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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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verschwörerisch: »Ich habe den ›Trank des Thot‹ genommen, um in die Zukunft zu sehen.«
    »Aber du hast mir doch neulich selbst gesagt, wie gefährlich die Nebenwirkungen dieses Tranks sind. Dass einem Haare zwischen den Fingern wachsen, dass das Rückenmark schwindet und die Potenz versagt.«
    »Ja, ja, aber in Wirklichkeit ist es nicht ganz so schlimm.
    Ich habe das nur erzählt, damit Raffim und Barsil die Finger von meinen Tränken lassen. Sie enthalten nämlich auch Alkohol. Aber zur Sache! Ich habe schreckliche Dinge gesehen!«
    »Vielleicht ist der Trank doch gefährlicher, als du dachtest?«
    »Nein! Jetzt hör mir doch bitte endlich zu! Ich habe dich in meinen Visionen gesehen, dich zusammen mit einem furchtbaren Ungeheuer. Da waren schwarze Krieger mit blanken Schwertern und noch mehr Krieger, die sich gegenseitig erschlugen. Und ich sah eine brennende Stadt und hörte schreiende Menschen. Es war schrecklich!«
    Seshmosis erblasste. »Hast du wirklich mich gesehen?«
    »Zweifellos! Wir müssen unbedingt etwas dagegen unternehmen!«
    »Aber was sollen wir tun?«, fragte Seshmosis beunruhigt.
    »Fliehen! Bei neunundneunzig Prozent meiner Visionen hilft nur noch die Flucht. So habe ich es immer gehalten, und ich lebe noch, wie du siehst.«
    Seshmosis betrachtete den Seher. Gut, der lebte noch, wenn man eine sehr weitläufige Definition von Leben zugrunde legte. Das Gesicht sah aus, als hätten die Götter damit Ball gespielt, und der Körper wirkte wie zigmal vom Himmel gefallen, aber irgendwie lebte Nostr'tut-Amus noch. Aber das spielte im Augenblick keine Rolle, denn die Vision der Liebe überstrahlte bei Seshmosis alle Visionen des Grauens.
    »Ich kann jetzt nicht fliehen, ich muss zum Konzert!«, wehrte er deshalb ab.
    »Du bist in Gefahr, nicht ich. Dich habe ich mit dem Ungeheuer gesehen, nicht mich! Flucht ist deine letzte Chance!«
    »Ich will jetzt aber nicht fliehen! Ich will zu Aria …, äh ich will zum Konzert!«
    Der Seher versuchte mit seinen Krallenfingern Seshmosis am Gewand festzuhalten, doch der riss sich trotzig los und eilte zum Theater.
     
    *
     
    Als Seshmosis endlich das Theater erreichte, waren die Zuschauerränge schon gut gefüllt. Lediglich die Tribüne der königlichen Familie war noch leer. Seshmosis ergatterte einen Platz ganz in der Nähe. Dann erschien Minos mit seinem Gefolge. Neben ihm betrat eine attraktive, reifere Frau das Theater.
    Das muss Pasiphae sein, dachte sich Seshmosis. Die Mutter des Minotaurus.
    Dem königlichen Paar folgten die Söhne Glaukos und Deukalion und die Töchter Akale, Xenodike und Phaedra. Katreus und Ariadne fehlten. Seshmosis war irritiert. Immerhin hatte Ariadne das Konzert mit vorbereitet, sie würde sich das Ereignis doch sicher nicht entgehen lassen. Unruhig suchten seine Augen die Prinzessin auf den Rängen. Dann sah er sie: inmitten des normalen Publikums, Händchen haltend mit Theseus, dem Schönling aus Athen. Seshmosis' Herz klopfte bis zum Hals. Doch bevor er sich weiter in seinem Schmerz suhlen konnte, sprach ihn jemand von der Seite an. Widerstrebend wandte Seshmosis seinen Blick von Ariadne zu dem Störenfried. Es war ein Knabe von ungefähr sechzehn Jahren, der erste Bartflaum bedeckte seine Wangen.
    »Man sagte mir, dass du ein Freund von El Vis bist.«
    Die Stimme des Jungen klang samtweich und einschmeichelnd.
    »Ja, wir kennen uns, und wir sind zusammen unterwegs. Warum?«
    »Ich will nämlich auch Sänger werden. Ich bin Demetrios Georgious, meine Freunde nennen mich Katze. Ich werde ganz bestimmt auch Sänger. Könntest du mich vielleicht mit El Vis bekannt machen? Ich möchte ihm unbedingt vorsingen. Bitte!«
    Hastig versprach Seshmosis dem jungen Demetrios, ihn am nächsten Tag El Vis vorzustellen, denn die Musiker betraten gerade die Bühne.
    El Vis trug das traditionelle, um die Hüfte geschlungene ägyptische Wickeltuch. Allerdings reichte es bei ihm nicht wie üblich bis zum Knie, sondern war wesentlich kürzer und noch dazu knallrot. Mumal und Elimas trugen nichts weiter als lederne Lendenschurze mit glänzenden Kupfernieten. Auf ihren Körpern spiegelte sich das Feuer der hundert Fackeln, die die Bühne säumten. Das Publikum applaudierte frenetisch.
    Zuerst begrüßte El Vis den Minos und die königliche Familie, dann das übrige Publikum.
    »Ich beginne mit einem Lied, das ich extra für dieses Konzert auf eurer schönen Insel Kreta geschrieben habe.
    Es handelt von euren sportlichen Wettkämpfen mit edlen

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