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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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suchen, hält mich geistig und körperlich jung.«
    »Warum habt Ihr das Gefängnis eigentlich als Labyrinth gebaut?«, wollte Seshmosis wissen.
    »Weil es den Insassen Hoffnung schenkt. Eine normale Gefängniszelle ist in ihrer Grundform so endgültig, so primitiv, so deprimierend perspektivlos. Ein Labyrinth dagegen gibt dir immer das Gefühl, dass hinter der nächsten Biegung eine Tür in die Freiheit führen könnte.«
    »Und gibt es diese Tür?«
    »Ja, natürlich, aber sie ist streng bewacht. Sonst hätte ich ja wohl ein ziemlich schlechtes Gefängnis geplant«, erwiderte Daedalos mit sichtlichem Architektenstolz.
    »Eine ganz andere Frage: Wie viele Menschen leben denn in diesem Gefängnis?«
    »So rund fünfzig werden es wohl sein.«
    »Und die irren jeden Tag durch die Gänge und hoffen einen Weg in die Freiheit zu finden, den es überhaupt nicht gibt?«
    »Nicht alle irren umher. Einige haben irgendwann aufgegeben, und andere sind wahnsinnig geworden.«
    »Das beruhigt mich ungeheuer. Das gibt mir wirklich Hoffnung«, bemerkte Seshmosis deprimiert.
     
    *
     
    Aram war den ganzen Tag von seiner Bergwiese über Stock und Stein nach Knossos gerannt. Pan hatte Recht behalten: Er spürte nicht die geringste Müdigkeit. Nun suchte Aram in den verwinkelten Gängen des Palasts verzweifelt nach Seshmosis. Endlich fand er dessen Zimmer. Als auf sein mehrmaliges Klopfen keine Reaktion kam, trat er einfach ein. Das Zimmer bot ein Bild der Verwüstung. Das Bett war umgestürzt, eine große Truhe sichtlich aufgebrochen, und Seshmosis' Habseligkeiten lagen auf dem Boden verstreut. Aram wollte gerade wieder gehen, als eine Stimme erklang:
    »Halt, Aram! Seshmosis braucht deine Hilfe. Bitte nimm den kleinen Schrein, der hinter der Tür steht. Ich werde dir sagen, wohin du ihn bringen sollst.«
    »Wer spricht da?«, wollte Aram wissen.
    »Ein Freund von Seshmosis, ein sehr mächtiger, göttlicher Freund. Das muss dir für den Augenblick genügen. Nun mach endlich!«
    Aram suchte eine Zeit lang, dann fand er den Schrein unter einer Decke. Er war unbeschädigt, und Aram nahm ihn beim bronzenen Griff.
    »Wohin?«, fragte er.
    »Zuerst raus aus dem Zimmer. Dann wird dich der Schrein in die richtige Richtung lenken.«
    Die Stimme kam eindeutig aus dem Schrein, doch Aram wunderte sich nicht. Er hatte sich lange genug in der Nähe von Göttern aufgehalten, um auch sprechende Schreine ohne weiteres zu akzeptieren.
    Nach einiger Zeit erreichte er eine Tür, die auf eine Terrasse führte. Von hier aus hatte man einen Blick über den Freiluftteil des Labyrinths. Aus dieser Perspektive erkannte man deutlich die komplexe Struktur dieses Bauwerks, man konnte jedoch nicht auf seinen Grund blicken. Außerdem ließ die Stimme Aram keine Zeit, die wunderbare Architektur von Daedalos mit ihren verwinkelten Gängen und kleinen Kammern zu bewundern, selbst wenn sie ihn interessiert hätte.
    »Du musst oben auf der Mauer entlanglaufen, bis ich ›Halt!‹ sage. Dann kletterst du hinunter!«
    Aram sprang auf die Mauer und tat, wie ihm geheißen. Vorsichtig balancierte er auf der Mauerkrone, bis die Stimme wieder erklang und ihn stoppte. Aram sah nach unten. Es ging bestimmt mehr als sechs Meter in die Tiefe, und die Wände waren fugenlos glatt. Selbst ein erfahrener Kletterer hätte hier keine Chance zum Abstieg gehabt.
    »Da komme ich nie runter! Kein Mensch schafft das!«, lamentierte Aram.
    »Spring einfach!«, befahl die Stimme.
    »Bist du wahnsinnig? Ich werde mir alle Knochen brechen!«
    »Das macht gar nichts. Du bist doch tot. Nun spring endlich!«
    Und Aram sprang. Den Schrein hielt er dabei mit ausgestreckten Armen, damit er nicht beschädigt würde. Der Aufprall war hart. Aram hörte das Krachen seiner Knochen, doch er spürte nichts. Nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte, versuchte er vorsichtig aufzustehen. Alles schien wieder in Ordnung zu sein.
    Es hat doch gewisse Vorteile, tot zu sein, dachte er sich und sah sich um. Dann zog ihn der Schrein wieder in eine bestimmte Richtung, und Aram folgte dem Ziehen.
     
    *
     
    In dem Bereich des Palasts, der ausschließlich für die königliche Familie reserviert war, trafen sich in einem Zimmer mehrere Männer. Zwei von ihnen waren ganz in Schwarz gekleidet und trugen ebenso schwarze Maskenhelme unter den Armen.
    »Wir konnten dieses verfluchte Amulett nirgends finden, Katreus. Wir haben das ganze Zimmer durchwühlt.«
    »Und bei sich hatte er es mit Sicherheit auch nicht«, sagte

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