Die Nirgendwojagd
Drij rieb an ihren Schultern; sie sah sehr müde aus, Jahre älter als am Morgen. Winzige Linien waren über ihre hellbraune Haut gewoben, tiefere Linien um Augen, Nase und Mund. Ihre Haare hingen zerzaust um ihr Gesicht, lösten sich in öligen Strähnen von dem Knoten an ihrem Hinterkopf. Schweiß und der Nebel hatten ihre Kosmetika abgewaschen, und sie hatte keine neuen dabei, um das Make-up aufzufrischen, und auch nicht den Willen, sie zu benutzen, falls sie sie dabeigehabt hätte. Sie trat von der Deichsel zurück und sah Quale zu, wie er die müden Männer schikanierte, damit sie das Lager errichteten und Brennholz für das Feuer sammelten. Nach einem langen Schweigen drehte sie sich zu Aleytys herum. „Ist sie das alles wert, diese Sache, hinter der ihr beide her seid, du und Quale?”
„Ja.” Aleytys ließ sich auf den Boden nieder und lehnte sich gegen eines der Räder. Sie wartete, bis sich Drij neben sie gesetzt hatte, und fuhr dann fort: „Ein königliches Lösegeld, wenn man es so ausdrükken will.” „Was?”
„Eine Haestavaada-Königin. Man hat mich gemietet, sie zurückzuholen. Wenn Quale sie in die Hände kriegt, wird er sie an den Höchstbietenden verkaufen — Haestavaada oder Tikh’asfour. Für ihn ist es eine größere Beute, als er sich dies je hätte erträumen können.
Für mich ist es eine Welt voller Vaada, die sterben werden, wenn ich ihre Königin nicht zurückbringe … und, das muß ich zugeben, ein sehr dickes Honorar.”
„Ich verstehe.” Sie wischte müde über die an ihre Stirn geklebten Haare. „Gibt es am Ende einen Unterschied zwischen dir und Quale?”
„Am Ende …” seufzte Aleytys. „Einen vielleicht. Ich bin bereits gekauft, allerdings noch nicht ganz bezahlt.” Sie wandte den Kopf und begegnete Drijs neugierigem Blick mit einem Lächeln. „Ich bekomme mein Honorar, wenn die Haestavaada ihre Königin bekommen.”
„Oh?”
„Hält mich ehrlich.”
Sie ruhten sich aus, ohne zu sprechen, bis Quale den Männern Essen austeilte. Die Aasfresser kauerten sich um das Feuer herum nieder, blickten ständig über die Schultern und stopften das Essen so schnell sie konnten in ihre Münder. Quale stieg auf den Stapel der Proviant- und Ausrüstungsbehälter und ließ sich dort nieder, das Gewehr über den Knien, Drij und Aleytys zu seinen Füßen.
Aleytys spürte seine Zufriedenheit, als er zuerst sie beide, dann seine Männer im Lager betrachtete. In dieser Zufriedenheit lag ein Hauch von Spott. Belagert von gerissenen Eingeborenen, dachte sie.
Unterwegs zu einem Schatz. Ersteht Wache, und seine Männer essen, seine Frauen hocken zu seinen Füßen. Eine Farou-Saga. Er weiß, daß es Unsinn ist. Unfähig, dem Wunschtraum zu widerstehen. Blutiger, mörderischer Bastard… und irgendwo tief in seinem Innern ein verirrter kleiner Junge.
Später baute Quale den Unterschlupf auf und kroch hinein; Aleytys und Drij konnten sich auf der Transporter-Ladefläche ausstrecken In dieser Nacht waren die Wachposten in Löcher eingegraben und spähten über Wälle aus aufgeschütteter Erde in die Finsternis hinaus.
Die anderen Hyänen lagen in Decken sehr nahe um den Transporter herum zusammengerollt, suchten dort zumindest die Illusion von Schutz. Drij war beinahe sofort eingeschlafen, erschöpft durch ihren anstrengenden Tag, aber Aleytys lag wach und starrte in den schwach irisierenden Nebel hinauf.
In der Dunkelheit in ihrem Schädel öffneten sich Swardhelds schwarze Augen, und sein bärtiges Gesicht entstand rings um sie herum. „Dickschädel.”
Aleytys schmunzelte. „Ich oder Quale?” murmelte sie.
„Ihr beide. So wie ihr euch aufführt, werdet ihr all diese Männer verlieren, bevor ihr das Schiff erreicht. Vergeudung.” Sein Blick verlagerte sich. „Verdammt, was sind das für Dinger?”
Über ihr schwebten kleine Kugeln aus purem Nichts - jetzt wegen der nächtlichen Verdickung des Nebels sichtbar. Sie beobachtete sie, und zwei der Kugeln stießen vor ihren Augen zusammen, verschmolzen zu einer größeren Leere, stießen wieder zusammen und fuhren fort, in unregelmäßigen, sprunghaften Steigerungen zu wachsen. „Ich bin gespannt …” flüsterte sie. „Drij hat etwas von Schwebenden Geistern gesagt…” Ihre Lippen verzogen sich zu einem kurzen Lächeln. „Wenn je irgend etwas diesen Namen verdient hat, dann diese Dinger.”
Die Kugeln tanzten umher, trieben in langsamen Spiralen über das Lager. Die größte hing über ihrem Kopf. Aleytys
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