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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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das Gefühl hatte, doch ein Sieger zu sein. Nur Brünhild fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Die Rolle der unterwürfigen, passiven Braut eines königlichen Gecken passte so gar nicht zur wilden Vergangenheit der Walküre und schon gar nicht zu ihrem Temperament. So ging sie allein in der Dämmerung zum Hafen und blickte traurig aufs Meer hinaus, nach Norden, wo die Eisberge im Wasser trieben und die großen Wale spielten.
    Da trat Sampo an Brünhild heran.
    »Verzeih mir, edle Brünhild, dass ich deine Gedanken störe. Bin Skalde, Schamane und Same, Sampo werde ich genannt.«
    »Sprich, Sampo! Mir scheint, du bist ein Bruder!«, forderte ihn die Walküre auf.
    »Reise nicht ins Land des neuen Glaubens! Du wirst dort nur das Unglück finden. Als dein Stammesbruder bitt ich dich, bleib hier auf dieser Insel, die deine Heimat ist!«
    »Die Pflicht entlässt mich nicht, auch wenn ich deinen Rat wohl höre. Meine eigenen Regeln zwingen mich, dem Mann zu folgen, der mich im Zweikampf besiegte.«
    »Du musst nicht Betrügern folgen, deine Verfehlung ist längst gesühnt.«
    »Ich weiß wohl, dass man mich betrog, doch ich kann es nicht beweisen. Darum bin ich froh, dass Seshmosis, mein Retter aus dem Feuerring der Waberlohe, mich begleiten wird.«
    Traurig senkte Sampo das Haupt. Dann wickelte er seine Kantele aus der Decke.
    »Ich will dir zum Abschied ein Lied singen, edle Brünhild. Es stammt aus meiner Heimat, dem Land der Samen und Karelen. Es erzählt die Geschichte von einem Mädchen, das auf einen falschen Freier hereinfiel und im Herzen doch um die wahre Liebe wusste:«
     
    Junges Mädchen, meine Schwester,
    lass dich nicht vom Freier blenden,
    nicht vom flinken Mund des Mannes,
    noch auch von den schönen Füßen!
    Wolfes Zähne hat der Werber,
    Fuchses Fallen in der Tasche,
    Bärenklauen unterm Arme,
    blutgierig ist sein Gurtdolch,
    damit kerbt er dir die Kopfhaut,
    damit ritzt er dir den Rücken.
     
    Tiefe Seufzer tat die Jungfrau,
    seufzte sehr, schwer ging ihr Atem,
    sagte so, sprach solche Worte:
    »Ach, ich Arme, Unglücksvolle!
    besser wäre mir zumute,
    besser wär's für mich, ich wäre,
    auf der Bahn des wilden Wolfes,
    auf des Bodenschnüfflers Spuren
    als im Fahrzeug dieses Freiers,
    unter dieser Fratze Decke;
    schöner sind des Wolfes Haare,
    lieblicher des Wolfes Lippen.« 9
     
    In Brünhilds Augen schimmerten Tränen. Leise sagte sie: »Der Wolf ist nicht mehr, mein lieber Sampo. Wie ich ist er in die Menschenwelt zurückgekehrt. Verlorene Träume wären es, seiner Spur zu folgen.«
     
    *
     
    »Dann ist es wohl so weit, unsere Wege trennen sich«, sagte Sampo und umarmte Seshmosis.
    »Ich danke dir für alles, vor allem für die Einblicke in eure magischen Runen. Mögest du erreichen, was du dir wünschst!«
    »Danke. Das hoffe ich für dich und mich. Aber bevor es an das Erfüllen meiner großen Wünsche geht, muss ich in Oddi jungen, ungeduldigen Skalden die alten Weisen und die Methoden des Dichtens beibringen. Natürlich werden sie alles besser wissen als ich«, fügte Sampo weise lächelnd hinzu.
    »Woher weißt du das? Bist du auch ein Hellseher wie Nostr'tut-Amus?«
    »Nein, ich bin kein Hellseher. Ich war nur selbst einmal ein junger, ungeduldiger Skalde. Doch nun geh, mein Freund, alles sammelt sich schon zum Bittgebet an die Götter für eine gute Reise!«
    Den Einwohnern und Besuchern von Husavik bot sich ein ungewöhnliches Szenario. Drei Gruppen feierten an drei verschiedenen Plätzen des Ortes drei verschiedene Formen des Gottesdienstes:
    Die Burgunden ließen sich von einem durchreisenden irischen Mönch gegen geringes Entgelt eine christliche Messe lesen. Brünhild und ihr Gefolge baten die Meeresgöttin Ran um Gnade und Geduld, sie noch nicht in ihr unterseeisches Reich zu holen. Und für die Tajarim und die phönizischen Seeleute betete Seshmosis zu GON um eine glückliche Reise.
    Der Schicklichkeit halber fuhr Brünhild getrennt von ihrem Bräutigam auf der Gulden Orm. Und noch ein weiterer Gast fand sich auf dem Goldenen Drachen: ein groß gewachsener Mann namens Alberich, der angeblich wegen eines Verwandtenbesuchs nach Burgund wollte. Nur Hagen im anderen Schiff wusste um die wahre Identität des geheimnisvollen Mannes, doch die behielt er wohlweislich für sich.
     
    Brünhild sah in Seshmosis ihren persönlichen Betreuer und scheute sich nicht, ihn ständig in Anspruch zu nehmen. So fungierte er während der ganzen Fahrt als Diener und Unterhalter der

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