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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Theseus. Wenn da nur nicht dieses verflixte Amulett wäre! Seit Menschengedenken tauchte es kurz vor dem Ableben des alten Minos auf, um den neuen Minos zu bestimmen. Leider konnte man sich das Amulett nicht einfach umhängen und sagen: »Ich bin jetzt der Minos und herrsche über Kreta.« Das verdammte Ding war magisch und hatte die Eigenschaft, jeden unrechtmäßigen Träger sofort ins Jenseits zu befördern. Eine Kopie des Amuletts half auch nichts, denn das echte leuchtete, wenn es der rechtmäßige Minos trug. Nur wer die Schrift auf dem Amulett beherrschte, konnte die Magie bannen. Deshalb war auch der alte Telos nach Byblos gereist, um Hilfe bei der Entzifferung der verschollenen Schrift zu finden. Denn nur wer die Inschrift aussprach, konnte das Amulett nach seinem Willen einsetzen. Alles hatte so gut angefangen, alles war perfekt gewesen. König Ägeus hatte bei einem Staatsbesuch Telos, den Berater und Freund des Minos, auf seine Seite ziehen können, und Prinz Katreus war mit Freuden ins Boot zur Macht gestiegen. Der sagte sich nämlich: »Lieber ein König von Athens Gnaden als gar kein König.« Und dann ließ sich der alte Trottel Telos in Byblos umbringen und das Amulett abnehmen!
    Theseus schlug wütend mit der Faust auf ein kleines Tischchen, das mit einem protestierenden Krachen zusammenbrach. Katreus, der seit Stunden düster in einem Sessel brütete, zog missbilligend eine Augenbraue hoch.
    »Ich mag es gar nicht, wenn du meine Einrichtung zertrümmerst!«
    »Dann unternimm endlich etwas! Nelos und Pelos sitzen im Palast fest wie Mäuse in der Falle. So sind sie völlig nutzlos für uns. Und Glaukos weiß sicher längst, dass du hinter der Sache steckst.«
    »Ja, mein Bruder ist nicht dumm. Er weiß genau, dass Deukalion viel zu schwach ist, sich gegen den Willen des Minos aufzulehnen. Natürlich verdächtigt er mich, aber er kann mir nichts beweisen.«
    »Schön für dich!«, kommentierte Theseus hämisch. »Aber das hilft uns nicht weiter. Ohne das Amulett ist unser Plan gescheitert.«
    »Richtig! Also müssen wir es beschaffen. Die Fremden haben es sicher nicht, sonst hätten sie bei Glaukos anders reagiert. Also, wo könnte das Amulett sein? Es gibt nur einen Ort, wo wir noch nicht gesucht haben: im Labyrinth! Das Amulett ist magisch, und im Labyrinth lebt ein magisches Wesen, der Minotaurus.«
    »Dann ist es ja ganz einfach«, höhnte Theseus.
    »Genau, es ist ganz einfach. Du gehst ins Labyrinth und holst das Amulett!«
     
    *
     
    Während die anderen ihre erbeuteten Gaben sichteten, jagten sich in Seshmosis' Kopf die Gedanken. Hatten ihn seine Freunde gehört, und nahte schon die Rettung? Gab es rot getigerte, kleinwüchsige Katzen im Labyrinth? Oder war GON vielleicht wirklich hier?
    »Wir gehen nach oben, um noch mehr Federn für weitere Schwingen zu sammeln. Wollt Ihr uns begleiten?«, fragte Daedalos.
    Seshmosis dachte kurz nach. Doch in dem armseligen Flügelersatz sah er keine reelle Chance zu entkommen, und so beschloss er, lieber hierzubleiben. Außerdem verspürte er überhaupt keine Lust, der Gäng zu begegnen.
    Als Daedalos und Ikaros gegangen waren, betete Seshmosis zu GON. Und der kleine Gott erschien! Ein dreißig Zentimeter großer, besser gesagt kleiner Mann mit Stierschädel sprach zu Seshmosis: »Es freut mich, dass du wohlbehalten bist. Du wirst bald Asterion begegnen, der so aussieht wie ich jetzt, nur etwas größer. Fürchte dich nicht vor ihm! Er ist ein Freund.«
    Bevor Seshmosis auch nur eine seiner hundert Fragen stellen konnte, verschwand GON mit einem leisen Plop. Dennoch war der Schreiber erleichtert, denn er vertraute GON und wusste, der kleine Gott würde ihn auch weiterhin nicht im Stich lassen.
     
    *
     
    »Bitte, Ariadne, bitte hilf mir!«, flehte Theseus. »Ich muss unbedingt ins Labyrinth.«
    »Aber was willst du dort, mein Geliebter? Es ist ein schrecklicher Ort.«
    »Ich muss ein Zeichen setzen. Ich muss den Minotaurus erschlagen!«
    »Aber Asterion ist doch mein Bruder. Und er tut niemandem etwas zuleide.«
    »Das glaubt doch keiner außer dir, und es ist auch völlig egal. Wichtig ist, was die ganze Welt denkt. Und die Welt denkt, dass der Minotaurus ein kinderverschlingendes Ungeheuer ist. Das ist die Realität! Wenn ich ihm den Garaus mache, ernte ich den Ruhm des Befreiers. Das wird der Grundstein für meine Heldenkarriere!«
    Theseus suhlte sich in der Vorfreude auf seinen künftigen Heldenstatus.
    »Aber er ist doch mein Bruder!«, jammerte

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