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Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott

Titel: Die Nomadengott-Saga 01 - Der Nomadengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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bewahren.
    »Guter Mann, was genau wollt Ihr uns sagen?«, trat er die Flucht nach vorne an.
    »Es geschehen seltsame Dinge in diesem Land. Plagen und Tod suchen die Menschen heim.«
    Seshmosis winkte wegwerfend mit der Hand. »Das ist wohl nicht zu übersehen. Dazu braucht es keinen Seher.«
    »Wohl wahr, um die Dinge zu sehen, braucht es keinen, wohl aber, um hinter die Dinge zu sehen!«
    »Und was seht Ihr hinter den Dingen?« Seshmosis klang gelangweilter, als er es war.
    »Ich sehe Tempel stürzen und einen Menschen, der zum Halbgott wird. Ich sehe einen Mann, der auf einen Gott trifft. Ich sehe zwei Götter, die mit den Menschen wandeln. Ich sehe eine große Karawane mit einem Gott nach Osten ziehen. Ich sehe eine kleine Karawane mit einem Gott nach Norden ziehen. Ich sehe, dass ein neuer Gott geboren wird.« Der Seher hielt inne.
    Seshmosis schluckte. Dann sagte er: »Ihr seht sehr viel, Nostr’tut-Amus. Doch was hat das alles mit uns zu tun?«
    »Nicht alles hat mit Euch zu tun. Aber einiges. Ihr solltet an Eure Zukunft denken.«
    »Haben wir eine?«, fragte Seshmosis sarkastisch.
    »Zukunft ist immer«, entgegnete der Seher ruhig. »Sie ist nur nicht immer angenehm.«
    »Und Ihr seid bereit, uns für einen Krug Henket oder vielleicht zwei unsere Zukunft zu verraten?« Seshmosis traute der Sache immer noch nicht.
    »Mir geht es weder um Bier noch um Gold, obwohl ich beides schätze. Ich schlage Euch einen Handel vor«, Nostr’tut-Amus zögerte.
    »Nur zu«, ermunterte ihn Seshmosis, »lasst hören, was Ihr zu bieten habt.«
    »Seht, ich bin ein Krüppel. Ich wurde schon so oft geschlagen, überfallen und ausgeraubt, dass ich es nicht mehr zu zählen vermag. In Zeiten wie diesen leben Außenseiter gefährlich. Deshalb suche ich den Schutz einer Gruppe. Dafür biete ich meine Dienste.«
    »Wie kommt Ihr darauf, dass wir Euch schützen könnten? Und wenn ja, was habt Ihr uns zu bieten?« Seshmosis wurde hellhörig. Besorgt ließ er den Blick durch die Schänke schweifen, ob sie jemand belauschte. Das schien aber nicht der Fall zu sein.
    »Ihr seid Außenseiter wie ich, deshalb bin ich Euresgleichen. Und Ihr habt einen starken Schutz, denn ein Gott ist bei Euch.«
    Seshmosis hielt den Atem an. Der Mann wusste wirklich Dinge, die er unmöglich wissen konnte. Der Schreiber kniff die Augen zusammen und betrachtete genau das Gesicht des Fremden. Er fand darin jedoch keine Antwort.
    »Woher wisst Ihr…?« Seshmosis unterbrach sich. In dem Moment, wo er die Frage stellte, wurde ihm ihre Unsinnigkeit bewusst. Woher wusste ein Seher? Er wusste eben.
    Nostr’tut-Amus nickte nur, so als hätte er Seshmosis’ Gedanken gelesen.
    »Euer Gott ist stark. Aber auch er weiß nicht alles. Ich kann Euch helfen, Euer Ziel zu erreichen. Wo immer es sein mag«, sagte er achselzuckend.
    »Ihr könnt uns helfen, unser Ziel zu erreichen, aber Ihr wisst nicht, wo dieses Ziel ist«, sagte Seshmosis befremdet. »Was seid Ihr für ein Seher?«
    »Daran seid Ihr selbst schuld. Euer Ziel ist so wirr, dass es noch in keiner Schicksalsbahn verzeichnet ist. Es ist absurd, aber ich bekomme stets nur ein paar Fetzen zu greifen, und selbst die lösen sich immer wieder in Nebel auf.«
    Seshmosis glaubte dem Seher. Seit sie unterwegs waren, kannten sie nur Zwischenstationen, der Rest waren chaotische Sehnsüchte, nicht mehr.
    »Wie steht es? Darf ich mit Euch ziehen?« Der Seher wollte eine Entscheidung.
    Seshmosis blickte zu seinen Gefährten, die aber noch unschlüssiger waren als er.
    »In Ordnung, Ihr könnt mitkommen. Ich möchte mich im Lager in Ruhe mit Euch unterhalten.«

     
    Im Lager stand Melmak mit der Hirtin Isbel am Pferch und blickte auf seine Herde. Sein Prachtstier Apis stand schwarz glänzend in der Sonne. Nur an zwei Stellen wurde das Schwarz unterbrochen: Auf der Stirn befand sich ein weißes Dreieck, und auf der rechten Seite besaß er einen Fleck in Form eines zunehmenden sichelförmigen Mondes. Er sah aus wie die Reinkarnation des Stiergottes. Kein Wunder, aber das wusste Melmak nicht. Die in der Nacht von Qena plötzlich aufgetauchte Kuh hielt sich heute etwas abseits und starrte ebenso in die Ferne wie der Stier. Das irritierte Melmak, und deshalb fragte er Isbel um Rat. Sie kannte sich wie keine andere mit dem Verhalten von Herdentieren aus, egal, ob es sich um Rinder, Gazellen, Schafe oder Ziegen handelte.
    »Warum starren sie so? Sie starren seit Sonnenaufgang auf den gleichen Punkt. Was ist dort?«
    Statt einer

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