ohne Zweifel.«
Mit Fanettes Hilfe, die alle Gewänder aufgebügelt hatte, war sie rechtzeitig angezogen und frisiert. Das Kleid, das sie trug, bestand aus fliederfarbenenem Satin mit rosa Bändern und Volants. Der modische Ausschnitt setzte sich auf ihren Oberarmen fort und entblößte die durch die Korsage hochgepressten Brüste und einen guten Teil ihres Rückens. Zwei gedrehte Locken fielen aus dem aufgesteckten, mit Seidenblumen geschmückten Haar auf ihre Schulter. Sie hatte Wangen- und Lippenrot benutzt und ein Schönheitspflästerchen unter ihrem Mundwinkel angebracht. Kohlestift betonte die Konturen ihrer Augen.
Es war lange her, dass sie grande toilette getragen hatte. Für die Feste in der Umgebung von La Mimosa bevorzugte sie einfachere Garderobe und verzichtete weitgehend auf Schminke. Doch dieser Rahmen erforderte etwas Besonderes.
Gerade, als sie sich fragte, wie Tris wohl reagieren würde, öffnete er die Tür und Marie blieb einen Moment lang die Luft weg.
Sie hatte erwartet, dass er einen der farbenfrohen Anzüge tragen würde, in denen sie ihn in Versailles gesehen hatte. Stattdessen war er in einen Justaucorps aus dunkelblauem Samt gekleidet, unter dem ein silbergraues Wams und ein weißes Hemd hervorblitzten. An Stelle von Schnallenschuhen trug er glänzende schwarze Stiefel mit hohen Absätzen, über deren Stulpen die Spitzen der Rheingravenhose fielen, die unter den Knien mit grauen Bändern festgebunden war. Der breite Gürtel, in dem sein Galadegen steckte, saß tief auf den Hüften. Auf eine Perücke hatte er verzichtet; sein Haar fiel offen auf seine Schultern.
Er sah so
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