Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
Vom Netzwerk:
die Dinge geschehen. Zumindest für den Augenblick.
    Auf dem Rückweg zur Burg entging Brünhild nicht, dass sich in all den bunten Menschenmassen immer wieder graue Schemen herumdrückten. Zwischen all den winkenden, fröhlichen und jubelnden Leuten tauchten kleine Gruppen grauer Gestalten auf, die stumm und reglos das Geschehen beobachteten.
    Brünhild ahnte nicht, dass dies die neugierigen Nibelungen waren, die Schattenkrieger Hagens, die auch ein wenig mitfeiern wollten. Das Jenseits der Hel, der normale Aufenthaltsort dieser Gestalten, war dunkel, und die langen grauen Jahre in Niflheim unterschieden sich von denen in Walhall erheblich – sowohl in der Verpflegung als auch in der Stimmung. In Nebelheim gab es kein gesottenes Wildschwein zum Abendessen und auch keine Ziege, deren Euter wohlschmeckenden Met spendete. Dieses burgundische Hochzeitsfest war das erste Stück Leben, an dem die Nibelungen seit ihrem Tod teilhaben konnten.
     
    *
     
    Nach endlosen Ansprachen, Lobgesängen und Trinksprüchen durften sich die beiden Brautpaare endlich zurückziehen. Kriemhild stellte erleichtert fest, dass ihr blonder Recke noch nicht jenen Grad von Trunkenheit erreicht hatte, der einen Mann zum Eunuchen macht. In freudiger Erwartung zog sie ihren Gatten Siegfried ins nun eheliche Schlafgemach.
    Gunthers Gattin zeigte sich zu dessen Bedauern nicht so erwartungsfroh. Ganz im Gegenteil, Brünhild wirkte schroff und abweisend. Statt glücklich in seine Arme zu sinken, sagte sie vorwurfsvoll:
    »König bist du, aber warum? Doch nicht, weil du etwas dafür getan hättest, sondern nur, weil du deines Vaters ältester Sohn bist. Das ist wahrlich kein Verdienst!«
    »Ich habe dich im Kampf besiegt, du bist mein. Füg dich!«, befahl der König, doch sein ihm eben erst angetrautes Weib lachte nur.
    Brünhild zog sich aus bis aufs Hemd und legte sich ins Bett. Da wollte Gunther sie umarmen, doch die Walküre stieß ihn hart von sich.
    »Ich traue dir nicht, König Gunther. Mein Gefühl sagt mir, dass du mich betrogen hast. Und mein Gefühl hat mich noch nie getäuscht!«
    »Wie sollte ich dich betrügen? Ich liebe dich doch. Nun komm endlich und sei mein!«
    Dann machte Gunther wohl den größten Fehler seines Lebens. Er versuchte Brünhild zu zwingen und zerriss ihr dabei das Hemd. Der Walküre reichte es endgültig. Sie rang Gunther kurzerhand nieder und fesselte ihn schließlich mit ihrem eigenen Gürtel.
    Suchend sah sich die Walküre im Gemach um. Ihr Blick fiel auf einen Wappenschild an der Wand. Sie stand auf, nahm den Schild ab und hängte ihren Gatten an den frei gewordenen Haken.
    »Wir sollten diese Nacht getrennt schlafen, mein König«, höhnte sie.
    »Tu mir das nicht an, ich flehe dich an!«
    »Wer wollte denn wem etwas antun, Gunther?«
    »Binde mich los, und ich will dir nie wieder etwas antun. Das gelobe ich bei meiner Ritterehre!«
    Doch Brünhild lachte nur, löschte die Kerze, legte sich zufrieden in ihr Bett und drehte ihrem Gemahl den Rücken zu.
     
    *
     
    »Ich wundere mich, dass du nicht auf eine schnelle Rückkehr drängst, Raffim.«
    Seshmosis stand mit dem Händler auf der Burgmauer und blickte auf den Rhein hinunter, auf dem ein geschäftiges Treiben herrschte. Schiffe legten im Hafen von Worms an, andere fuhren flussab in die gallischen Provinzen, andere flussauf nach Süden, wo noch die Römer fast in alter Pracht herrschten.
    »Soviel ich weiß, habt ihr alle Pelze zu einem guten Preis verkauft. Und wie steht es mit dem Obsidian?«, fragte Seshmosis.
    »Obsidian lässt sich hier nicht verkaufen. Diese Christen wissen nicht, was ein anständiger Opferkult ist. Und für ihre Hostien brauchen sie keine Messer.«
    »Warum also drängst du nicht von früh bis spät auf die Heimfahrt nach Byblos?«
    »In dieser Gegend hier schmieden die Leute hervorragende Schwerter. Bester Stahl, hart und biegsam zugleich. Eine bessere Handelsware gibt es weder in Ägypten noch in Babylon. Aber derzeit sind die Preise horrend, absolut überzogen. Die Touristen, die zur Hochzeit gekommen sind, haben den Markt kaputt gemacht«, ärgerte sich Raffim. »Jeder von ihnen will unbedingt so ein tolles Burgunderschwert mit nach Hause nehmen.«
    »Darf ich dich daran erinnern, dass unser Name Tajarim aus unserer alten Sprache übersetzt Touristen bedeutet? Oder hast du das vergessen?«
    »Nein, das habe ich nicht. Aber du musst unterscheiden zwischen einem Tajarim, der stets zu extrem günstigen Preisen einkauft, und einem

Weitere Kostenlose Bücher