Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer
Prinzessin Ariadne. Glaukos schickte mehrere Suchtrupps aus, um nach seiner Schwester zu forschen. Doch alle kehrten ergebnislos zurück. Schließlich vermutete der Prinz, dass Ariadne gemeinsam mit ihrem Verlobten Kreta verlassen hatte, denn Boten brachten die Nachricht, dass das Schiff von Nelos und Pelos zusammen mit Theseus von Amnissos aus in See gestochen sei.
Seshmosis bat den Prinzen Glaukos unter vier Augen sprechen zu dürfen. In einem kleinen Nebenraum verriet der Schreiber:
»Euer Halbbruder Asterion ist nicht tot. Theseus konnte ihn nicht besiegen, ganz im Gegenteil. Das Ganze war eine List, um Asterion in Sicherheit zu bringen!«
»Wenn er noch lebt, wo ist er jetzt?«
»In Freiheit. Er möchte endlich sein eigenes Leben führen, und die Götter sind mit ihm, das kann ich Euch versichern.«
»Ich wünsche ihm, dass er glücklich wird. Er hat es nach all den Jahren im Kerker verdient. Doch lasst uns nun zu deinen Freunden zurückkehren, ich möchte euch zum Dank noch einige Erinnerungsstücke überreichen. Wie ich hörte, schätzt ihr Tajarim Souvenirs.«
Glaukos lächelte dankbar, als er jedem Tajarim ein eigenes Geschenk überreichte. Kalala erhielt ein Schmuckstück, das zwei kretische Bienen darstellte, El Vis eine kleine goldene Leier und Nostr'tut-Amus einen prächtigen, mit goldenen Sternen bestickten Umhang. Tafa, Mumal und Elimas bekamen je eine kleine, ziselierte Doppelaxt aus purem Gold und Seshmosis schließlich eine originalgetreue, ebenfalls goldene Nachbildung des Heiligen Amuletts von Phaistos.
Nun war es an den Tajarim, Dank zu sagen. Nach einem kräftigen Abschiedsmahl brachen sie mit einigen Eseln zum Hafen von Amnissos auf.
*
»Theseus, es ist an der Zeit, die Segel zu wechseln! Die attische Küste ist schon in Sichtweite«, rief Nelos.
»Kein Grund zur Hektik«, reagierte der Angesprochene gelassen.
»Aber erinnere dich doch an das Zeichen, das du mit deinem Vater Ägeus vereinbart hast! Ein weißes Segel als Zeichen, dass deine Mission geglückt ist, ein schwarzes, wenn du den Tod gefunden hast. Es ist höchste Zeit, das weiße Segel zu setzen!«
»Lass das schwarze Segel am Mast, ich habe meine Gründe«, befahl Theseus und verschwand unter Deck.
Ägeus, König von Athen, hatte Kunde erhalten, dass das Schiff seines Sohns Theseus gesichtet worden war. Schnell zog er mit seinem Gefolge zur höchsten Klippe am Strand und hielt gespannt Ausschau. Endlich sah er das Schiff. Doch statt des weißen Segels des Erfolgs fuhr es mit dem schwarzen Segel des Todes. Die Trauer kam über den König, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Ist Theseus an Bord?«, fragte er besorgt seinen Berater.
»Nein! Ich kann Katreus erkennen, aber Theseus ist nirgends zu sehen.«
»Kommen sie an Land?«, wollte der verzweifelte König wissen.
»Ja, jetzt ziehen sie das Schiff an Land und gehen von Bord.«
»Ist Theseus dabei?«
»Nein, mein König, Theseus ist nicht dabei.«
»Dann ist alles zu Ende«, seufzte Ägeus und stürzte sich von der Klippe in den Tod.
Seither nennt man dort das Meer ihm zu Ehren Ägäis.
Theseus überlegte derweil im Bauch des Schiffes, wie er die fünfzig Söhne seines Onkels Pallas, die ihm den Thron von Athen sicher streitig machen würden, am schnellsten beseitigen könnte. Der Tod seines eigenen Vaters hingegen berührte ihn überhaupt nicht.
*
Die Gublas Stolz lag mit neuem Mast im Hafen von Amnissos. Zerberuh begrüßte herzlich seine Freunde und präsentierte freudig das renovierte Schiff.
»Wie ist es euch denn in Knossos ergangen?«, fragte er schließlich.
»Das Konzert von El Vis war ein voller Erfolg. Ansonsten war es sehr interessant am Königshof«, spielte Kalala die Ereignisse der letzten Tage herunter. Sie verspürte nicht das geringste Bedürfnis, ihre wahren Gefühle vor den anderen auszubreiten. »Und wie war es bei euch? Habt ihr gute Geschäfte gemacht?«
»Barsil und Mani sind vollauf zufrieden, nur Raffim scheint enttäuscht zu sein«, antwortete Zerberuh.
Ein enttäuschter Raffim verhieß nichts Gutes, das wusste Seshmosis. Der Händler war dann noch unausstehlicher als sonst. Und da erschien er auch schon an Deck mit einem Gesicht wie sieben Tage Orkansturm.
»Schön, dass die Herrschaften endlich zurück sind. Damit können wir uns ja wohl wieder den wichtigen Dingen des Lebens zuwenden. Schließlich will ich Handel treiben und nicht Inseln besichtigen!«, maulte Raffim.
Seshmosis war neugierig
Weitere Kostenlose Bücher