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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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sie sich davor fürchten, unter Wasser zu atmen? Raffim beschloss sich umzudrehen. Und es gelang ihm. Sogar ohne Schmerzen, was ihn wiederum wunderte. Langsam setzte er sich auf, und sein Kopf war nun über der braunen Brühe, die man gemeinhin Nil nannte. Er atmete immer noch. Raffim ritt der Teufel, wer immer das sein mochte, und er tauchte noch einmal unter. Und wieder atmete er. Raffim war entzückt. Er hielt den Kopf über Wasser und atmete, er steckte den Kopf unter Wasser und atmete. Immer schneller tauchte er auf und ab. Er war begeistert.
    Diener und Angestellte eilten herbei, die nach ihrem Herrn sehen wollten. Raffim stieg aus dem Wasser, und sie starrten ihn entgeistert an.
    »Was ist mit euch? Warum starrt ihr mich so an?«, fragte Raffim verunsichert.
    In diesem Moment bemerkte er, dass er mit der linken Hand etwas umklammerte. Besser gesagt, das Ding zwang seine Hand, es zu umklammern. Es war ein Ankh.
    Mesmoses, der Diener mit theologischen Kenntnissen, fand als Erster die Fassung wieder. »Herr, Ihr leuchtet. Zumindest ein wenig«, sagte er. »Und Ihr seid grün«, ergänzte er schüchtern.
    Raffim blickte ungläubig an sich herab. Mesmoses hatte Recht, er, Raffim, schimmerte in einem schwach leuchtenden Grün.
    Dann wandte sich Raffim zu seinem Anwesen. Einiges stand noch, das meiste aber war eingestürzt. Er machte sich auf, schützende Wände zu erreichen. Dabei bemerkte er, dass er nicht mehr unter Schmerzen litt. Selbst der bandagierte Arm schien völlig in Ordnung zu sein. Verwirrt erreichte er seinen geliebten Repräsentationsraum, der wie durch ein Wunder unversehrt geblieben war. Nicht einmal die Stühle waren umgestürzt. Auf einen davon ließ er sich jetzt nieder und versuchte die Hand zu öffnen, um das Ankh loszulassen. Es ging nicht. So sehr er sich auch anstrengte, die Hand wollte partout nicht aufgehen. Das Ankh schien mit ihm verwachsen zu sein, als neuer Teil seiner selbst.

     
    Im Palast des Statthalters Kamoses gab es gerade ein Nachbeben. Und zwar in der Gestalt, dass Kamoses es war, der bebte. Schwierigkeiten im Allgemeinen und Katastrophen im Besonderen sah der Statthalter als persönliche Beleidigungen an. Was vor einigen Minuten geschehen war, beleidigte ihn mehr als alles andere, das er bisher erleben und erdulden musste.
    Sein Palast war in einem äußerst desolaten Zustand und würde erst in dreieinhalb tausend Jahren als gut erhaltene Ruine gelten. Kamoses schäumte vor Wut, als ein Schadensbericht nach dem anderen bei ihm eintraf. Doch nach und nach fiel ihm und auch den anderen auf, dass niemand verletzt oder gar getötet worden war. Wie durch ein Wunder war kein Mensch zu Schaden gekommen.
     
    Es war natürlich kein Wunder. Es war die natürliche Wirkung des göttlichen Ankh.
    Wenn ein Sterblicher dieses Werkzeug berührt, entsteht ein Effekt, der in seiner Wirkung mit einer Neutronenbombe verglichen werden kann. Während Letztere nur die Menschen vernichtet, das Material aber schont, wirkt die Energieentladung eines Ankh genau umgekehrt. Den Menschen passiert nichts, ja, sie werden sogar durch diese Entladung von alten Verletzungen und Krankheiten geheilt, der materielle Schaden dagegen ist immens. Und Kamoses hasste nichts so sehr wie materielle Schäden. Vor allem, wenn sie sein persönliches Vermögen betrafen.
    Sein Zorn erreichte gerade eine neue Rekordmarke, als man einen zerlumpten Mann zu ihm brachte. Es war Mesmoses, der Diener Raffims.
    Mesmoses warf sich vor dem Statthalter in den nun reichlich vorhandenen Staub. Das stumpfe Ende eines Speeres forderte ihn auf, seine Bodenübung zu beenden. »Was hast du zu berichten?«, fragte ihn unwirsch Kamoses.
    »Hochwürdigster Gebieter, Sonne von Theben, Sohn des Nils, Vater des Glücks, Bewahrer des Wohlstands, Beschützer der Heiligen Stätten… Au!«
    Der Speer hatte ihn unterbrochen. Dieses Mal machte Mesmoses Bekanntschaft mit dem spitzen Ende an seinem Gesäß.
    »Zur Sache, du Wurm, was hast du zu berichten?«, herrschte ihn der Statthalter an.
    »Ich kenne die Ursache des Unglücks, o hochwürdigster Gebieter, Sonne von Theben, Sohn des Nils – ich meine, ich weiß, wer schuld ist an der Katastrophe.« Aus den Augenwinkeln hatte der Diener gerade noch rechtzeitig gesehen, dass der Soldat der Palastwache seinen Speer noch etwas höher anhob als vorher.
    Kamoses blickte erstaunt auf die kniende Gestalt. »Du kennst die Ursache?«
    »Ja, hochwürdigster Gebieter, Sonne von – , nun ja, ich kenne sie

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