Die Niete Im Bett
alles für heute Abend vor. Ich hatte in den letzten beiden Tagen schon viel erledigt, heute ist der Rest dran. Ich habe, vielleicht weil ich es mir selbst beweisen wollte, so gut wie alle eingeladen, die ich kenne. Auch meine Exfreundinnen. Alle. Sarah eingeschlossen. Weil sie mich ja immer abgewimmelt hat am Telefon oder nicht aufgemacht hat, habe ich ihr eine Mail geschrieben, und wenigstens darauf hat sie geantwortet. Ja, sie komme gern. Ihre Antwortmail war aber eher sachlich. Na ja, meine war ja auch sachlich. Ich wollte mich nicht zum Deppen machen.
Die letzten zwei Wochen habe ich im Prinzip nur mit Nachdenken verbracht. Und mit einem One-Night-Stand mit einer Annabell. Wie sie mit Nachnamen heißt, habe ich schon wieder vergessen.
Annabell wollte sofort nach dem One-Night-Stand nach Hause gefahren werden, aber ich habe gar kein Auto und konnte sie deshalb auch nicht fahren, und dann ist sie einfach gegangen, und drei Minuten später ist uns beiden aufgefallen, dass wir ja in ihrer Wohnung waren. Also habe ich meine Sachen gepackt, und Annabell hat die Tür lauter als notwendig hinter mir zugeknallt. »Du bist total gefühllos!«, wurde mir vorher noch vorgeworfen, und bestimmt hatte sie recht. Ich bin im Moment wirklich kein Emotionsbolzen, und ich weiß auch leider nicht, wann genau sich das wieder zum Positiven verändern wird.
Aber ich schweife ab.
Mit Mia war ich, wenn das Café geschlossen war oder Edda oder Mr. Bean da waren, zwei Mal essen, und zwei Abende haben wir in Jogginghosen auf ihrer Sofalandschaft verbracht, Essen bestellt und vor der Glotze gesessen. Ach, die Abende mit Mia sind so schön. So schön einfach . Es ist herrlich, eine beste Freundin zu haben, und ich teile nicht die Meinung von Billy Crystal in Harry & Sally , dass eine Freundschaft zwischen Mann und Frau nicht funktionieren kann.
Bei uns funktioniert sie. Weil wir es unkompliziert machen. Wir müssen uns nichts beweisen.
Ich habe Mia sogar schon die Zehennägel lackiert, und sie war mit mir bei einer Prostata-Vorsorgeuntersuchung, weil mir irgendjemand mal gesagt hat, ich soll das machen, das sei ab einem gewissen Alter extrem wichtig. Mia hat im Wartezimmer gesessen und mich nach der Untersuchung ängstlich in Empfang genommen, und nachdem ich ihr mitgeteilt hatte, es sei alles in Ordnung, hat sie vor Erleichterung fast zu weinen angefangen.
»Ihr Mann ist kerngesund«, hatte der Arzt freundlich zu ihr gesagt, und keiner von uns beiden hatte sich genötigt gefühlt, den Irrtum aufzuklären.
Mia weiß sogar, dass ich Angst vor Fliegen habe. Ja, Sie lesen richtig, da fehlt kein m nach dem vor . Ich habe Angst vor der Gattung der Brachycera. Nicht, dass ich geistesgestört wäre, aber wem schon einmal neunzehn Fliegen gleichzeitig in den Mund geflogen sind, und wer diese Fliegen vor Schreck runtergeschluckt hat, und wem diese Fliegen in der Speiseröhre steckengeblieben sind und versucht haben, wieder rauszukommen, der weiß, wovon ich spreche. Ich war damals sieben und schwer traumatisiert. Diese verdammten Fliegen waren auf dem Dachboden meiner Großeltern aufgescheucht worden, als mein Vater dort seine alte Eisenbahn suchte, die er für mich reparieren wollte. Ich war natürlich dabei. Seitdem meide ich Fliegen wie der Teufel das Weihwasser. Mia findet das nicht schlimm. Sie sagt, dass jeder vor irgendwas Angst hat. Ihr wäre es eher unheimlich, wenn jemand zu ihr sagen würde, dass er vor gar nichts Angst hätte.
Sie selbst hat Angst vor Barbecue, seitdem sie den Film Grüne Tomaten gesehen hat.
»In jedem Barbecue könnten sich ein Menschenbein oder Teile des Arschs befinden«, hat sie damals zu mir gesagt, und ich habe wie selbstverständlich genickt.
Deswegen nimmt Mia auch keine Einladungen an, wenn beim Einladenden gegrillt wird, denn Grillen ist für sie ebenfalls Barbecue. Im Sommer ist das dann immer etwas schwierig mit ihren sozialen Kontakten.
Mit Mia ist es niemals langweilig, weil wir uns immer was zu erzählen haben. Sie ist eine Seelenverwandte, und ich liebe sie wie die Schwester, die ich leider nicht habe.
Jedenfalls kommen nachher alle meine Exfreundinnen.
Ich weiß nicht, wo dieser Hang zum Masochismus auf einmal herrührt, aber jetzt kann ich es auch nicht mehr rückgängig machen.
Frau Krohn jedenfalls sagt unaufgefordert, dass sie meine Entscheidung gut findet: »So kann man die Dinge am besten klären«, ist ihre Ansicht. Sie steht nun bei mir in der Küche und überlegt, was als Nächstes
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