Die Niete Im Bett
getan werden muss.
»Was soll denn geklärt werden?«, frage ich.
»Na, die Sachlage eben. Sie beweisen mit diesen Einladungen, dass Sie über den Dingen stehen, Leo.« Frau Krohn findet es gut, mich zwar beim Vornamen zu nennen, aber zu siezen, und sie möchte, dass ich auch Sie und Henriette zu ihr sage. Den Gefallen tue ich ihr gern, weil ich sie nämlich wirklich mag.
»Sie werden heute Abend durch Ihre Gästeschar schreiten, groß und erhaben wie einst Napoleon«, schwadroniert sie.
»Napoleon war fast zwergwüchsig«, korrigiere ich meine Nachbarin und schnippele Gewürzgurken.
»Dann halt eben wie … wie ein großer Herrscher«, sagt sie und denkt kurz nach. »Frei nach dem Motto: Was war, das war, und das macht mir nichts mehr aus.«
»Es macht mir ja auch nichts mehr aus.«
»Haha.« Mr. Bean, der plötzlich neben mir steht, rollt mit den Augen und scheint mir nicht ganz zu glauben.
»Und wenn es an der Zeit ist, werden Sie auch die Frage mit dem plötzlichen Aufbruch klären«, beschließt Henriette. »Im passenden Moment nehmen Sie die kleine Sarah zur Seite und fragen, was es damit auf sich hat. Sie werden sehen, es wird irgendwas Unbedeutendes sein, und schon ist alles vergessen, und Sie können gemeinsam drüber lachen.«
»Bestimmt«, sage ich.
»Haha«, macht Mr. Bean, und er sieht so aus, als müsste er gleich heulen.
Sarah
»Er ist doch nur mein Exfreund. Ich hab mit ihm Schluss gemacht, kurz bevor wir uns kennengelernt haben.«
»Warum hast du eigentlich mit ihm Schluss gemacht?«
»Weil …«
»Ach, ist doch auch egal.«
»Kommst du nun mit heute Abend? Er hat mich eingeladen.«
»Ist das der, der dauernd anruft und heult?«
»Genau der.«
»Wieso willst du dann da hin?«
»Weil ich ihm was schenken will.«
»Hä?«
»Er kriegt etwas ganz Besonderes von mir. Damit dieser Terror endlich aufhört.«
»Kapier ich nicht.«
»Das macht nichts. Was ist nun?«
»Ja, ich komme mit. Aber vorher will ich noch was ganz anderes machen.«
»Schon klar.«
Leo
Gut möglich, dass es ein Fehler war, alle meine Verflossenen einzuladen. Ich habe sogar Lara Struppenfrick, die aus dem Sandkasten, und Sabrina Hielscher, die mit der Blutsbrüderschaft, angeschrieben, nachdem ich sie bei Facebook gefunden habe. Und sie konnten sich beide sofort an mich erinnern und haben auch beide sofort zugesagt.
Und sonst kommen auch alle. Natürlich habe ich in die Mails geschrieben, dass die jeweiligen Partner selbstverständlich ebenfalls herzlich willkommen seien, hahaha, schließlich sind wir ja erwachsen, nicht wahr, und auch, wenn es lustige Kinder gibt, können die mitgebracht werden, ich habe ja nichts dagegen, wenn ich von diversen Seiten gezeigt bekomme, dass ich es mit 33 immer noch nicht fertiggebracht habe, Vater zu werden.
Ich schließe kurz die Augen.
Scheiße, das war ein Fehler.
Ich habe gar keine Lust zu feiern.
Aber ich kann ja schlecht ein paar Stunden vorher alles wieder absagen. Ja, natürlich könnte ich das, aber wie würde das denn aussehen? Davon mal ganz abgesehen würde Mr. Bean mir über Jahre deswegen Vorhaltungen machen, nach dem Motto »Hab ich’s nicht gesagt?«.
Nein, da muss ich jetzt durch.
Henriette kommt zu mir getrippelt. »Ich mach jetzt die Desserts so weit fertig«, sagt sie eifrig, und ihre Bäckchen glühen schon.
»Danke«, sage ich.
»Ach, Junge«, sagt sie. »Zur Not hast du wenigstens noch den Baseballschläger. Wenn dir einer blöd kommt, haust du ihm damit eins über die Rübe. Ich hab ihn vorsichtshalber mitgebracht. Er steht hinten neben den Colakästen.«
Offenbar findet sie nun doch, dass man mich duzen sollte.
Mir ist es recht. Soll sie doch machen, was sie will.
Ein paar Minuten später stehe ich hinter dem Tresen und schaue mich in meinem Café um. Es ist wirklich schön geworden, da kann man nicht meckern. Ich hab es ganz bewusst nicht auf Schickimicki getrimmt, weil das zum nicht so superedlen Stadtteil Ottensen einfach nicht passt. In Ottensen kann man beispielsweise morgens in einer ausgeleierten Jogginghose zum Bäcker latschen, ohne wie ein Schwerverbrecher angeglotzt zu werden. Mehrere alte Sofas mit hoher Rückenlehne stehen hier in meinem Café, verschiedene Sessel aus den Fünfzigerjahren und unterschiedliche Holztische. Den Dielenboden hab ich abschleifen und lackieren lassen, die Wände sind pistaziengrün und gold gestrichen, und überall hängen kleine Kronleuchter, die Mr. Bean regelmäßig reinigt, weil er verstaubte und
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