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Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer

Titel: Die Nomadengott-Saga 02 - Die Irrfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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unterschätzen.
    Raffim baute sich in seiner ganzen Größe und Breite vor dem erstbesten Wächter auf und sagte in einem Kommandoton, der keinen Widerspruch duldete: »Wir verfügen über hochwertigste Handelswaren, die wir den vornehmsten Bürgern von Troja anbieten wollen. Also lasst uns unverzüglich ein!«
    Der Mann am Tor war darauf gedrillt, Befehlen zu gehorchen, und winkte die Tajarim wortlos in die Stadt. Über eine sanft ansteigende Rampe erreichten sie den Zugang zur hermetisch abgeriegelten Oberstadt Trojas. Dort befanden sich nicht nur die Paläste der königlichen Familie, sondern auch der bedeutendste Markt der Stadt.
    Wieder wurden die Tajarim von Wachen aufgehalten.
    Und wieder war es an Raffim, für die Gruppe zu sprechen.
    »Wir bringen wichtige Informationen aus dem Lager der Achäer«, behauptete er.
    Augenblicklich wurden die Tajarim von finster aussehenden Kriegern umringt. Seshmosis klopfte das Herz bis zum Hals. Seinen Plan, unauffällig zu Kassandra zu gelangen, konnte er vergessen. Im Gegenteil befanden sie sich dank Raffims Prahlerei in höchster Gefahr.
    Die Krieger führten die Tajarim unter Schubsen und Stoßen in ein großes Gebäude, in dessen Eingangshalle es von Soldaten nur so wimmelte. Seshmosis' Herz bewegte sich schlagartig vom Hals in Richtung Kniekehlen.
    Unsanft führte man sie in einen reich dekorierten, von unzähligen Lampen erhellten Saal: das trojanische Oberkommando.
    Aineias persönlich, nach Hektors Tod der oberste Heerführer der Trojaner, wandte sich den Tajarim zu und wollte wissen, wer ihn da so unbotmäßige störte.
    Seshmosis betrachtete den Krieger, von dem man sagte, er sei ein Sohn der Liebesgöttin Aphrodite, genauer. Vergeblich suchte er nach Merkmalen oder Eigenschaften, die auf dessen göttliche Abstammung schließen ließen. Sicher, sein langes schwarzes Haar umrahmte ein klassisch geschnittenes Gesicht, und seine Augen verrieten einen wachen Geist. Aineias war groß, kräftig und gut aussehend, aber das waren tausend andere Männer auch. Erst als der Halbgott mit seiner sonoren Stimme zu sprechen begann, dämmerte es Seshmosis. Nur wenn man von Kindesbeinen an eingetrichtert bekam, dass man göttlichen Ursprungs war, konnte man so selbstsicher und arrogant auftreten.
    »Ihr habt also wertvolle Informationen aus dem Lager der Achäer für uns«, herrschte Aineias die Tajarim an. »Welcher Art sind denn diese Informationen?«
    Nicht mehr ganz so selbstsicher wie vorher ergriff Raffim das Wort. »Die Achäer werden in Kürze über eine Vielzahl modernster eiserner Waffen verfügen«, verriet er und verschwieg dabei wohlweislich, auf wen diese plötzlich verbesserte Bewaffnung der Achäer zurückging.
    Seshmosis glaubte bei dem Heerführer ein Erschrecken zu beobachten, bevor dieser auf die Neuigkeit reagierte.
    »Wollt ihr uns mit dieser Nachricht erschüttern? Glaubt Agamemnon, wir würden unseren Mut verlieren, wenn seine achäischen Hunde mit Eisen daherkommen? Hat er euch geschickt, dieser Bastard aus Mykene?«
    Nun war es Raffim, der erschrak. Mit dieser Reaktion des Kriegsherrn hatte er nicht gerechnet. Schnell bemühte er sich, Aineias zu beruhigen.
    »Wir sind neutrale Händler, absolut neutral, hoher Herr! Wir wollten Euch nur in Kenntnis setzen, was Eure Feinde so treiben. Sozusagen als Beweis für unsere Vertrauenswürdigkeit, als Basis für gute Handelsbeziehungen, wenn Ihr versteht.«
    »Ich verstehe sehr wohl! Ihr wollt unser Vertrauen erschleichen, um hier zu spionieren! Ihr seid Knechte des Agamemnon! Sicher hat sich Odysseus diese List ausgedacht, euch hierherzuschicken. Getarnt als Händler, wollt ihr unsere Moral untergraben mit euren Gerüchten von eisernen Waffen. Vielleicht hat es sich noch nicht bis zu euch herumgesprochen, was wir Trojaner mit Spionen machen. Wir töten sie!«
    Angst stieg in Seshmosis auf. So sollte es nicht sein, absolut nicht. Irgendetwas lief hier gewaltig schief.
    Plötzlich erschien eine Frau im Raum. Seshmosis hatte sie nicht hereinkommen sehen. Vielleicht war sie durch eine geheime Pforte eingetreten, vermutete der Schreiber. Neugierig musterte er die Frau, deren Alter schwer zu schätzen war. Ihre Gesichtszüge waren durchaus anmutig, und sicher war sie einst hübsch gewesen, doch nun wirkte sie hart und verhärmt. Eine unendliche Traurigkeit ging von der faszinierenden Unbekannten aus. Sie warf einen kurzen, aber durchdringenden Blick auf die Tajarim. Dann ging die geheimnisvolle Frau auf Aineias zu und

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