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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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beobachtete sie mit wachsender Besorgnis. Zwei von ihnen waren bereits größer als ihr Kopf, und sie strahlten Hunger aus. Unter jeder Blase hingen durchsichtige Ranken, fein wie Seidenfäden, und wenn die Elternkugeln miteinander verschmolzen, dann wurden diese Ranken länger und länger … Sie kreisten über ihr, sanken langsam tiefer, wenn sie in ihre Nähe kamen, stiegen auf, wenn sie sich vom Transporter entfernten, und senkten sich wieder herunter, wenn sie in einer engen Kurve zurückkehrten.
    Sie setzte sich auf. Der größte Geist sank schnell herunter. Bevor sie den herabhängenden Tentakeln ausweichen konnte, streiften sie über ihr Gesicht. Sie zuckte weg und schüttelte Drij wach.
    Im nächsten Augenblick wischte sie durch die Luft vor ihrem Gesicht, wischte wieder, schaute hoch und sah ein aufgeblähtes Nichts über ihrem Kopf treiben. Gesicht und Schultern begannen zu kribbeln. Eine angenehme, warme Schlaffheit breitete sich in ihr aus.
    „Lee!” Swardhelds Schrei platzte durch die Wärme. Sie schnellte zurück, ließ sich flach auf das Transporter-Chassis fallen und peitschte dem Geist eine jähe Ablehnung entgegen, vergaß ihre Vorsicht —
    und die vom Netzwerk des Pfuhls hervorgerufene Verzerrung ihrer Reichweite. Einen Moment lang leuchtete sie glühendrot, als die Kraft aus ihr hinausströmte, den Geist über ihr versengte und auf andere des Schwarms übersprang, wieder und immer wieder, bis die Schwebenden Geister in einem rotgoldenen Netzwerk, ähnlich dem des Pfuhls, miteinander verbunden waren.
    Stumm schreiend, ihre Todesqual hinausschreiend, brachen die Geister auseinander und wirbelten durch den Nebel, spritzten in einer verzweifelten Flucht davon, um dem Feuer zu entgehen, das Aleytys auf sie schleuderte.
    Dann war das flackernde Licht verschwunden. Und Swardheld ebenfalls. Ihr Schädel wurde von einem Ring aus Schmerz umklammert. Ihre Sicht verschwamm. Ihr Schädel war vollgestopft mit Sand - trockenem, erstickenden Sand - , sie war verängstigt … plötzlich … verwirrt… grundlegend … verängstigt. Sie kauerte auf der Ladefläche, ängstlich … ängstlich … scheinbar jedem weiteren Angriff der Geister hilflos ausgeliefert, und der Sand rieselte langsam aus ihrem Kopf… der Preis, den sie für das jähe Anwachsen ihrer Kraft bezahlen mußte, war bezahlt.
    Sie streckte sich flach auf der Ladefläche aus, fühlte sich schlaff und erschöpft, jede Faser ihres Körper schmerzte. Voller Unbehagen suchte sie den verklumpten Nebel über sich ab; sie entspannte sich erst, als sie nichts als das schwache Leuchten des unsichtbaren Pfuhls über sich sah.
    Die schwarzen Augen starrten sie wieder an. Swardheld wirkte erschrocken und ärgerlich. „Was ist passiert?” wollte er wissen.
    „Schwebende Geister.” Sie gähnte. „Hast du etwas davon mitbekommen?”

„Saugen. Oder Finger, die sich um mich herum geschlossen haben
    … konnte mich gerade noch rechtzeitig zurückziehen.” Er hob eine Braue. „War für ein paar Sekunden ziemlich brenzlig …”
    „Verdammter Pfuhl.” Sie gähnte wieder; es fiel ihr schwer, auf seine Erscheinung konzentriert zu bleiben. Er verschwamm und verzerrte sich wie eine Gestalt in einem Traum.
    »Geh schlafen, Freyka.” Belustigung und Zuneigung machten seine Stimme rauh. Er nickte ihr verschwörerisch zu und war verschwunden.
    „Mhmm.” Sie trieb davon, zu müde, noch länger zu reden oder zu denken, zu müde sogar, um noch Angst zu haben. In den ersten Sekundenbruchteilen ihres Schlafes träumte sie, daß Swardheld neben ihr stand, sein schwarzer Bart und seine schwarzen Haare vom Wind zerzaust und besetzt mit Feuchtigkeitsperlen aus dem Nebel. Er stützte sich auf sein langes, dunkles Schwert, die Hände über dem Knauf des Griffes übereinander gelegt. Sie fühlte sich beruhigt und sicher und versank in einem tiefen und erfrischenden Schlaf.
    Am dritten Tag umrundeten Aleytys und Drij bei Sonnenuntergang eine ausgedehnte Gruppe purpurn gefärbter Büsche und hielten dann an, um auf das fleckige, halb vergrabene Schiff zu starren, dessen lange, graue Wölbung zu beiden Seiten in Wasserdampf und Nebel verschwand. Quale stand auf dem sandigen Boden und musterte die verbarrikadierten Schleusenkammern. Neben seinen Füßen lag der zerschundene Körper eines Vaad, der einzige Beweis für Leben auf dieser verwüsteten Lichtung. Er fuhr herum, als er das Scharren von Füßen hörte - die wenigen überlebenden Hyänen wichen dem Gestrüppgürtel

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